Die Straßenlaternen gingen an
und sofort versammelten sich unter ihre Motten und Fliegen, als wäre hier eine
Disco. Ganz unten im Licht dieser kleinen Bühne stand ein junger Mann, der sich
gerade eine Zigarette anzündete.
Die Hälfte der Geschäfte in der
Fußgängerzone standen leer, dazwischen waren dystopische Betonkübel mit
abgestorbenen Sträuchern. Aber er war in diese Stadt gekommen, weil er eine
gute Idee hatte. Am nächsten Tag würde er seinen Geschäftspartner in einem Café
in der Kantstraße treffen.
Zehn Minuten später hatte er das
„Haus Europa“ erreicht. Es war eins dieser schäbigen Hotels, in denen du an der
Rezeption gefragt wirst, ob du mit deiner Nutte eine oder zwei Stunden bleiben
würdest. Er legte sich aufs Bett seines Einzelzimmers mit Blick auf den
Hinterhof und packte seine Wurststulle aus.
Seine Geschäftsidee war genial.
Das Geld für die Umsetzung hatte er sich in einer Nacht verdient. Mit einem
gefälschten Ausweis bekam er einen Job als Mitarbeiter im Parkservice der
Berlinale. Aber er fuhr die Autos nicht auf den Parkplatz, sondern auf einen
Anhänger um die Ecke. Einen Ferrari, einen Bugatti und einen Maybach. Das war
sein Startkapital.
Der Mann, den er am Vormittag
traf, trug einen Anzug von der Stange, ein Hemd, das schon bessere Tage gesehen
hatte, und eine bunte Krawatte aus den Achtzigern. Er war um die sechzig Jahre
alt. Er hatte das zu verkaufen, was der junge Mann wollte: zwanzig leere
Wohncontainer am Stadtrand. Er kaufte an diesem Tag die Container für 120.000 und
mietete das Grundstück für zehn Jahre. Sie besiegelten das Geschäft per
Handschlag, am nächsten Tag sollte der Vertrag unterschrieben werden.
Seine Geschäftsidee war einfach,
aber genial. Er profitierte zugleich von Dobrindts Erfolgen bei seiner
Flüchtlingspolitik und von der Wohnungsnot in Berlin. In den Containern hatten
vorher hauptsächlich Syrer, Afghanen und Sudanesen gelebt. Er wollte nur
deutsche Mieter mit gutem Leumund und festem Einkommen als Mieter nehmen, da
gab es keinen Ärger, keine Demonstrationen oder Abschiebungen. 500 Euro
Kaltmiete pro Container, das machte 10.000 Euro im Monat.
Im ersten Monat war noch alles
ruhig, aber dann ging es los. In der Nacht nach dem DFB-Pokalspiel zwischen dem
VfB Stuttgart und Dynamo Dresden gingen der Schwabe aus Nr. 3 und der Sachse aus
Nr. 17 mit Messern und Knüppeln aufeinander los, die Polizei musste kommen.
Der Autoverkäufer aus Nr. 8 entpuppte
sich als Fentanyl-Junkie, der alle anderen Mieter anbettelte. Der Alkoholiker aus
Nr. 13 hat ihn irgendwann zusammengeschlagen. Der bayrische BWL-Student aus der
Nr. 6 provozierte ständig das Berliner Lesbenpaar aus der Nr. 20.
Im Nachhinein wurde dem
Vermieter auch klar, dass es keine gute Idee war, zwei Jungs von der Antifa,
die an der Uni Gras verkauften, und ein AfD-Mitglied in benachbarte Container
zu setzen. Wäre er doch in Paderborn geblieben.
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