Dienstag, 12. Januar 2021

Die Inflation der Reichen

 

Erinnert sich noch jemand an den Monetarismus? Eine neoliberale Theorie des vergangenen Jahrhunderts. Sie besagt, dass die Inflation steigt, wenn die Geldmenge erhöht wird. Seit Beginn der Bankenkrise 2008 (#Lehman Brothers) hat allein die EZB die Geldmenge um vier Billionen Euro erhöht. Aber es gab zu meinen Lebzeiten noch nie so geringe Teuerungsraten wie von 2008 bis heute.

Wo ist das ganze Geld eigentlich geblieben? Wäre es gleichmäßig auf die Bevölkerung verteilt worden, hätten die Leute sicher mehr Geld ausgegeben. Sie hätten sich teure Klamotten, bessere Lebensmittel, schönere Reisen, schnellere Autos oder anderes von dem Geld gekauft. Vermutlich hätten sie auch einen Teil gespart. Aber es hätte sicherlich eine höhere Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen gegeben. Auf dem Gütermarkt ist das Geld also nicht angekommen, sonst hätten wir eine Güterpreisinflation.

Wo ist es dann? Wir müssen uns nur anschauen, wo die Preise stark gestiegen sind, wo wir also Inflation beobachten können. Der DAX hat einen neuen Höchststand erreicht. Mitten in einer Wirtschaftskrise. Merkwürdig, oder? Außerdem steigen die Immobilienpreise seit der Bankenkrise unaufhörlich an – selbst während einer Pandemie. Wir haben es also mit einer Vermögenspreisinflation zu tun. Und diese Inflation ist sehr gut. Zumindest, wenn Sie zu den wohlhabenden Bürgern dieses Landes gehören.

Wer ein Aktiendepot besitzt, darf sich über eine Verdoppelung seines Vermögens in zehn Jahren freuen. Ein Freund, der eine Immobilie in Bingen am Rhein besitzt, darf sich über die Verdreifachung ihres Wertes im selben Zeitraum freuen. Betongold ist zum erfolgreichsten Asset des 21. Jahrhunderts geworden. Ich habe ja neulich einmal vorgerechnet, wie der Marktwert meiner Wohnung in Berlin gestiegen ist. Obwohl ich keinen Cent investiert habe und ich immer noch dieselben Möbel und dieselbe Kücheneinrichtung wie bei meinem Einzug 1992 habe.

Vereinfacht ausgedrückt: Wer Aktien und Geld besessen hat und noch besitzt, gehört zu den Nutznießern der vier Billionen von der EZB. Alle anderen – und das sind etwa neunzig Prozent der Bevölkerung - sind leer ausgegangen. Die Vermögenspreisinflation hat also die Reichen reicher gemacht. Durch die ausgebliebene Güterpreisinflation sind die Armen aber wenigstens nicht ärmer geworden. Ein schwacher Trost. Der untere Teil der Schere zwischen Arm und Reich hat sich nicht bewegt, der obereTeil bewegt sich weiterhin vom unteren Teil weg, um das alte Bild noch einmal zu bemühen.

Welcher Kapitalist befasst sich noch mit steigenden oder fallenden Profitraten wie die traurigen Altmarxisten? Sein Geld vermehrt sich von allein. Wie durch Zauberhand, denn es ist den Reichen ja nicht einfach von der EZB aufs Konto überwiesen worden. Alles ganz legal. Von Seiten der Arbeitnehmer droht auch keine Gefahr durch Lohnforderungen, denn die globalisierte Welt ist voller billiger Arbeitskräfte. Die Regierung und die EU sorgen mit der Ausweitung der Geldmenge und der Nullzinspolitik auch in Zukunft dafür, dass es der Eilte nicht nur gut, sondern immer besser geht. Da können Sie bei der Bundestagswahl am 26. September wählen, wen Sie wollen.

7 Kommentare:

  1. Die Regierung und die EU sorgen mit der Ausweitung der Geldmenge und der Nullzinspolitik auch in Zukunft dafür, dass es der Eilte nicht nur gut, sondern immer besser geht.

    Glauben Sie, wenn der Leitzins erhöht würde, dass es dann 'der Elite' schlechter gehen würde?

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    1. Der Elite wird es immer gut gehen. Bei der Höhe der Staatsschulden - auch durch Corona - würden Zinsen wie vor 2008 die Staatsfinanzen kollabieren lassen, also wird es keine Leitzinserhöhung geben. Und da festverzinsliche Staatsanleihen als Asset ausfallen, fließt zur Freude der Unternehmer viel Geld in Aktien. So tragen auch Kleinsparer zur DAX-Rallye bei ;o)

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  2. Ein Gutes hat die Inflation doch. Wir sind vielleicht ärmer als früher, aber unsere Kinder sind robuster.
    Wenn man vor dreißig Jahren für dreißig Mark Lebensmittel einkaufte, hatten zwei Personen daran zu tragen. Heute schafft das mühelos ein Sechsjähriger.

    Unbekannt

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  3. Das letzte Hemd hat keine Taschen.

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  4. Und wie reich unsere Armen dann auch noch im Vergleich zu, sagen wir, 75% der Restweltbevölkerung sind !
    Händie, TV, mancher ein Auto, Wohnung, wenn auch klein und abgeranzt, trotzdem mit fließendem Wasser, sogar warmes Wasser, WC, einigermaßen funktionierende Schulen, im Vergleich zur Restwelt herausragende Krankenversorgung, rel. sichere Umgebung, man wird nicht auf offener Straße wegen einer Armbanduhr erschossen, gute Arbeitssicherheit, also rel. wenig Arbeitsunfälle und so, und genug "zu fressen".
    Wenn ich mir manche Leute anschaue denke ich, mal weniger Geld für Zucker und/oder Fett ausgeben und dafür eine anständige Hose. ( Lagerfeld und die Jogginghose...)
    Ja ich weiß........................

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    1. Hä ??
      Mal die Welt bereisen.
      Dabei nicht nur im Hotelresort am Pool rumhängen.
      Da guggschdu.

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