„Truth is stranger than fiction; fiction has to make sense.“ (Leo Rosten)
Die Woche fängt ja gut an. Montagmorgen, acht Uhr. Ich werde beim Arzt verkabelt, bekomme eine Manschette angelegt und ein piepsendes Kästchen an den Gürtel gebastelt. 24 Stunden wird mein Blutdruck gemessen. Ich stehe mit nacktem Oberkörper im Behandlungszimmer, drei Arzthelferinnen wuseln im mich herum und ich komme mir vor wie bei Baywatch. Allerdings sehe ich nicht wie der junge David Hasselhoff aus, sondern wie der fröhliche Hinkelsteinverkäufer in den Asterix-Heften. Herkules? Genau. Es sieht wie Herkules aus.
Ab jetzt wird sich alle fünfzehn Minuten die Manschette um meinen linken Oberarm zuziehen, als hätte mich ein Berliner Rausschmeißer gepackt. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie ich die Nacht überstehen soll. Auf dem Weg nach Hause piepst es zum ersten Mal und mein Arm wird gewürgt wie von einer Boa constrictor. Die Arzthelferin hat mir gesagt, ich solle den Tag so verleben wie immer. Aber wenn ich dieses Messgerät für den Rest meines Lebens an mir hätte, würde ich es im Halsbereich tragen.
Gut. Der erste Termin eines ganz normalen Tages als Schriftsteller ist das Matratzen Outlet Center von Edgar Fiesemann im Gewerbegebiet von Bad Kreuznach. Heute ist großer Aktionstag, Dutzende von Kunden begrüßen mich mit einem lauwarmen Applaus. „Seid Ihr alle gut drauf?“ rufe ich in die Menge. Als erste Nummer bringe ich „Fiesta Mexicana“, wobei ich Hossa im Wechselgesang mit dem Publikum singe. Das kommt immer an. Als es dann Würstchen mit Kartoffelsalat gibt, schleicht sich sogar etwas wie Zufriedenheit in die gleichgültigen Gesichter.
Danach lese ich aus meinem neuen Werk "Wattenscheid nach der Revolte“. Die ersten Kunden gehen. Der Rest ist irritiert durch das Piepsen und Brummen des Blutdruckmessgeräts und meinen linken Oberarm, der sich regelmäßig hulkartig aufpumpt. Misstrauisch blicken mich Edgar Fiesemann und seine Kunden an. In Zeiten des Terrorismus bist du schneller verdächtig als du denkst. Ich versuche, die Situation aufzulockern, indem ich improvisiere und eine Story erfinde. Ich wäre ein Cyborg und hätte Kontakt zu anderen Sternen. Die Technik an meinem Gürtel und an meinem Oberarm hätte ich von dem Terminator, der mich beschützt, seit ich zehn Jahre alt bin. Ein Kind fängt an zu weinen und wird von seiner entrüsteten Mutter nach draußen gezerrt.
Die fünfzig Euro Honorar investiere ich in ein Mittagessen auf der Autobahnraststätte Waldlaubersheim. Ein Hund kläfft mich an, als das Messgerät piepst und sich die Manschette brummend aufpumpt.
„Ist das eine elektronische Fußfessel?“ fragt mich die Hundehalterin am Nebentisch.
„Nein, ich … äh … mein Blutdruck.“
„Ist es was Ansteckendes?“
Zu Hause checke ich meine Mails. Erwartungsgemäß ist die Ablehnung von der ARD gekommen. Ich hatte dem Sender einen sensationellen Werbespruch angeboten, der mir gestern auf dem Weg zum Golfplatz eingefallen war: „Carolin Kebekus – Lachen bis zum Dammriss“. Vielleicht probiere ich es mal bei RTL: „Mario Barth – Lachen bis zum Dammriss.“ Das ist doch auch eher das Niveau, das in Köln gesucht wird.
Nachmittags haue ich schnell ein paar Zeilen für mein Blog zusammen. An die Arbeit an meiner Autobiographie ist ja gar nicht zu denken. Alle fünfzehn Minuten wirst du aus dem Takt gebracht. Es ist gerade mal 15 Uhr. Noch siebzehn Stunden mit dem Teil! Und nachher ein Interview mit einer Schülerzeitung in Stromberg. Ich kann mir schon denken, was diese Spasemacken der Generation Wisch & Weg wieder fragen werden. Hätten Sie es je erwartet, dass Sie mal als Schriftsteller enden? Oder: Was macht man in diesem Beruf eigentlich den ganzen Tag? Und natürlich: Wie verdienen Sie Geld?
Selbstverständlich werde ich den Rotzgören nichts von meiner Multimillionendollaridee erzählen, an der ich gerade arbeite. Für Endemol habe ich das Projekt „Miss Obdachlos“ entwickelt, das im Vorweihnachtsprogramm laufen soll. Die Siegerin bekommt einen Job beim geplanten Sponsor McDonalds und einen Mietvertrag für ein Appartement in Offenbach.
Extrabreit - Und der Führer schenkt den Klonen eine Stadt. https://www.youtube.com/watch?v=zyd2_sDA0EM
Lachen bis zum Dammriss... ich denke, dass die ARD den ironischen Unterton, aus dem Text alleine, nicht wahrgenommen hat. Ich finde es unglaublich pointiert.
AntwortenLöschenWeniger fressen und saufen.
AntwortenLöschenMehr Bewegung.
Alles total uncool.
Verrecken ist schlimmer.
By the way, einen Alkenzug habe ich vor kurzem auch gemacht.
AntwortenLöschenNach einer Franken Bierwanderung. Im Schnitt 3 unterschiedliche Biere am Tag. Geht dort ja locker auch zu Fuß. Zuhause ging dann nix mehr, keinen Bock mehr auf Bier. Es war einfach genug.
Also einfach mal aufgehört, keinen Schluck mehr. Ging dann schnell, nach einem 1/2 Tag erst mal Schüttelfrost.
Die nächsten Tage Kopfweh und Gier auf frisch gepresste Fruchtsäfte und rohes Gemüse. Nach 10 Tagen war es wieder gut. Hab dann erst mal ein Bier getrunken. Und dann wieder 4 Tage keines.
Halte diesen Rhythmus jetzt mehr oder weniger.
Einfach weniger Tage mit als ohne.
Das ist auch mein Plan. Fleischkonsum ist bei Gicht auch schlecht, zum Glück esse ich keine Innereien. Die alte Geschichte: gesünder leben. Die Details kennen wir alle - es ist halt eine Frage der Disziplin ...
LöschenBitte halten Sie uns mit Werten und Diagnosen auf dem neusten Stand. Ihr Bergdoktor Gruber, Prof.Klaus Brinkmann, Notrufe immer gerne an die Hafenkante!
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