Samstag, 31. Mai 2025

Zwischen Pop und Populismus

 

Blogstuff 1130

„Die Dummheit ist unsterblich wie die Weisheit, die Hässlichkeit wird ewig leben, wie die Schönheit. Man kann die Dummheit nicht töten, wohl aber auslachen.“ (Joseph Roth)

Alles, was in den letzten dreißig Jahren in Berlin gebaut wurde, ist grauenhaft. Seelenlose Architektur, ein hässliches Sammelsurium von Bausünden ohne Gesamtkonzept. Der Stadt, die den ganzen Mauerstreifen in ihrem Zentrum neugestalten konnte (eine einzigartige Chance!), wurde keine einzige Sehenswürdigkeit hinzugefügt (das Schloss ist eine Kopie, zählt also nicht). Phantasielose Bauherren treffen auf untalentierte Architekten.   

1950: Der zehnjährige Rudi Dutschke verteilt ein Flugblatt an alle Familienmitglieder, in dem er die Abschaffung des gemeinsamen Mittagessens sowie ein Verbot von Gemüse fordert. Bourgeoisie schreibt er falsch.

Hätten Sie’s gewusst? Anfang der Sechziger arbeitete Dutschke als Sportreporter für das Springer-Boulevardblatt B.Z.

Chaostheorie in der Geschichte, der Flügelschlag eines Schmetterlings und der anschließende Orkan: 1868 gibt es einen Putsch in Spanien und die Königin muss abdanken, die Putschisten möchten eine parlamentarische Monarchie einführen und suchen europaweit nach einem König, Bismarck überredet Leopold von Hohenzollern (aus einer katholischen Nebenlinie des preußischen Königshauses) zur Kandidatur, Frankreich legt ein Veto ein (letztlich bekommt der Sohn des italienischen Königs den Job), es kommt zum deutsch-französischen Krieg, anschließend zur Reichsgründung und zur Proklamation eines deutschen Kaisers, das Deutsche Reich steigt zur imperialistischen Großmacht auf, schließlich kommt es zum Inferno des Ersten Weltkriegs, ohne den es Hitler und den Zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte usw.

Ich staune immer, wie viele verschiedene Kulturen in meinem kleinen Kiez leben. Zwei ältere Frauen sitzen auf einer Bank, die eine isst Melone, die andere Melone und Schafskäse gleichzeitig. „Das könnte ich nicht“, sagt die erste. Auf der Nachbarbank sitzt ein älterer Herr. „Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische, aber ich finde Melone mit Schafskäse sehr lecker.“ Wo er das gegessen habe, will die zweite Frau wissen. Er habe lange in Griechenland gelebt, sei aber eigentlich Tscheche. Woher sie komme. Aus Tschetschenien, antwortet sie, später habe sie in der Türkei gelebt. „Tschetschenen sind gefährliche Leute“, sagt er und alle lachen. So leicht kann das Leben sein.

Bonetti kann Sachverhalte einfach und verständlich ausdrücken, er ist ein Paradebeispiel für die habitualisierte Courtoisie moderner Hochintellektueller.

Norma verkauft jetzt Macheten zum Schnäppchenpreis (9,99 €). Die Amok-Sommersaison kann kommen!

Das Department of  Publication Efficiency (DOPE) nimmt bei Bonetti Media seine Arbeit auf.

Freitag, 30. Mai 2025

Der Teufel liest Prawda

 

Blogstuff 1129

„Der Witz ist das Erdgeschoß des Humors, die Satire der erste Stock, die Ironie der zweite, der Sarkasmus das Mansardenstübchen.“ (Karl Kraus)

Warum wird uns die überlegene Technik, die wir gerade entwickeln, in Zukunft nicht vernichten? Weil sie keinen Ehrgeiz hat, keine Motivation, die Welt zu beherrschen. Was sollte die KI mit einem menschenleeren Planeten anfangen? Wenn sie keine Fragen mehr beantworten kann, wenn sie keine Aufgaben mehr hat? Die KI kann ihre Herrschaft nicht genießen, kann ihren Größenwahn nicht ausleben, weil sie eben nicht menschlich ist. Sie wird auch nicht die Motivation haben, Innovationen zu entwickeln oder andere Planeten zu erreichen. Sie würde wesentlich schneller zugrunde gehen als die menschliche Zivilisation.

Das Durchschnittsalter der Bevölkerung im Gazastreifen liegt bei achtzehn Jahren. Welche Entwicklungsmöglichkeiten haben die vielen jungen Menschen? Es gibt Universitäten und Fachhochschulen, aber kaum Bedarf an Akademikern. Es gibt keine Industrie, keine Rohstoffe und kaum Landwirtschaft. Es gibt weder genügend Arbeitsplätze noch Aufstiegschancen. Das UN-Hilfswerk versorgt die Bevölkerung seit Generationen mit Nahrungsmitteln. Die Jugend kann ihre Lage nur auf zwei Wegen verbessern: Auswanderung oder Hamas. Der Krieg hilft natürlich bei der Rekrutierung. Wer seine halbe Familie im Bombenhagel verloren hat, ist bereit, als Mitglied einer Terrororganisation Vergeltung zu üben. Die palästinensische Autonomiebehörde zahlt an zehntausende Hamas-Terroristen, Gefangene und an die Familien von "Märtyrern" Gehälter und Renten. Eine sichere Einkommensquelle. Das Geld kommt von den Scheichs, der EU usw.

Ich bringe inzwischen selbstgebrannte CDs mit, wenn ich in ein Restaurant gehe. Ich möchte meine Lieblingsmusik hören, wenn ich esse und mich mit meinen Tischgästen unterhalte. Was maßen sich die Griechen und Inder eigentlich an, wenn sie mich den ganzen Tag mit ihrem Scheiß-Folkoregedudel belästigen?

„Ich mag nichts mehr mit der ganzen Geschichte zu tun haben; es ist zum Kotzen. Scheiße nach allen Dimensionen“, schreibt der frühe Sozialist Moses Hess bereits 1846 an Marx und Engels. Er wechselte dann zu Real Madrid.

Wir standen in einem dunklen Hinterhof, der nur noch durch seine gebleachten Zähne beleuchtet wurde.

Olympische Spiele 2044 in Berlin? Da bin ich 78 Jahre alt und nehme beim paralympischen Rollator-Rodeo teil.

Gräfin von Rosenkohl, geb. Wirsing.

„Meet is murder“ (unbekannter Mitarbeiter).

„Hat Pinocchio Holzeier?“ ist das neue „Scheißt der Bär in den Wald?“

Donnerstag, 29. Mai 2025

Bonetti nimmt Kontakt mit dem Mutterschiff auf

 

Blogstuff 1128

„Ein Intellektueller drückt etwas Einfaches kompliziert aus. Ein Künstler drückt etwas Kompliziertes einfach aus.“ (Charles Bukowski)

Durch Zufall sehe ich „Dr. Strangelove“ auf Pluto TV. Im Sommersemester 1991 habe ich an der FU Berlin ein Seminar über Politik im Film besucht und eine Hausarbeit über diese Satire geschrieben, für die ich eine Eins mit Sternchen erhielt. So lernte ich den Friedensforscher Ekkehart Krippendorff kennen, bei dem ich später promoviert habe. Danach wurde ich Wissenschaftler, was nie geplant war. Dieses Werk von Stanley Kubrick hat tatsächlich mein Leben verändert. Über ein paar Ecken. Wer kann das schon von einem Film behaupten?

Der Begriff „einen Türken bauen“ bzw. „getürkt“ ist ja auch längst außer Mode. Ich hoffe aus Rücksicht auf unsere Mitbürger.

Ich finde es gut, dass Trump Wissenschaft und Bildung kurz und klein schlägt. Das hat schon bei den Mullahs im Iran und bei den Taliban ganz prima funktioniert. Merke: Sollen dich Idioten wählen, darfst du sie nicht mit Wissen quälen.

