Samstag, 8. Mai 2021

Das Haus in der Steingasse 2


Er war überraschend klein und uralt. Auf seinem Kopf hatte er mehr Altersflecken als Haare und sein Gesicht sah so runzelig aus, als hätte man aus einem Kinderballon die Luft rausgelassen. In seinen dürren, knotigen Fingern hielt er ein vergilbtes Buch.

Er sah zu mir auf und lächelte. „Ich habe gar keinen Besuch erwartet.“

„Ich … ich wollte nicht … Sie nicht stören“, stotterte ich.

„Aber nein, junger Mann. Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Leisten Sie mir doch bitte beim Abendessen Gesellschaft.“

Dann nahm er ein Glöckchen und klingelte.

Nach einer Weile kam ein gebeugtes Männlein durch die Tür, das womöglich noch älter war als mein Gastgeber. Seine Livree mag einmal blau gewesen sein, jetzt war sie hellgrau und voller Löcher. Die Silberknöpfe waren schwarz angelaufen. Er trug eine Suppenschüssel in beiden Händen.

Im hinteren Teil der Bibliothek standen ein Tisch und zwei Stühle. Der Diener brachte Bestecke und Stoffservietten. Wir setzten uns.

„Mein Name ist Johann Winkler. Ich bin passionierter Historiker und kann ich eine Menge über unsere Stadt erzählen, wenn Sie möchten.“

Ich stellte mich ebenfalls vor und erzählte ihm, dass ich Sachbücher über historische Themen schreibe, was ihn offensichtlich erfreute. Die Leberknödelsuppe war vorzüglich.

Wir waren bereits in einem regen Gespräch über Katharina die Große und die Preußenkönige, als der Diener einen prächtigen Fasan, der mit den eigenen Schwanzfedern geschmückt war, auf den Tisch stellte. Bedächtig tranchierte er den Vogel und legte mir eine Keule auf den Teller. Als Beilagen wurde geröstete Maronen und Rotkraut serviert. Dazu tranken wir eine Flasche ungarischen Tokajer. Den Abschluss bildeten eine Lerchenpastete und Nonnenfürzle, ein süßes Schmalzgebäck.

Ich war begeistert. Herr Winkler war ein fachkundiger Experte für das achtzehnte Jahrhundert. Er kannte so viele Details, auch zum Alltag der Menschen, dass ich zu der Überzeugung kam, etwas über diese Zeit zu schreiben. Wir verabschiedeten uns und ich versprach, ihn am folgenden Abend wieder zu besuchen und mein Notebook mitzubringen. Sein Diener gab mir für den Heimweg eine brennende Kerze in einem Kerzenhalter als Bronze mit und so begab ich mich auf den Rückweg.

Der Diener zeigte mir die Kellertreppe und ich ging durch die geöffnete Tür in meinen Keller zurück. Dann stieg ich durch die Falltür nach oben, verschloss sie wieder und begab mich in mein Schlafzimmer, weil mich das gute Essen, der Wein und das lange Gespräch müde gemacht hatten.

Ich stellte die Kerze auf den Nachtisch und begann mich auszuziehen, als ich plötzlich ein Geräusch hörte. Ich drehte mich um.

„Na, wenn haben wir denn da“, sagte sie mit verführerischer Stimme.

Eine Frau lag in meinem Bett und hatte die Decke zurückgeschlagen, so dass ich ihren nackten Körper sehen konnte. Eine steinalte Frau, es musste die Gattin meines Nachbarn sein. Sie trug eine hohe Perücke und war geradezu grotesk geschminkt.

„Du hast die Kellertür offen gelassen und da bin ich einfach in dein Bettchen geschlüpft, Süßer.“

Eine Minute später stand ich zitternd und in Unterhosen vor dem Bärenwirt und verlangte mein altes Zimmer zurück.

 

4 Kommentare:

  1. Da haste DIR jetzt aber keinen Gefallen getan ;))) *LOL*

    E N D E

    ... oder

    kommt da noch etwa ... WAS ?!? *augenroll*

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  2. Die Nonnenfürzle sind ein Stilbruch nach dem passenden Fasan und seinen Beilagen. Der Furz bei Tisch hat alles kaputt gemacht. Vanilleeis hätte genügt.

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  3. Cliffhanger versemmelt.
    (Hätte nach “Ich drehte mich um.“ hingepasst.)

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  4. An Einzelheiten sich aufzuhalten, bringt nichts.
    Schwach. Zu schwach. Wells, Sie sind gefeuert.

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