Donnerstag, 6. Januar 2022

13 Jahre Kiezschreiber – 13 Jahre im Rausch des Erfolgs


„Morgen fange ich wieder mein Schreiben an, ich will mit aller Kraft hineinreiten, ich fühle, wie ich mit unnachgiebiger Hand aus dem Leben gedrängt werde, wenn ich nicht schreibe.“ (Franz Kafka: Brief an Felice, 20. / 21. 12. 1912)

„Mein neuer Plan ist natürlich nicht der beste Plan. Der beste Plan wäre doch wahrscheinlich, auf irgendeine schlaue Weise etwas Geld zusammenzubringen und mit Dir für immer nach Süden zu fahren auf eine Insel oder an einen See. Im Süden ist, glaube ich, alles möglich. Dort abgeschlossen leben und von Gras und Früchten sich nähren. Aber ich brauche nicht einmal sehr tief in mich hineinzuschauen und ich will nicht einmal nach Süden fahren. Nur die Nächte mit Schreiben durchrasen, das will ich. Und daran zugrundegehn oder irrsinnig werden, das will ich auch, weil es die notwendig längst vorausgefühlte Folge dessen ist.“ (Franz Kafka: Brief an Felice, 13. 7. 1913)

Als ich am Bahnhof aus dem Zug stieg, erkannte ich meine Heimatstadt nicht wieder. Eine jubelnde Menschenmenge begrüßte mich. Ich wurde auf einen gepolsterten Stuhl gesetzt und von vier starken Männern in einen nahegelegenen Festsaal getragen.

Ein Fanfarenchor begrüßte mich, dann fing ein Schülerchor an zu singen. An langen Tischen saßen Frauen in festlichen Kleidern und Männer im Smoking. Große Schüsseln mit Fleisch und Klößen, Flaschen, Teller und Blumenvasen standen vor ihnen. Als ich in den Saal getragen wurde, standen alle auf und applaudierten.

Der Bürgermeister, ein alter Mann mit weißem Vollbart und einer Schärpe, hielt eine Rede. Ich verstand kein Wort. Welche Sprache wurde hier gesprochen? Ich wurde neben ihm platziert. Vor mir stand ein goldener Literaturpreis, der mir offenbar verliehen werden sollte. Man schenkte mir ein Glas Wein ein.

Nachdem sich der Bürgermeister wieder gesetzt hatte, stand ich auf und erklärte den Anwesenden, dass ich gar nicht schreiben könne. Natürlich hatte ich es in der Schule gelernt, aber ich hatte das Nicht-schreiben-können niemals vergessen. Deswegen war es mir unmöglich, einen Text zu schreiben. Die Menschen verstanden mich nicht. Viele saßen mit dem Rücken zu mir. Alles war falsch an diesem Tag.

P.S.: Auf welches Prosafragment von Franz Kafka spiele ich an?

Chumbawamba - Tubthumping (Original Video) - YouTube

11 Kommentare:

  1. "Who the fuck" ist Franz Kafka 🤔

    und Andreas Bonetti 🤷‍♀️

    Die "13" kenn ich aber 😉 ⚓ 🌊 😁

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "Jim Knopf und die wilde 13" 🚂💨

      Löschen
    2. Immerhin ist das verflixte 13. Jahr jetzt um und das 14. beginnt.

      Löschen
  2. 13 Jahre im Rausch ...6. Januar 2022 um 14:18

    ... entwickelte sich Kiezschreiber-Blogspott zum Zentralorgan der anonymen Alkoholiker.

    AntwortenLöschen
  3. Sowas Klares habe ich von Kafka bisher noch nicht lesen können. :D

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Da bisher niemand die Lösung gefunden hat: "Der große Schwimmer" von 1920.

      Löschen
    2. Im Oktober 1920 schrieb Kafka folgende Notiz: „Ich kann schwimmen wie die andern, nur habe ich ein besseres Gedächtnis als die andern, ich habe das einstige Nicht-schwimmen-können nicht vergessen. Da ich es aber nicht vergessen habe, hilft mir das Schwimmen-können nichts und ich kann doch nicht schwimmen. “

      Löschen
  4. Das ist Borges,es kann nur Borges sein.
    "Der blinde Schreiber" 1940

    AntwortenLöschen
  5. Kafka, ein Büttel des Kapitals. Lesen Sie Lenin, ausschließlich Lenin!
    Dann gratuliere ich mal artig. Gratuliere!

    cheers

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke. Aber Lenin hat doch keinen einzigen Roman geschrieben. Oder kommt da noch was? "Was tun, Miss Marple?" zum Beispiel.

      Löschen