Sonntag, 10. Januar 2016

Das große Bild

„Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel)
Treten wir für einen Augenblick von „Köln“ als Chiffre für den massenhaften Übergriff auf deutsche Frauen in der Silvesternacht zurück und betrachten wir dieses Puzzlestück als Teil des großen Bildes.
Der 11. September 2001 war bekanntlich das Pearl Harbour des 21. Jahrhunderts. Nach den Terroranschlägen von New York und Washington begann der „War on Terror“ der USA und ihrer Verbündeten. Deutschland war von Anfang an mehr (Afghanistan 2002ff.) oder weniger (Irak 2003ff.) beteiligt. Aktuell ist die Bundesrepublik in Mali, in Afghanistan, in Syrien und im Irak im Kriegseinsatz. Auch wenn deutsche Politiker diese Kriege als „bewaffnete Konflikte“ verharmlosen und darauf hinweisen, es seien ja schließlich nur wenige Kampfbomber, die auch nur ein paar Fotos für die Verbündeten machen würden, ein paar Ausbilder für die kurdischen Peschmerga-Milizen, die eine oder andere Waffenlieferung an treue Verbündete wie Saudi-Arabien (ein Staat, der – nebenbei bemerkt – Terrororganisationen weltweit unterstützt, den Kern der Attentäter des 11. September gestellt hat und eine fundamentalistische Diktatur ist, in der Frauen wie Vieh behandelt werden und Homosexualität mit dem Tod bestraft wird).
Die Deutschen erinnern mich in ihrer gnadenlosen Naivität an die Hobbits aus dem Auenland. Sie haben immer noch nicht begriffen, dass sie seit Dezember offiziell Kriegspartei im syrischen Bürgerkrieg sind. Und die anderen Bürgerkriegsparteien haben ihre Sympathisanten und Kombattanten auch in Deutschland. Während wir noch auf verbale Beruhigungsmittel wie „bewaffneter Konlfikt“ und diplomatische Fingerübungen hereinfallen (so wie Amerikaner z.B. auf „enhanced interrogation techniques“, wie die Folterknechte der CIA ihre Methoden nennen), sind wir längst mitten im Kampfgebiet. Jeder von uns. Und der Gegner benutzt selbstverständlich alle Mittel der asymmetrischen Kriegsführung wie Terroranschläge, gezielte Falschmeldungen (z.B. die angeblich geplanten Anschläge von Hannover und München) oder eben Aktionen wie am Silvesterabend in Köln und andernorts. Das gezielte Demütigen und Schänden der Frauen und Töchter des Feindes gehört seit der Antike zu den Mitteln des Krieges (z.B. die Massenvergewaltigungen durch russische Truppen nach dem Ende des 2. Weltkriegs).
Sehen wir der Sache ins Auge: Die Republik ist im Krieg. Und wenn irgendjemand in diesem Land vom Krieg profitiert, ist es nicht nur die Rüstungsindustrie, sondern in erster Linie konservative und rechtsextreme Kreise innerhalb des politischen Systems. Wir haben einen äußeren Feind unserer Sicherheit und einen inneren Feind unserer Freiheit. Zur Komplexität moderner Kriegsführung gehört es, dass der äußere Feind auch im Inneren zuschlägt und der innere Feind in fernen Ländern. Ich hatte in meinen Beiträgen am Silvesterabend und am Neujahrsmorgen schon darauf hingewiesen – da wusste ich noch gar nichts von einem neuen Puzzlestein namens Köln.
http://kiezschreiber.blogspot.de/2014/12/zeig-mir-dein-gesicht.html
http://kiezschreiber.blogspot.de/2015/12/die-physik-der-despotie.html
http://kiezschreiber.blogspot.de/2016/01/munchen.html

6 Kommentare:

  1. Zurück zum Narrativ des Konfliktes zwischen Überresten von Nationen und Kulturkreisen statt des Konfliktes zwischen sozialen Schichten?!

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    1. Ich kenne keine Parteien mehr, wenn der Kaiser zu den Waffen ruft.

      „Die Dividenden steigen und die Proletarier fallen.“ (Rosa Luxemburg)

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    2. Apropos, frohen LL-Tag!

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    3. Und hoffentlich schaffe ich noch lange den Roboter-Test :o)))

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  2. So was von wahr. Warum merkt das fast niemand? Warum ist das der Mehrheit dieses Volkes so vollkommen egal?

    Weil sie es innerlich und mehr und mehr nach außen hin zu zeigen beginnen: Sie begrüßen diesen Wahnsinn, weil Historie eben nur unzureichend in der Schule statt fand und FB, Twitter, Prsee, TV die Blödheit fördert und begünstigt.

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