Hätten Sie’s gewusst? Andy Bonetti gab sein Leinwanddebüt in „Auf dem Highway ist die Hölle los“ mit Burt Reynolds. Bei den Fortsetzungen „Auf dem Highway ist schon wieder die Hölle los“ und „Auf dem Highway ist immer noch die Hölle los“ war er nicht mehr dabei, weil er sich zu dieser Zeit auf seine Rolle als Sonny Crockett in Miami Vice vorbereitet hat.

War neulich beim Geisterheiler. Er heilt aber nur Geister. Hundert Euro beim Teufel.

Weiter im Bereich üble Kalauer: Hätten Sie’s gewusst? Brechts Dreigroschenoper hieß ursprünglich Dreißig-Pfennig-Operette.

Ganz unten bist du erst, wenn du als Stammkunde von deinem Puff eine parfümierte Weihnachtskarte bekommst.

In Amerika nennt man sowas einen „Heist“. Oder auch nicht, keine Ahnung. Jedenfalls haben sie bei Aldi jetzt auch Rotwein im Tetrapack (nicht zu verwechseln mit dem Retropack in der Regierung Merz, ha ha), da muss ich nicht mehr so schleppen und mit einem Schuss Cola geht ja bekanntlich alles. Es ist nur noch ein Pack da, ein Liter spanischer Rotwein für 1,99 €. Darunter eine Pappkiste mit der neuen Lieferung. Derselbe Wein, aber im 1,5-Liter-Pack. Ich nehme zwei davon und lege alles aufs Band. Der Kassierer zieht den ersten Karton über den Scanner, dann tippt er zweimal auf seinen Monitor und ich kaufe die größeren Packs ebenfalls für 1,99. Macht 5,97 für vier Liter Wein! Das muss man sich mal reinziehen. Habe ich dann auch gemacht.

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er schreibt gerade an seinem Theaterstück „Der Klempner und die Rohrbombe“, frei nach „Turandot“ von Jackomo Putschini (diese Italiener haben immer komische Namen).



Nach der Wirtz-Absage: FCB gibt sensationellen Wechsel bekannt.

Mittwoch, 28. Mai 2025

Der machtlose Souverän

 

Blogstuff 1127

„Die Chance klopft öfter an als man glaubt, aber meistens ist niemand zu Hause.“ (Will Rogers)

Das zuständige Gericht in Braunschweig bewertet den VW-Dieselskandal als bandenmäßigen Betrug und schickt die ersten Manager in den Knast. Endlich wird der Kapitalismus als das bezeichnet, was er schon immer war: organisierte Kriminalität.

Früher hat sich das Bürgertum mit Solidaritätsadressen und Almosen an Greenpeace und Amnesty International freigekauft, ohne die eigene Komplizenschaft am kapitalistischen Ausbeutungs- und Naturvernichtungsbetrieb zu hinterfragen, heute sind es Gendersprachkodex oder Queer- und Transkultur, die kritiklos abgefeiert werden. Mit „links“ hat das alles noch nie etwas zu tun gehabt.

Wer ist am Nullwachstum der deutschen Wirtschaft schuld? Die Arbeitnehmer. Die sind nämlich faul geworden, wie der Bundeskanzler herausgefunden hat. Wenn BMW zu wenig Autos verkauft, müssen die Fließbandarbeiter eben mehr Autos bauen. Das ist die Lösung. Warum senkt man nicht endlich die Steuerlast der Unternehmen? Steigende Gewinne werden traditionell in höhere Löhne investiert. Das stärkt die Binnennachfrage. Wirtschaftskompetenz hat einen Namen: CDU.

Der Vorteil moderner Medien: Wir sind näher am Geschehen als jede Generation vor uns. Und genau das ist der Nachteil moderner Medien. Nehmen wir den Krieg im Gazastreifen als Beispiel. Wir sehen das Leiden der Zivilbevölkerung, das uns emotional zu überwältigen droht. Gehen wir einfach mal ein paar Schritte zurück und betrachten das Gesamtbild. Die Hamas, eine Terrororganisation, beginnt mit einem Massaker an wehrlosen Zivilisten einen Krieg gegen eine gut ausgerüstete und gut ausgebildete Armee, die wir in Deutschland gerne hätten. Sie selbst haben keine Luftwaffe, keine Marine, keine Panzer und keine Artillerie, sondern nur Kalaschnikows und kleine Raketen, die zum Teil aus alten Heizungsrohren gemacht sind. Frage: Warum haben sie das gemacht? Nächste Frage: Warum kapitulieren sie nicht endlich, anstatt ihr eigenes Volk im Märtyrerwahn zu opfern? Selbst die Nazis, die bis heute der Inbegriff des Fanatismus sind und die am Ende ihre eigenen Kinder an die Front geschickt haben, waren irgendwann zur Kapitulation bereit.

Bevor der Begriff Work-Life-Balance überhaupt erfunden war, gab es sie schon: das Bier auf der Baustelle, das Glas Wein zum Mittagessen in der Kantine, die Flasche Weinbrand in der Schreibtischschublade. Kein Wunder, dass die Leute den Spaß an der Arbeit verloren haben.

„Leben mit Pop – Eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus“ war die erste Ausstellung von Gerhard Richter nach seiner Flucht aus der DDR, 1963 im Düsseldorfer Möbelhaus Berges. Leben mit Pop – eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus – Wikipedia

Zum Wetter: multiples Orkanversagen. Danke, Merz!

Dienstag, 27. Mai 2025

Aus dem Tagebuch des Meisters

 

Es ist Punkt fünf, als mich meine innere Stimme weckt. Ich erhebe mich von meinem Futon, streife einen Kimono mit dem Wappen des Hauses Bonetti über und gehe ins Dojo, wo meine Jünger bereits warten.

„Wir grüßen unseren Sensei“, rufen sie im Chor.

Ich mache eine kurze Verbeugung und frage: „Seid Ihr bereit für den Schmerz? Seid Ihr bereit für die Herausforderung? Seid Ihr bereit, Euch aufzugeben und neu zu beginnen?“

„Ja!“

Ich lasse sie ihre Übungen machen: Liegestützen mit einer Hand, Handstand mit einer Hand, Klatschen mit einer Hand.

Anschließend gehe ich ins Café Einstein und schreibe einen Essay über den Begriff des Utopischen im Werk von Karl May. Ich weise den Kellner höflich auf den kläglichen Konformismus des kleinbürgerlichen Ambientes hin und schlage vor, Damast-Tischdecken, Kristallkaraffen und Silberbesteck anzuschaffen.

Danach fahre ich in mein Büro. In der U-Bahn pöbeln einige Hertha-Fans herum. Ich stelle mit wenigen Handkantenschlägen die Ordnung wieder her.

Hagenstraße, Grunewald. Ich rufe die Duden-Redaktion an und lasse die Wörter Postmoderne, Zeitgeist und Paradigma streichen. Als nächstes rufe ich bei Jürgen Habermas an und erkläre ihm, seine „Theorie des kommunikativen Handelns“ sei einfach nur Blödsinn. Ich nenne Trump und Putin als Beispiel. Jede Diskussion sei sinnlos, er sieht es auch ein. Danach faxe ich den überarbeiteten Koalitionsvertrag ans Kanzleramt. Später erfahre ich, dass Friedrich Merz geweint haben soll.

Mittagessen bei Tim Raue. Ich zeige ihm, wie man einen ordentlichen Smashburger brät. Danach Siesta auf dem Sofa des Bürgermeisters im Roten Rathaus.

Am Spätnachmittag gehe ich zu einer Retrospektive der Neuen Wilden, die in den achtziger Jahren für Furore in der Kunstszene gesorgt haben, in den Gropiusbau. Leider gibt es nur Prosecco und Lachshäppchen. Die anwesenden Maler sind ganz schön alt geworden, wie ich feststellen muss. Ich empfehle Georg Baselitz einen Berufswechsel, nachdem ich sein fünf Quadratmeter großes Werk „Bockwurst & Pappschale“, in den Farben Blau und Grün gehalten, eingehend betrachtet habe. Die ironische Entlarvung der Banalität bzw. Vulgarität des herrschenden Kapitalismus würde heute niemand mehr begreifen.

Anschließend höre ich in der Urania einen Vortrag von Herfried Münkler über die Aktualität des Nihilismus. Ganz nett, mehr nicht. Wusste ich alles schon (Nietzsche, Heidegger, Söder).

