Samstag, 27. Februar 2021

Das Meer gibt keinen von uns zurück

 Blogstuff 565

„Einer alten Legende zufolge nehmen wir, wenn wir sterben, den Traum mit uns, der zuletzt in unserem Herzen war. Und in diesem Traum leben wir dann in alle Ewigkeit.“ (Ben Hecht: 1001 Nachmittage in New York)

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Demokratie den Klassengegensatz sozialstaatlich befriedet. Durch den Ausbau des Arbeitslosgengeldes, der Sozialhilfe, der Rente, der Krankenkassen, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall usw. wurde das Bewusstsein, zur Arbeiterklasse zu gehören, ausgelöscht. Jeder hatte Kündigungsschutz, bekam bezahlten Urlaub und war krankenversichert. Nach dem Ende des Kommunismus in Europa 1990 drehten sich die Vorzeichen um, die Kapitalfraktion ging in die Offensive. Wieder wurde durch die gewählten Regierungen der Klassengegensatz befriedet. Aber diesmal durch Abbau des Sozialstaats, Senkung von Spitzensteuersätzen, Privatisierung von Volkseigentum (Energieversorgung, Telekommunikation, Post, Wohnungen usw.) und die Sozialisierung von Verlusten im Krisenfall (Bankenkrise, Pandemie).

Unsere Sprache ist nicht nur schön und wohlklingend, sondern auch äußerst elegant: Planfeststellungsverfahren, Doppelhaushälfte, Übergangsjacke, Hab-Seligkeit, Warentrenner, Bäckereifachverkäuferin, Pflanzenschutzanwendungsverordnung, Umschaltspiel, Zufriedenheitsgarantie, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Herrenausstatter. Und natürlich Personenvereinzelungsanlage für Drehkreuz.

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien wie Internet und Smartphone, von deren sozialem Organisationspotential die erste Generation von Nutzern einst geschwärmt hat, hat sein Vereinzelungspotential gezeigt. Je häufiger und je länger man die Meinungsmoleküle auf Twitter oder die egozentrischen Bildstrecken auf Instagram konsumiert, desto einsamer wird man.

„Also, auf den Schwanthaler Rudi lass ich nix kommen. Der ist schon in Ordnung und wenn er am Samstagabend im Wirtshaus seine Gedichte vorliest, ist immer eine Mordsgaudi. So manche Grantler im Dorf nennen ihn einen pummeligen Faulpelz oder einen mopsgesichtigen Nichtsnutz, aber der Rudi ist für mich ein Pfundskerl. Oft sind seine Sachen erst eine Stunde alt. Er hat sie auf Bierdeckel oder die Rückseite eines Kassenbons geschrieben, auf Zeitungsränder oder kleine Notizzettel, die er aus seinen Jacken- und Hosentaschen zieht. Eins hab ich noch irgendwo, sagt er dann immer, und die Leute lachen, weil sie wissen, dass er immer noch ein paar Reime auf Lager hat. So ist er halt, der Schwanthaler Rudi.“

Jan Böhmermanns investigativer Journalismus hat mit einer Quote von 18,6 Prozent (19. Februar) mit der Heute-Show gleichgezogen. Das öde Magazin „aspekte“, das er von seinem Sendeplatz verdrängt hat, kam noch nicht einmal auf ein Drittel der Zuschauer von „ZDF Magazin Royale“.

Menüvorschlag der Woche: Oktopusgröstl an Kastanienrisotto in Salbeisugo.

1945 HITS ARCHIVE: Who Threw The Whiskey In The Well? - Lucky Millinder (Wynonie Harris, vocal) - YouTube

7 Kommentare:

  1. Schwanthaler, war das nicht der Rausschmeißer bei Kehraus? :-)

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  2. "Warentrenner", das sind die kleinen Latten im Toblerone-, und Kantholzformat. Der Kunde legt sie hinter seinen Haufen aufs Laufband, damit die Kassierin nicht fragen muss:"Ist das noch von Ihnen?"

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    1. Richtig. In Texas benutzt man übrigens seinen Revolver als Warentrenner.

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    2. Das haben die Texaner aus Moby Dick. Queequeg hat immer seine Harpune auf den Einkauf gelegt.

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  3. Nach dem Ende des Kommunismus in Europa 1990 drehten sich die Vorzeichen um, die Kapitalfraktion ging in die Offensive.
    Da es hier noch nicht mal eine zeitliche Korrelation gibt, ist es sehr schlecht begründet, hier von einer Kausalität zu sprechen.
    Der neoliberale Umbau begann ja schon Anfang der 70er und insbesondere in den USA, GB und der BRD Anfang der 80er.
    Man könnte höchstens argumentieren, dass mit dem Wegfall der Ostblock- und blockfreien Staaten, dem Proletariat die Möglichkeit abhanden kam, seine Arbeitskraft zu besseren Bedingungen in diesen Staaten zu verkaufen.

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  4. Jan Böhmermanns investigativer Journalismus hat mit einer Quote von 18,6 Prozent (19. Februar) mit der Heute-Show gleichgezogen. Das öde Magazin „aspekte“, das er von seinem Sendeplatz verdrängt hat, kam noch nicht einmal auf ein Drittel der Zuschauer von „ZDF Magazin Royale“.
    Ich habe mir danach trotzdem angesehen, was es tolles Neues bei BibisBeautyPalace gab.
    Ich lasse mir doch von so einem Wehrkraftzersetzer nicht meine schöne bunte Warenwelt kaputt machen!

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