Sonntag, 27. Mai 2018
Die Firma Blunzinger
„Ich habe meinen Betrieb inzwischen völlig auf Ukrainer umgestellt. Der Wettbewerb ist ja gnadenlos geworden. Da konnte ich mir gar keine Polen mehr leisten. Natürlich sind jetzt auch viele Syrer auf dem Markt, aber wir verarbeiten halt hauptsächlich Schweinefleisch. Da ist der Syrer generell schwierig. Wegen der Religion. Außerdem gibt’s natürlich immer eine gewisse Seuchengefahr. Wenn ich hier einen Mitarbeiter habe, der mir eine Seuche, einen Virus oder sonst was einschleppt, da kann ich dichtmachen. Aber der Ukrainer – einwandfrei. Den lasse ich einmal desinfizieren, wenn er hier ankommt, und das war’s. Fleißig sind sie auch. Das ist zum Beispiel der Herr Iwanow.“ Anton Blunzinger zeigt auf einen jungen Mann. Der Mann hört auf, eine Schweinehälfte zu zerlegen, und sieht den Chef an. „Du schön weiterarbeiten, gell? Schön arbeiten. Die Ukrainer, die wir hier haben, sind jung und gesund. Da kann man nicht meckern. Ich zahle ihnen den Mindestlohn. Selbstverständlich. Man ist ja kein Unmensch. Diese Leute sind mit wenig zufrieden. Sie sind es ja auch von Zuhause nicht anders gewohnt. Gewerkschaften kennen die gar nicht. Von der Seite habe ich nichts zu befürchten. Untergebracht sind sie in Containern hier auf dem Schlachthof. Einfach, aber sauber. Es ist natürlich nicht das Waldorf Astoria, hahaha. Verstehen Sie? Es ist keine Luxusunterkunft. Aber den Ukrainern gefällt es gut bei uns. In der Mittagspause werden sie in der Kantine verpflegt. Schnitzel, Würste, Schweinebraten. Es ist ja genug da, hahaha. Veganer haben wir hier keine, das können Sie mir glauben. Für Unterkunft und Verpflegung ziehen wir den Beschäftigten eine Pauschale von 700 Euro im Monat ab. Wir haben auf dem Betriebsgelände auch einen Laden, da können die Mitarbeiter alles kaufen, was sie brauchen, Brot und Bier und Zigaretten. Selbst Obst gibt es da. Sie brauchen das Werksgelände also praktisch gar nicht verlassen. Um zehn Uhr abends wird sowieso zugesperrt und von unserem Gewerbegebiet bis in die Stadt ist es sehr weit. Da geht praktisch keiner hin. Da gibt es also auch keinen Ärger mit der Bevölkerung wegen der vielen Ausländer bei uns. Ich kann Ihnen sagen, seit wir auf Ukrainer umgestellt haben, können wir unsere Wurstwaren zehn Prozent günstiger anbieten als die Konkurrenz. Der Umsatz steigt, der Gewinn auch. Und falls die anderen Fabriken nachziehen, dann stellen wir auf Vietnamesen um. Das ist gar kein Problem.“