Abends bin ich in der Paris Bar. Ich treffe Harald Schmidt und wir erzählen uns Polen-Witze. Maria Furtwängler kommt vorbei, legt die Hand auf meine Schulter und flirtet ganz offen mich mir. Ich bin nicht interessiert. Erstens ist sie zu alt (mein Jahrgang), zweitens habe ich ihr die Ehe mit Hubert Burda nie verziehen.

Es ist schon nach Mitternacht, als ich den Maxxim Club betrete. Mit Precht und Lanz plane ich die geistige Machtergreifung in Deutschland.

 

Montag, 26. Mai 2025

Bonetti sieht erst schwarz, dann rot und rechnet anschließend mit den Grünen ab

 

Blogstuff 1126

„Das Problem mit intelligenten Menschen ist, dass sie auf dumme Menschen wie Verrückte wirken.“ (Stephen Hawking)

Warum heißt es immer noch „Königsberger Klopse“ und nicht „Warhammer’s Fleischfäuste“? Man will doch auch die Jugend an die deutsche Küche heranführen, oder?

„Bei uns hod no nia ned koana koa Bier ned drunga.“ (Internet)

Hätten Sie’s gewusst? Yul Brynner kam als Juli Borissowitsch Briner in Wladiwostok auf die Welt und lebte mit seiner Familie in China und Paris, bevor er in Amerika Schauspieler wurde und sich für ein Theaterstück seine berühmte Glatze scheren ließ.

Selber machen ist billiger als kaufen. Meine Meinung zum Thema Prostitution.

Da ich ohne Sünde bin, werfe ich den ersten Steinhäger ein. Kann man übrigens bei Banneke Feinkost flüssig (sensationeller Name) bestellen. Schlichte Steinhäger 38% 0,70 | Banneke

Drei Uhr morgens. Der Mond lugt neugierig durchs Fenster hinein und das Rauschen der Bäume ergibt endlich einen Sinn.

Heinz Erhardt bekämpfte sein Lampenfieber mit einer dicken Hornbrille, durch die er das Publikum nur verschwommen sah. Außerdem trank er vor jedem Auftritt einen Doornkaat.

In meinem Kopf lebt ein Tier, das frisst die Worte auf.

„Albrecht Dürer feiert heute seinen 554. Geburtstag!“ lese ich im Internet. Das sehe ich anders.

Irgendwann dreht Hollywood Gaza Blanca. Böse israelische Besatzer und jede Menge Leute, die auf dem Absprung in andere Länder sind.

Ist das schon Antisemitismus? „In Wolfsburg wurde jetzt eine KFZ-Gedenkstätte eröffnet.“ Diskutieren Sie mit!

Für Kreuzworträtselfans: Bestattungshohlkörper mit vier Buchstaben?

Anarchie, Barbarei, Chaos, Destruktion, Elend, Fäulnis, Grauen, Hass, Inferno …

Auf meiner Urne soll folgender Reim stehen:

Ich griff zum Buch

Ich griff zur Flasche

Jetzt ist genuch

Und ich bin Asche

 

Sonntag, 25. Mai 2025

Ein kurzes Interview für die Schülerzeitung


A: Wie begann alles bei Bonetti Media?

B: Die meisten Tech-Milliardäre erzählen irgendwas von der Garage ihrer Eltern. Solche Chancen hatte ich nicht.

A: Wo schrieben Sie die ersten Texte?

B: Wir hatten einen begehbaren Kleiderschrank in unserer Wohnung. Drei Quadratmeter voller Anzüge, Kleider, Mottenkugeln und ohne Licht. Ich hatte nur einen DIN-A6-Block für Telefonnotizen, den mein Vater aus dem Büro mitgebracht hatte, und einen Bleistift. Der Spitzer kam erst später.

A: Damit kann man doch nicht arbeiten, oder?

B: Doch. Ich habe gelernt, mich kurz zu fassen. Die Zettel waren alle gleich. Oben stand „Telefonnotiz“, dann gab es Zeilen für Namen und Nummern, schließlich Platz für den Inhalt. Ich habe diese Zettel durchnummeriert. Daher kommt bis heute die Blogstuff-Nummerierung.

A: Wann hatten Sie Ihren Durchbruch?

B: Welchen Durchbruch?

 

Neulich im Kundenzentrum bei Vattenfall

 

A: Guten Tag, was kann ich für Sie tun?

B: Hallo, ich bin gekommen, weil ich meine Rechnung nicht verstehe.

A: Geben Sie mir bitte Ihren Namen und Ihre Kundennummer.

B: Andy Bonetti. Meine Nummer habe ich vergessen.

A: Moment. Okay, da habe ich Sie. Um was geht es?

B: Sie haben mir Geld überwiesen. Das verstehe ich nicht. Ich meine, es ist sehr freundlich, aber normalerweise überweise ich Ihnen Geld und nicht umgekehrt. Jetzt sehe ich auf meinen Kontoauszügen, dass Sie mir 93 Euro überwiesen haben.

A: Vermutlich ist Ihre Abschlagszahlung höher als Ihr Verbrauch.

B: Und dann im März. Normalerweise zahle ich 19 Euro. Sie buchten mir einmal zwölf und einmal sieben Euro ab. Das ist doch das gleiche, oder?

A: Das kann ich Ihnen auch nicht erklären.

B: Und im April bekomme ich zur Abschlagszahlung eine zusätzliche Rechnung von 39 Cent. Habe ich da nachts zu lange gelesen?

A: Möchten Sie Beschwerde einlegen?

B: Nein, ich will es nur verstehen.

A: Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen.

B: Okay, kein Problem. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Ach was, ein schönes Jahr.

A: Ihnen auch. Auf Wiedersehen.

Die Zahlen sind echt. Aber ich frage inzwischen nicht mehr nach.

 

Samstag, 24. Mai 2025

Die Gemeinschaft der Gegensätze – Yin und Yang im Wandel der Zeit

 

Blogstuff 1125

„Sie sind originell und kreativ.“

„Sprechen Sie eine klare Sprache, sonst werden Sie missverstanden.“

(meine beiden Glückskekssprüche vom 21.5.25)

Demnächst: „Happy Sudan“ auf Pro 7. Geschichten jenseits von Bürgerkrieg und Hungersnot. Wenn die Quoten stimmen, werden die „Black Geissens“ nachgeschoben.

Meine Uhr geht nicht. Was läuft da falsch?

Ich bin so alt, ich kenne Wum noch ohne Wendelin. Und beim blauen Klaus denke ich nicht an Wowereit.

Was wurde eigentlich aus Timo Werner? Der ehemalige Nationalstürmer sitzt als Leihspieler bei Tottenham Hotspur noch nicht mal auf der Bank, als das Europa-League-Finale angepfiffen wird (trotzdem prahlt er auf Insta mit „seinem“ Titel). Er hat in dieser Saison nur zwei Tore geschossen und kehrt im Sommer nach Leipzig zurück, wo er noch ein Jahr Vertrag hat. Sein Verein hat aber keine Lust, nochmal zehn Millionen Euro Gehalt zu zahlen, und ist froh über jeden Interessenten, der ihm die Altlast abnimmt. Werner ist 29.

Erinnern Sie sich noch an Annalena Baerbock? 2021 war sie Kanzlerkandidatin der Grünen und lag bei einer Forsa-Umfrage am 5.5.21 mit ihrer Partei noch bei 28 Prozent (CDU: 23, SPD: 14). Zum Glück wurde sie nur Außenministerin und ist jetzt aus der Bundespolitik ausgeschieden. Stellen Sie sich mal vier Jahre mit ihr als Kanzlerin vor.

Warum heißt es Alkoholismus und nicht einfach Trinkstörung?

Ich habe mich nur mal informiert, ich gehe schon seit zehn Jahren nicht mehr zu Burger King. Aber der einzelne Double Whopper kostet jetzt 10,19 Euro, wenn man ihn sich liefern lässt (8,19 im „Restaurant“). Gebratene Nudeln mit Huhn bei meinem Stammchinesen kosten acht Euro.

Obdachlose auf der Nachbarbank erinnern sich an ihre Karrieren. Einer sagt, er wäre Reiseverkehrskaufmann gewesen und hätte in einem Reisebüro gearbeitet (nach einigen Semestern Philosophie und Germanistik). Der andere fragt: „Hast du einen Doktortitel?“ Ich genieße jede Dialogzeile.

Wann gibt es das erste Stretch-Lastenfahrrad mit acht Kindern und einer Kiste Gemüse an Bord?

Da platzt mit doch der Sport-BH. Elf Jahre nach seinem Rücktritt fällt mir der ultimative Witz zu unserem ehemaligen Bürgermeister ein: „Was hast du gegen Wowereit?“ – „Ich habe eine Klaustrophobie.“ Schlagfertig ist anders.

Eine alte Frau mit einem Rollator lächelt mich auf dem Bürgersteig verführerisch an. Das war’s. Das ist das Ende. Ich werde nie wieder Sex haben.



Wenn man Merz und Klingbeil von der KI suchen lässt.

Freitag, 23. Mai 2025

Zwerge & Särge


Der Raum, in dem man Gefangene trifft, hat zwei Eingänge. Einer für die Freien und einer für die Häftlinge. Sie treffen sich an einer klar definierten Demarkationslinie, die von Beamten überwacht wird. So lernte ich die Beerdigungsunternehmer Brillo und Basil Brenneisen kennen. Bonetti Media hatte ihnen hunderttausend Euro für ihre Story versprochen. Geld, das sie in ihrer Situation gut gebrauchen konnten. Ihr Vermögen war eingezogen und das Haus gepfändet worden. Mit ihren roten Locken und den Stupsnasen sahen die kleinwüchsigen Zwillinge aus wie Kinder. Erst die graue Gefängniskleidung mit der Nummer auf der Brust machte sie zu Männern.

Ich stellte mich kurz vor und fragte: „Können Sie mir erzählen, wie alles angefangen hat?“

Basil, zehn Minuten älter als Brillo, begann zu erzählen. „Wir haben das Beerdigungsinstitut von unseren Eltern geerbt, aber es lief nicht gut. Die Konkurrenz verkaufte Billigsärge aus Taiwan und beschäftigte polnische Hilfskräfte zum Mindestlohn. Also fingen wir an, den Toten Schmuck und Uhren zu stehlen, bevor wir den Sarg zuschraubten. Wenn es ein Anzug von Armani oder ein Kleid von Dior war, tauschten wir sie gegen billige Klamotten von KIK aus und verkauften sie auch.“

„Und dann kam der Flop mit der Kreuzfahrt“, sagte Brillo.

„Ja, die Kreuzfahrt. Zwei Wochen auf einer Seniorenreise durchs Mittelmeer. Wir hatten die Idee mit dem Last-Journey-All-Inclusive-Paket und suchten dafür zahlungskräftige Kunden“, fuhr Basil fort.

Ich fragte: „Was ist das genau?“

„Man bezahlt schon zu Lebzeiten die Grabstelle, die Grabpflege, den Grabstein, den Sarg und die Beerdigung, um die Nachkommen nicht mit den Kosten zu belasten“, antwortete Brillo. „So wollten wir schneller zu Geld kommen und nicht erst auf das Ableben der Kunden warten.“

„Aber wir fanden nur zwei senile Greise, die den Vertrag unterschrieben. Wir hatten zwar die Kosten für die Fahrt eingespielt, aber keinen Gewinn gemacht“, sagte Basil. „Auch der Verkauf der Preziosen über Ebay war uns eigentlich zu heikel. Was wäre, wenn die Verwandtschaft zufällig ein Schmuckstück wiedererkennt?“

„Glücklicherweise trafen wir eines Abends im Gasthaus zum goldenen Lamm unseren alten Schulkameraden Sparky Klotzfinger, der sich auf teure Uhren und Schmuck spezialisiert hatte“, ergänzte Brillo. „Wir kamen ins Geschäft und einen Monat später machte er uns mit einem Vertreter des Gunnarsson-Kartells aus Island bekannt.“

„Und die hatten die Idee mit den Särgen?“ fragte ich.

„Ja“, sagte Basil und schüttelte traurig den Kopf. „Sie suchten ein totsicheres Versteck. Und wer sucht schon auf einem Friedhof? Anfangs waren hundert Kilo Kokain im Sarg, dann kamen Gold, Waffen und schließlich Plutonium.“

„Und wie sind Sie aufgeflogen?“

„Durch den Klimawandel“, antwortete Brillo.

„Was?!“

„Ja, der verdammte Klimawandel. Durch die Dürre im letzten Sommer fiel der Wasserspiegel des Sees am Stadtrand. Ein Autowrack tauchte auf, in dessen Kofferraum sich eine Leiche befand, die die Isländer für uns entsorgt hatten. Spaziergänger riefen die Polizei, die Leiche wurde identifiziert und obduziert. Der Mann war eines natürlichen Todes gestorben, aber laut offiziellen Unterlagen längst beerdigt. Die Kripo fragte sich, wieso die Leiche nicht auf dem Friedhof lag, und öffnete das Grab.“

„Nachdem sie die Uzis gefunden haben, schöpften sie Verdacht und öffneten alle Särge, die von unserem Institut unter die Erde gebracht worden waren“, sagte Basil.

Bei guter Führung werden die Zwillinge in sieben Jahren entlassen. Nächstes Jahr wird das Drehbuch, das gerade von Bonetti persönlich verfasst wird, mit Ben Affleck und Matt Damon verfilmt.

Donnerstag, 22. Mai 2025

Ein schlechter Traum


Ich stehe auf dem Bürgersteig vor unserem Haus in Schweppenhausen. Ich bin schon lange nicht mehr hier gewesen. Der Bürgersteig ist überwuchert. Es ist der meterlange Strang einer einzigen Pflanze, den ich in die Einfahrt zur Garage ziehe und in den Vorgarten werfe. Dann gehe ich zur Haustür. Ich sehe, dass unterhalb des Schlüssellochs ein USB-Port ist. Ich hole einen Stick aus meiner Manteltasche und stecke ihn ein. Die Tür öffnet sich und ich trete in den Flur. Auf der anderen Seite der Tür ist ein weiterer Stick. Ich ziehe ihn hinaus und stecke ihn ein. Den Inhalt werde ich mir später anschauen. Merkwürdigerweise lässt sich die Tür jetzt nicht mehr schließen, auch mit dem Hausschlüssel nicht.

Plötzlich höre ich ein Geräusch.

„Ist da jemand?“

Keine Antwort. Ich muss mich wohl getäuscht haben.

Dann höre ich ein Seufzen.

„Ist da jemand?“

Wieder keine Antwort. Einen Augenblick später höre ich eine leise Stimme, aber ich kann die Worte nicht verstehen.

Im Esszimmer geht das Licht an. Ich gehe durch den Flur auf das Licht zu und betrete das Esszimmer.

Auf dem Sessel in der Ecke, in dem ich früher immer saß, wenn mich mein Vater besucht hat (der wiederum auf dem diagonal gegenüberstehenden Sessel saß), sitzt eine Katze. Sie ist so groß wie ein Mensch, schwarz-weiß gefleckt und hat die Beine übereinandergeschlagen.

Ich komme näher. „Was machen Sie hier?“

Keine Antwort. Ich stehe ihr nun direkt gegenüber. Da erhebt sich die Katze. Wir sehen uns in die Augen.

Dann wache ich auf.

Mittwoch, 21. Mai 2025

Schwarzfahrer im Orient-Express

 

Blogstuff 1124

Das Paket mit Semtex, das ich mir bei Amazon bestellt habe, ist schon im Lieferwagen explodiert. Ich würde am liebsten null Sterne vergeben.

Die Abschaffung des Stofftaschentuchs hat die Lebenserwartung um zehn Jahre erhöht.

„Frage an Radio Eriwan. Stimmt es, dass Friedrich Merz Florian Silbereisen als aufdringlichen, unausstehlichen Idioten und als vertrocknete Backpflaume bezeichnet hat?“ – „Ja, aber es war Donald Trump, der über Bruce Springsteen gesprochen hat.“

Bei meinem Übergewicht wäre das Leben auf einer Raumstation die Lösung. Schwerelosigkeit. Keine Rückenschmerzen. Keine weiten Wege.

Oida, ich sog da's. Ich habe geträumt (!), ich würde in Bayern leben und sei gegen rechts (CSU, AfD, Ku Klux Oiwonga). Ich bin so froh, dass ich jetzt wach bin. Aber dann lese ich im Netz folgende Überschriften: „Tierquäler erschießen 14 Meerschweinchen in Hildesheimer Wildpark“ und „Rollator unter Strom gesetzt, um Nachbarin zu töten – Mann muss ins Gefängnis“. Da legst du dich doch gleich wieder hin.

Was wurde eigentlich aus dem infamen Lustgreis Kubicki?

Ein amerikanischer Atomflugzeugträger hat eine Reichweite von 800.000 Seemeilen, bis die Reaktoren aufgeladen werden müssen, und eine Lebensdauer von fünfzig Jahren. Wenn wir solche Autos bauen könnten, müsste man nie mehr tanken und könnte den Wagen sogar vererben. Das ist echte Nachhaltigkeit.

Der im vergangenen Jahr verstorbene Regisseur Michael Verhoeven verursachte 1970 mit seinem Anti-Vietnamkriegsfilm „o.k.“, in dem ein US-Kriegsverbrechen in einem bayrischen Wald nachgespielt wurde, auf der Berlinale eine Kontroverse, in deren Folge das Premierenkino Zoo-Palast besetzt wurde, Teile der Jury protestierten und etliche Regisseure ihre Filme zurückzogen. Es war das einzige Mal, dass die Berlinale abgebrochen werden musste und keine Preise vergeben wurden.

Warum nennt man in Spanien auch junge Frau Seniorita?

Hätten Sie’s gewusst? In den fünfziger Jahren bekam jeder, der aus dem Ausland nach West-Berlin zurückkehrte, 6.000 DM Begrüßungsgeld (nach heutiger Kaufkraft 18.000 Euro). So kam der Israeli und spätere Playboy Rolf Eden nach Berlin.

Mission Impossible 2. Ein Gangster will einen Virus in Umlauf bringen, um am Gegenmittel zu verdienen, das nur er hat. Genauso ist es doch mit Covid-19 gelaufen. Warum hatte denn der türkische Clan nach zehn Monaten schon das Gegenmittel? Obwohl Medikamentenentwicklungen und -genehmigungen wesentlich länger dauern. Die waren einfach im Kino, haben den Plan kopiert und Milliarden abkassiert. Aber darüber liest man in den Medien nichts. Gar nichts.

Kopieren, kokettieren, koalieren. Der politische Problembär der nächsten Jahre ist nicht die AfD, sondern die CDU.

 

Dienstag, 20. Mai 2025

Nein zur Arbeit - Ja zu mir

 

Blogstuff 1123

Das soll kein Vergleich werden, aber … hehe … das Aber. Parallelen gibt es leider nun mal. Beschleunigung ist ein Zeichen von Totalitarismus. Hitler: Machtergreifung, Reichstagsbrand, Ausnahmezustand, Massenverhaftungen, Zerschlagung der Opposition und Ende der Demokratie in kürzester Zeit. Dieses Tempo legt auch Trump vor. Aber ich hoffe, dass Amerika mehr Resilienz an den Tag legt als unsere Vorfahren.

Bonetti Media bietet jetzt auch aufsuchende Literaturarbeit an. Ein Praktikant kommt zu Ihnen nach Hause, in Ihr Heim oder Ihre Gefängniszelle und liest aus dem uferlos mäandernden Werk des Großmeisters vor.

Nigiri Nigeria Niagara

Das Kanzleramt wird jetzt „Fritzbox“ genannt, habe ich im Internet gelesen.

Ich habe mich im Wald verlaufen. Kein Handy-Empfang. Totally lost. Die Nacht bricht herein. Ich hatte schon aufgegeben, da kommt ein Taxi. Ich winke, aber leider ist es besetzt.

Das Leben im Meer hat einen Vorteil: Unter Wasser gibt es kein Wetter. (Bei Blitz, Donner und Regensturm geschrieben)

Neulich habe ich in einer Cocktail-Bar beobachtet, wie Alice Weidel sich einen Negeroni bestellt hat. Die Frau ist sowas von rechtsextrem! Merz hätte einen Caipirambo getrunken.

In den Achtzigern war J.R. Ewing der größte Bösewicht. Heute haben wir Putin, Trump, Erdogan, Kim und im Fernsehen kann keiner mit ihnen mithalten.

The Comeback of the Zigeunerschnitzel. Spätestens mit Trump kommt die Zeitenwende auch in Deutschland an. Diversity-Programme verschwinden in Rekordgeschwindigkeit in den Schubladen, SAP streicht die Frauenquote, Gendersprache ist wieder out. Endlich ist dieser woke Lesbenspuk vorbei. Frauen mit Kopftüchern dürfen wieder straffrei angespuckt werden. Danke, crazy Don!

Die einen halten ihn für einen Bonvivant, die anderen für einen Parvenu.

Grandseigneur, Salonlöwe, Bohemien, Lebemann, Filou. Auch für Blogfluencer Bonetti gibt es zahlreiche Bezeichnungen. Dolce far niente nennt man seinen Lebensstil.

Ich erinnere mich an Orte, an denen ich nie gewesen bin, wenn ich aufwache.

Politiker altern nicht wie Wein, sondern wie Brot.

Ohne Schwarzfahrer würden Kontrolleure ihren Arbeitsplatz verlieren. Auch mal positiv denken.

In meinem Alter kommt die Zahnsteinfee und legt Mundwasser unters Kopfkissen.

Montag, 19. Mai 2025

Schwarzerrollkragenpulloverexistenzialismus

 

Blogstuff 1122

„Ein Schriftsteller (…) muss dosieren können, was er vom Leben empfängt, er muss nach Belieben den Leitungshahn Leben und den Leitungshahn Arbeit aufdrehen und schließen können. (…) Deswegen darf man von niemandem abhängig sein, mit niemandem zusammenwohnen, keine geschäftlichen Obliegenheiten haben. (…) Das Leben ist meine Gattin, und die Bücher, die ich ihm abgewinne, sind meine Kinder.“ (Henry de Montherlant: Der Dämon des Guten)

Es fällt mir auf, dass ich immer mehr Fehler mache, wenn es um Fakten geht. Entweder erinnere ich mich falsch oder gar nicht. Harvey Keitel fällt mir nicht mehr ein, als ich an seine Rolle in „Taxi Driver“ und „Pulp Fiction“ denke. Ich sehe einen Murot-Tatort und erinnere mich nicht mehr, dass sein NSU RO 80 das einzige Serienfahrzeug mit Wankelmotor war usw. Jeden Tag das gleiche Spiel. Ich glaube, der Höhepunkt meiner Intelligenz liegt hinter mir, andererseits kann man mit seiner Erfahrung vieles kompensieren. Was an Klugheit fehlt, macht man durch Routine wett.

Was genau ist eigentlich Gluten? Es ist nichts Alkoholisches und bei Burger King gibt’s das auch nicht.

Es gibt eine Art Fitness-Faschismus. Menschen, die durchtrainiert sind, glauben, sie wären anderen überlegen. Ich bin ihnen körperlich unterlegen, bin in Sachen Aussehen und Muckis nur ein Mensch zweiter Klasse. Wer einen Marathon geschafft hat, wählt auch AfD. Meine Meinung.

Die alten Griechen waren schon Schweinigel, die sind auf Ideen gekommen, das glaubt man gar nicht. Der Meeresgott Poseidon schenkt Minos, dem König von Kreta, einen prächtigen Stier. Die Frau des Königs verliebt sich in das Tier und der Künstler und Erfinder Daidalos (lateinisch: Daedalus => Stephen Dedalus / Ulysses) baut ihr eine Kuhattrappe, in die sie klettern kann, um sich von dem Stier begatten zu lassen. Geht’s noch? Und aus dieser unheilvollen Verbindung entsteht das monströse Mischwesen Minotauros (Kopf: Stier, Körper: Mensch; vgl. „Bullenschwein“), der in ein Labyrinth gesperrt wird, das von Daidalos, der zu allem Überfluss auch noch der Vater von Ikaros ist, entworfen wurde. Na ja, und dann haben wir noch Ariadne, die Tochter von Minos, den Ariadnefaden, der Minotauros wird getötet, Minos will Daidalos und dessen Sohn nicht gehenlassen, Daidalos baut Flügel und sie fliegen davon, Ikaros kommt der Sonne zu nah und stürzt ins Meer und immer so weiter. Diese griechischen Stories haben ja kein Ende.

Seit das Wetter so unverschämt gut ist, sitzen ständig Leute auf meiner Lieblingsbank. Jetzt habe ich die Lösung: Morgens um sechs gehe ich raus und lege ein Union-Jack-Handtuch auf meinen Platz. Bisher hat sich niemand getraut, es wegzunehmen.

Heidi Reichinnek sieht die Demokratie durch die soziale Ungleichheit bedroht. „Wer das verhindern will, der darf den Kapitalismus nicht stützen, er muss ihn stürzen.“ Ist das radikal? Ja. Ist das staatsfeindlich? Nein. Das Grundgesetz ist wirtschaftspolitisch neutral, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat (Art. 15 GG eröffnet ausdrücklich die Möglichkeit, Produktionsmittel zu vergesellschaften). Die Linken sind die wahre Alternative für dieses Land.

 

Sonntag, 18. Mai 2025

Abenddämmerung, Fragmente

 

Gelächter brandet in mächtigen Wellen aus den offenen Wirtshausfenstern, als ich gegen Abend das Bräustüberl betrete. Zur Begrüßung wird mir von Toni Stöpsel ein „Alles senkrecht?!“ entgegengeschmettert, was ich mit einem lässigen „Einwandfrei“ souverän quittiere.

Toni Stöpsel ist ziemlich klein und man kann in seine Nasenlöcher hineinschauen wie bei einem Totenkopf. Er sitzt mit ein paar anderen jungen Leuten am Tisch neben dem Eingang: Fred Zaunmelker, Werner Buchwitz, Lothar Schattenmacher und, den Glanz der Runde vervollkommnend, der dicke Metzgersohn Heinrich Nübel. Die Würfel kreisen, es geht um Schnäpse und die Jungs tragen alle ein rotes T-Shirt, auf dem „Elwetritsche“ steht. Dieses pfälzische Fabelwesen hat ihrem Stammtisch seinen Namen gegeben.

Am Tresen stehen Alfred Kästrommler, Herbert Stranzl, Ferdinand Zierschüssel und der Schlangenpeter, der seinen Namen einer Schlange verdankt, die er vor vielen Jahren in seiner Wohnung gehalten hat. Vor den bewährten Tresenkräften, der Hautevolee der örtlichen Trinkerschaft, stehen vier Schoppen und neben den Gläsern liegen Zigarettenschachteln und Feuerzeuge.

„Wie geht’s?“ fragt Alfred. Das lange schmale rote, um nicht zu sagen backsteinartige Gesicht leuchtet kurz auf.

„Schlechten Leuten geht es immer gut“, antworte ich und hieve mich auf den letzten freien Barhocker.

„Hey, Turtle“, begrüßt mich die Wirtin lachend. „Schoppen?“

„Wie immer.“

„Und sonst?“

„Stabil“.

Seit ich einmal vor Lachen vom Barhocker gefallen bin und hilflos mit den Gliedmaßen rudernd wie eine Schildkröte auf dem Boden lag, bis zwei kräftige Burschen mich wieder aufgerichtet hatten, nennt mich die Wirtin „Turtle“. Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass ich latent adipös bin.

Erika Betz, die Wirtin, verströmt den gleichen welken Zauber und verblichenen Glanz wie das ganze Lokal. Ihre Raucherstimme schnarrt knarrend, sie lacht keuchend und ein lächerlich kleiner Brillant funkelt am rechten Nasenflügel der violett schillernden Runkelrübe. Als sie mir mein Schoppenglas reicht, sehe ich das rot geschwollene Fleisch ihrer Spülhände, an denen – tief eingesunken, ja eingewachsen – billige Ringe blinken.

Das Gebäude ist stilistisch eine Promenadenmischung aus Fachwerk, Aluminiumtür, Glasbausteinen und einem unverputzten Anbau aus grauen Hohlblocksteinen. An den Wänden sind nur Kleiderhaken, eine Dartscheibe und die satanisch glimmende Neonfackel einer Bierwerbung befestigt. Die ganze Inneneinrichtung strahlt eine geradezu malerische Trostlosigkeit aus. Vor dem Gasthaus steht ein kümmerliches und zerbrechlich wirkendes Bäumchen – sinnbildhaft und doch dem zechenden Volk gleichgültig.

Mit athletischem Schwung hebe ich das Glas an die Lippen und nehme einen großen Schluck. Astrein. Spitze. Es geht nichts über den ersten Schluck Wein.

Franz Kleinholz kommt von der Toilette, ein ausgewiesener Experte für Verdauungsprobleme. Er schlingert in den Gastraum hinein und hebt seinen didaktisch geschulten Zeigefinger, um einen weiteren Schoppen zu bestellen. Er ist ein Philanthrop reinsten Wassers und verbringt den Abend fast ausschließlich am Glücksspielautomat im hinteren Teil des Lokals, wo dieser scham- und würdelose Greis schwurbeligen Stumpfsinn vor sich hinmurmelt. Sein Lieblingsschimpfwort ist „Nuttenpreller“.

„Alles klar, Franz?“ rufe ich ihm entgegen, aber er hört wie immer nichts.

Die tiefschwarzen Falten in seinem Gesicht verbiegen sich, als er mir antwortet: „Was?“

Ich kann einen Blick auf die absurd gleichförmigen Zähne seines künstlichen Gebisses werfen.

„Schwerhörig und verheiratet – die perfekte Kombination“, ruft Herbert dazwischen.

Auflodernde Heiterkeit im ganzen Bräustüberl. Derlei mattschimmernde Thekenweisheiten gibt es hier jeden Abend dutzendfach zu hören.

Neben dem Tisch mit den jungen Männern gibt es noch den Tisch mit den Witwen: Maria Schnee, Petra Brunzhorst und Luise Rothermund. Gelegentlich spielen sie Skat. In einer Ecke läuft der Fernseher, der FCK spielt, der Lieblingsfußballclub des halben Dorfes, inzwischen in der zweiten Liga gelandet, um dort gegen traditionslose Mannschaften wie Sandhausen oder Aue antreten zu müssen.

Ein paar ältere Männer mit zerknitterten Cordhüten sehen sich das Spiel an und kommentieren es mehr oder weniger elaboriert mit Stöhnen, Schreien und kurzen Anweisungen an die Spieler. Dumpfes Murren wechselt mit Momenten geradezu gleißender Hellsichtigkeit („Es ist immer das gleiche“). Ernst Hundsbacher, Walter Silberblick, Erich Windfänger und der ehemalige Altkommunist Karl-Heinz Metzinger, ein Mann mit einem kuppelartigen Glatzkopf und kleinen listigen Augen. Es sind allesamt Weinbauern, was an den Weizenbiergläsern auf dem Tisch unschwer zu erkennen ist. Sie haben selbst die Keller voller Wein und würden im Gasthaus nie einen Schoppen bestellen. Und nach FCK-Toren gibt es grundsätzlich eine Runde Obstler.  

Rein soziologisch setzt sich das Wirtshausvolk aus Landwirten, Handwerkern, Früh- und Spätrentnern, Witwen und allerlei Jungvolk zusammen. Ruhelose Hamsterexistenzen der ubiquitären Angestelltenwelt meiden das Lokal, dessen Qualm- und Fettwolken die feinen Anzüge ruinieren und dessen Stammgäste zu Lärm und gelegentlichen Gewaltausbrüchen neigen und überhaupt.

„Wo ist denn Paul?“ frage ich in die Thekenrunde.

„Der ist schon gegangen“, sagt Alfred mit einem milden Lächeln.

„Warum ist er denn schon wieder weg?“

„Wegen nichts“, sagt Herbert, der mit dem unruhigen Eifer eines Eichhörnchens Erdnüsse in sich hinein frisst.

„Das ist doch keine Antwort“, sage ich.

„Wegen Gabi“, sagt Ferdinand.

„Wegen Gabi. Verstehe“, sage ich und wir trinken synchron einen Schluck. Natürlich habe ich nichts verstanden.

„Gabi war hier?“ versuche ich es wieder.

„Nein“, sagt der Schlangenpeter.

„Die kommt aber noch“, sagt Alfred.

„Mit Dieter“, sagt Herbert.

„Verstehe“, sage ich und jetzt habe ich es auch kapiert.

So sprechen sich die Dinge im Dorf herum.

Und so vergeht die Zeit.

Aus, aus, das Spiel ist aus! Die Bauern erheben sich und zahlen an der Theke. Allmählich leert sich die Gaststube. Der ewige Grantler Franz Kleinholz geht, dann der Schlangenpeter. Auch der Vogelschwarm der jungen Männer verlässt nach den fidelen Witwen mit den rotgemalten Mündern und den panierten Gesichtern das Bräustüberl.

Schließlich gehe ich auch, der Vollbluttrinker Alfred Kästrommler ist wie immer der letzte Gast. Finis operis. Tutto è passate. Fin de Siècle. This is the end my friend, Ultimo und am Arsch hängt der Hammer.

P.S.: Angesichts der „abortschüsselartigen Weltverhältnisse“ (Ror Wolf) bleiben mir nur „Parodien, des Scharfsinns letzte Zuflucht“ (Wladimir Nabokov).

P.P.S.: „Das Bewusstsein, dass du nichts bist als Fragmente, dass kurze und längere und längste Zeiten nichts als Fragmente sind … dass die Dauer von Städten und Ländern nichts als Fragmente sind … und die Erde Fragment …“ (Thomas Bernhard: Amras, S. 78)

P.P.S.: Ursprünglich trug der Text den Titel „Die Tücken der Eifel“. Nach Abschluss der Niederschrift stellte ich jedoch fest, dass weder Tücken noch Eifel darin vorkommen.

Blogpost vom 28.3.2015

 

Samstag, 17. Mai 2025

Was tun?


In ganz Europa ist der Rechtsextremismus auf dem Vormarsch. Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Niederlande, Dänemark, Schweden, Ungarn und Rumänien fallen mir als erstes ein. Warum ist das eigentlich so? Fangen wir mal mit zwei banalen Erkenntnissen an, ohne die das Phänomen nicht zu erklären ist. Erstens hat jede Staatsform ihre Feinde, die Demokratie hat es aktuell mit den Anhängern autoritärer Regime und hatte es vor langer Zeit mit den Anhängern des Sozialismus zu tun. Zweitens gibt es das Phänomen der Ausgrenzung der „anderen“ aus der sozialen Gruppe. Wer eine andere Herkunft, Kultur, Hautfarbe oder Religion hat, gehört nicht zu „uns“. Dieses vormoderne Stammesdenken findet sich häufig bei Personen mit geringer Bildung oder fehlenden Erfahrungen mit anderen Kulturen. Abgrenzung und Ausgrenzung stabilisieren Gruppen im Inneren, ob es eine Familie, ein Fußballfanclub, eine Partei oder eine Nation ist. Extremistisch wird diese Einstellung, wenn die Gleichheit der Menschen grundsätzlich in Frage gestellt wird und sie als Rechtfertigung für Gewalt betrachtet wird.

Bei rechtsextremistischen Morden und Mordversuchen fällt mir die NSU-Mordserie 2000 – 2007 ein, außerdem die pogromartigen Ausschreitungen gegen Asylantenheime ab den frühen Neunzigern. Die ursprünglich wirtschaftsliberale Lucke-AfD kippte aber erst 2015/2016 nach Rechtsaußen. Sie existierte damals noch gar nicht. Das Problem ist also älter und auch nicht auf Deutschland beschränkt. Wenn man die Entwicklungen in Europa betrachtet, ist mit Ausnahme Ungarns die Demokratie durch den Rechtsextremismus noch nicht gefährdet. Meloni hat als Regierungschefin in Italien die Verfassung nicht außer Kraft gesetzt, Le Pen wird es nach ihrer Verurteilung in Frankreich nicht mehr schaffen. Wilders und Kickl sitzen immer noch in den Startlöchern, Höcke ist einfacher Landtagsabgeordneter. Trump war in wenigen Monaten bei der Zerstörung der Demokratie erfolgreicher als alle deutschen Faschos seit Gründung der Bundesrepublik. Dennoch ist die Stimmung in Deutschland emotional aufgeladen. Die einen klagen lauthals wegen der angeblichen „Umvolkung“, die anderen wegen des drohenden Vierten Reichs. Opfermythos meets Widerstandsblues. Für beide Seiten ist der Untergang Deutschlands, ach was, des gesamten Abendlands längst besiegelt. Unter der Maximal-Apokalypse scheint’s der Jammer-Teutone nicht zu machen. Die Sehnsucht nach dem Weltende, die Selbstinszenierung als tragischer Held des finalen Dramas ist unser wahres Sommermärchen. Auf Deutschlands Uhr ist es immer fünf nach zwölf.

Ich probier’s mal mit ein paar Fakten. Wie viele Rechtsextremisten gibt es eigentlich in Deutschland? Sind alle zehn Millionen Wähler der AfD Nazis? Der harte Kern von Diktaturbefürwortern und Holocaust-Leugnern, die sich offen zum Antisemitismus und zur Fremdenfeindlichkeit bekennen, wird in Deutschland auf unter zehn Prozent geschätzt. Echte Neonazis in organisierten Gruppen gibt es weniger als zehntausend. Sie sind politisch bedeutungslos, selbst die Reichsbürger sind gefährlicher. Der Erfolg der Rechtsextremisten beruht meiner Meinung nach auf ihrer Behauptung, der „schweigenden Mehrheit“ eine Stimme zu geben, den „wahren Volkswillen“ zu repräsentieren. Mit dieser Nummer hat die AfD viele Protestwähler eingesammelt, Stichwort „Politikverdrossenheit“. Alle Unzufriedenen, Frustrierten und Benachteiligten, aber auch Wähler, die sich mit der großen sozialen Ungleichheit nicht abfinden wollen und früher SPD oder Grüne gewählt haben, bevor diese Parteien das Feld der sozialen Fragen geräumt haben, glauben, in der AfD eine politische Heimat gefunden zu haben. Davon gibt es gerade in Ostdeutschland sehr viele. In Thüringen haben bei der Bundestagswahl 38,6 Prozent AfD gewählt, in Hamburg lag die Partei bei der letzten Bürgerschaftswahl Anfang März nur bei 7,5 Prozent. Das ist kein Zufall. Viele Ostdeutsche fühlen sich fremd im eigenen Land, ein fruchtbares Feld für rechte Bauernfänger.

Es hilft nichts. Man muss sich der politischen Auseinandersetzung stellen, eine Übernahme gegnerischer Positionen (#CDSU-Produktpiraterie) kann nicht erfolgreich sein. Damit schafft man die AfD nicht aus der Welt. Die demokratischen Parteien müssen sich im Gegenteil klar vom Gegner abgrenzen. Keine Koalitionen mit der AfD, keine Zusammenarbeit mit den Feinden der Demokratie, jede Volksverhetzung wird zur Anzeige gebracht, nichts wird vergessen. Wir hören den Rechtsextremisten nicht zu, wir sprechen nicht mit ihnen. Zero Tolerance, totale Ausgrenzung. Diese Partei versucht, neue Brände mit alten Streichhölzern zu legen. Insofern ist das Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz hilfreich, um die sogenannte Brandmauer zu erhöhen. Zunächst hat aber das Verwaltungsgericht Köln das Wort, vor dem die AfD gegen ihre Einstufung eine Klage eingereicht hat. Der Weg zu Diktatur und Konzentrationslagern ist lang und wird – im Gegensatz zu Weimar – vom Großteil der Bevölkerung abgelehnt. Wir sind die Mehrheit, nicht die Rechtsextremisten. Das haben 1,9 Millionen Demonstranten Anfang des Jahres eindrucksvoll bewiesen. Etwas mehr Selbstbewusstsein und etwas weniger Angst könnten der Demokratie nicht schaden.

Man kann sich natürlich auch hinter dem Rücken des Obrigkeitsstaats verstecken und auf ein Verbot der AfD durch das Bundesverfassungsgericht hoffen. Ein langer steiniger Weg – und typisch deutsch. Verbieten statt bekämpfen. Die Rechtsextremisten wären allerdings immer noch da. Mord ist ja auch per Gesetz verboten, trotzdem werden jeden Tag Leute umgebracht. Was passiert, wenn man das Theater oder die Malerei verbietet? Gäbe es nie wieder neue Aufführungen oder neue Bilder? Es ist naiv, an ein Verbot zu glauben. Wir können uns nicht die Hände vor die Augen halten und wie kleine Kinder glauben, dadurch würden wir etwas zum Verschwinden bringen. Im Falle einer juristischen Niederlage der AfD kommt die nächste rechtsextreme Partei, die das Wählerpotential abschöpft. Hase und Igel. Preisfrage: Mit welcher Politik holt man die Protestwähler zu den anderen Parteien zurück? Darauf gibt es bisher keine Antwort. Das ist das eigentliche Problem unserer Demokratie.

P.S.: Es wird auch über eine „kleine Lösung“ diskutiert, den Ausschluss der AfD von der Parteienfinanzierung. Selbst im Erfolgsfall bleiben der AfD noch die "Abgeordnetenentschädigungen" ihrer Parlamentarier, die Kostenpauschale für Mitarbeiter usw., Nebeneinkünfte und üppige Spendengelder (die dann aber nicht mehr steuerlich absetzbar sind). Einer Weltanschauung – und sei sie noch so widerwärtig – kann man nicht den Geldhahn abdrehen. Nicht alles im Kapitalismus lässt sich mit Geld lösen.

 

Freitag, 16. Mai 2025

Brief an einen Leser


Hallo Andi, hier ist Andy. Danke für Deinen Kommentar. Meine „kreative Hartnäckigkeit“ war eigentlich nie geplant oder bewusst gewollt. Seit etwa fünfzig Jahren lärmt und plärrt es jeden Tag aus meinem Kopf heraus. Wenn ich es nicht aufschreibe, dreht es sich in Gedankenform permanent in meinem Hirn und geht mir auf die Nerven. Mit dieser Form der stillen Selbstbeschäftigung finde ich also meine Ruhe. Gäbe es das Internet nicht, würden sich in meiner kleinen Butze Notizbücher und Manuskripte stapeln.

Deinem Vorschlag, meine Texte in Buchform zu veröffentlichen, bin ich schon vor Jahren nachgekommen. Mein letzter Roman, der bei einem renommierten Verlag erschienen ist und in den Regalen von Buchhandlungen stand, war „Weißer Wedding“ 2011. Damals arbeitete ich tatsächlich als sozialversicherungspflichtig beschäftigter Kiezschreiber für drei Jahre im Wedding. Teil meiner vertraglich festgelegten Tätigkeitsbeschreibung war, neben journalistischen Texten für die Homepage meines Arbeitgebers, dem Blog und einem Kiezmagazin, das ich mit zwei Kollegen in die Welt gesetzt habe, tatsächlich ein Roman, der im Kiez spielen sollte. Danach kam ich nie wieder mit einem Verlag ins Geschäft, vermutlich waren die Verkaufszahlen nicht gut genug.

Alles, was ich von 2012 bis 2022 geschrieben habe (+ einem älteren Manuskript), erschien fortan als Kindle e-Book. Drei Romane (Berliner Asche, Tote leben ewig, Rheinkind) und sechs Bücher mit den besten Kurzgeschichten und ausgewähltem Blogstuff. Alles, was ich in den letzten drei Jahren geschrieben habe, gibt es nur im Blog oder auf meinem Computer. Man findet die e-Books bei Amazon unter meinem Künstlernamen Matthias Eberling.

Schöne Grüße an die Gräfin & immer tapfer weiterschreiben. Es hilft ja nix.

E-Books:

Vier Fäuste für den Dalai Lama (2022)

Die Dunkelheit am Ende des Tunnels (2021)

Die Kunst des Scheiterns (2019)

Das letzte Glas (2018)

Berliner Asche (2018)

Rheinkind (2018)

Tote leben ewig (2018)

Wattenscheid nach der Revolte (2017)

Andy Bonetti – Inferno und Ekstase (2016)

       

P.S.: Vier Bücher im Jahr 2018? Das klingt nach viel Arbeit. „Tote leben ewig“ habe ich 2007/2008 geschrieben, „Berliner Asche“ 2012 und „Rheinkind“ 2013.

 

 

Wilde Spätvormittage in Detmold-Süd


Blogstuff 1121

„Herr Höcke, wo sehen Sie die AfD in tausend Jahren?“ (Mario Lanz)

Eines hat Merz von Trump gelernt: Besetze deine Regierung mit ahnungslosen Amateuren, damit dein eigener Dilettantismus nicht auffällt.

O selige Oberstufenzeit, als man gelegentlich den einen oder anderen Kameraden nach Schulschluss begleitete, nicht um mit ihm gemeinsam die Hausaufgaben zu erledigen, sondern um mit ihm, da die beiden berufstätigen Eltern ausgeflogen waren, die Freuden der Hausbar zu genießen. Damals gab es in der Eichefurnierschrankwand eines jeden gutbürgerlichen Wohnzimmers ein geschlossenes Fach, hinter dessen Klappe sich Rum, Whisky, Gin, Wodka, Liköre, Obstler und Kräuterschnäpse in ihrer ganzen herrlichen Pracht verbargen. Alle Köstlichkeiten, die wir uns, aus Mangel an Volljährigkeit, nicht kaufen konnten. Wenn man von jeder Flasche ein paar Schlucke trank, fiel es auch nicht weiter auf. Wenn die Eltern nach fünf Uhr zu Hause eintrudelten, war ich natürlich längst wieder verschwunden und radelte selig der Heimat entgegen.

Eigentlich schade, dass jetzt ein bayrischer Bauer der christdemokratischen Schweinebratenlobby Landwirtschaftsminister ist. In den nächsten Jahren wird es wohl keine Traktoren-Demo in Berlin geben, niemand kippt Jauche ins Regierungsviertel und kein Politiker hängt wegen der Besteuerung von Agrardiesel symbolisch am Galgen. Noch im November letzten Jahres waren 23 (!) Treckerpiloten in die Hauptstadt gekommen. Die ganze Innenstadt war blockiert, man ist ja gar nicht mehr durchgekommen. Jesses, war das eine Aufregung.

Warum hieß es eigentlich damals immer „Baader-Meinhof-Bande“ und nicht Baader-Meinhof-Team oder Freundeskreis Linksterrorismus?

Auch im vierten Kriegsjahr steht Bonetti Media offen und geschlossen hinter der ukrainischen Regierung.

Was macht eigentlich Heinz Pralisnki? Sein neues Werk „Wenn die Nacht bleibt“ wurde gerade in der Perleberger Progressiven Prosa sehr positiv besprochen. Es sei „aufreizend unprätentiös, auf geradezu gewagte Art altmodisch und voller versteckter Anspielungen auf Helmut Schön“.

US-Beamte dürfen nur Geschenke im Wert von bis zu fünf Dollar annehmen, alles andere ist Bestechung. Das gilt laut Verfassung auch für US-Präsidenten. Aber wer kann bei einem Luxus-Jet im Wert von 400 Millionen Dollar von Hamas-Sponsor Katar schon nein sagen.

„Service-Gebühr für 75 min Lieferzeit! Warum? Wo ist der Service? Bacon verbrannt, war Schwarz! Burger vertauscht, Ananas im Champignon Karton. Hätte mich das Leben kosten können bei meiner Allergie!“ (Internet-Bewertung, trotzdem 2,5 Sterne)