Freitag, 4. September 2020

Wenn Diskussionen sinnlos werden


Auf Facebook diskutiere ich mit einer alten Schulkameradin, die bis zur zehnten in meiner Klasse war. Unvergessen, wie sie breitbeinig vor mir im Klassenzimmer steht, sich im Schritt kratzt und durch den Saal blökt: „Meine Möse juckt“. Dann Ehrenrunde, Abitur trotzdem nicht geschafft. Hilft seither im Kleinstbetrieb ihres Vaters aus (die beiden werden von einer Angestellten unterstützt), steht auf Esoterik, ist längst geschieden. Im Internet hat sie einen IQ von 141, wie sie selbstbewusst in einem Opener zum Thema Corona schreibt. Ich frage lieber nicht, in welcher Frauenzeitschrift der IQ-Test gewesen ist.

Sie schreibt, dass „Menschen nun mal manchmal krank werden oder auch sterben an allen möglichen Ursachen". Wenn ich sowas lese, weiß ich gar nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Wegen Alkoholismus oder Nikotinsucht gäbe es doch auch keinen Lockdown, warum wegen Corona? Ich antworte, dass kein Lockdown notwendig wäre, weil Alkoholismus nicht ansteckend ist. Sie hat auch den Zusammenhang zwischen Hygienemaßnahmen und Fallzahlen bis heute nicht begriffen. Warum gibt es Maßnahmen, obwohl die Fallzahlen so gering sind? Dann kommen wir zu ihrem Hero: Warum Bodo Schiffmann keine Fernsehinterviews bekäme? Seine Meinung würde unterdrückt. Antwort: Weil er ein HNO-Arzt ist und kein Virologe oder Epidemiologe. Sie gibt zu bedenken, ich sei auch kein Virologe und hat natürlich vollkommen recht. Deswegen bekomme ich zum Thema Corona ebenfalls keine Einladung von Maischberger oder Plasberg.

Sie setzt hinter jeden Satz ein Ausrufezeichen, aber immerhin nur eins. Insgesamt sind es 141. Ich gebe auf.

P.S.: Nebenberuflich bietet sie Yoga-Kurse und Thai-Massagen an. Ihr spiritueller Name ist Sarasvati, sie hat ihn von ihrem Guru erhalten.

Die Sterne - Swinging Safari. https://www.youtube.com/watch?v=TGJkScgiEIU

 

9 Kommentare:

  1. Die Corona-Leugner erinnern mich an die Leute, die früher mit dem Plakat "Das Ende ist nahe" in der Fußgängerzone standen. Allerdings waren die Untergangsspinner nicht so aggressiv.

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    1. Die Katze aus dem Sack4. September 2020 um 18:41

      Nur mit dem Unterschied, dass diese Corona-Leugner schon vorher das wussten, was jeder auf den Seiten der WHO nun nachlesen kann: "Die meisten Menschen, die an COVID-19 erkranken, haben leichte bis mittelschwere Symptome und werden wieder gesund, ohne dass sie eine besondere ärztliche Behandlung benötigen." Sind vermutlich alles praktizierende blinde Hühner, die zufällig ein Korn gefunden haben wollen. Wie der Wodarg, schon 2009.

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    2. Die meisten, Katze, aber nicht alle. Bald haben wir die erste Million Tote weltweit erreicht, ein Ende ist nicht abzusehen - obwohl alle Regierungen der Welt Maßnahmen verhängt haben, teilweise wesentlich drastischer als die Bundesregierung. Wie viele Millionen Tote hätte es gegeben, wenn keine Maßnahmen ergriffen worden wären, wie es die Corona-Leugner gefordert haben?

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    3. Die Katze aus dem Sack4. September 2020 um 20:37

      Ich zähle bei diesem Szenario nicht mit. Ich hoffe eigentlich nur, dass diese bisherigen Schutzmassnahmen zur Eindämmung eines unbekannten Erregers nicht zum allgemeinen Standard erklärt werden. Vor allem wenn es nicht Ziel sein kann den Erreger einzudämmen, sondern Ziel sein muss ihn von Menschen fern zu halten, für die der Winzling das jähe Ende bedeutet. Over and out.

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    4. Ja, ihr Coronaleugner zählt die Toten nicht. Im Irakkrieg 2003 sind weniger Zivilisten gestorben als jetzt durch Corona. Damals habt ihr euch noch für Menschenleben interessiert. Armselig.

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  2. Harry Hare Krischners haarige Mösengedichte4. September 2020 um 16:38

    ⋙ Ode an die heroische Coviotin oder jungfräuliche Brüste, die alle Laster kennen und sich sehnen, neue zu erfinden. ⋘

    Drei Stunden war sie nun schon in Quarantäne.
    War sie nun schon zu Hause geblieben, in ihrer alten Heimat:
    Klein-Bloggersdorf.

    Wußte wohl, daß sie krank war, verteufelt krank war.
    Die Nerven, irgendwie —
    Aber sie wußte auch, was sie heilen mochte.
    Oder eigentlich: nicht heilen. Wohl aber : krank machen.
    Denn krank war für sie gesund.
    Und gesund war sie in der alten Heimat.
    Leider.

    Also krank.

    Das vertrug sie nicht
    Sie mußte krank sein, sonst war sie nicht gesund.
    Die Krankheit der Heimat war gesunde Krankheit.
    Sie aber brauchte: kranke, kränkste, seltsame,
    zerrüttende Krankheit — Facebook!

    ⋘ ────── ∗ ⋅◈⋅ ∗ ────── ⋙

    À propos "Auf Facebook diskutiere ich"

    Heißer Tipp von Commandante Новичок :
    Schon mal was von Harvard Professor Shoshana Zubov - auch Karl Marx unserer Zeit genannt - gehört?
    Shoshana Zuboff on surveillance capitalism | VPRO Documentary

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    1. Schönes Gedicht, aber für ein einstündiges Video haben wir in der Vorstandsetage keine Zeit.

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    2. Commandante Новичок in nuce4. September 2020 um 20:05

      Die Kurzfassung

      Überwachungskapitalisten entdeckten, dass die prädiktivsten Verhaltensdaten aus Eingriffen in das reale Verhalten stammen, um menschliche Aktivitäten in großem Maßstab anzutreiben, zu überreden, abzustimmen und zu treiben, wobei das Verhalten immer in Richtung profitabler Ergebnisse oder, wie Shoshana Zuboff es nennt, von Aktionsökonomien getrieben wird. Datenwissenschaftler bezeichnen dies als eine Verschiebung von "Überwachung" zu "Betätigung".

      Ein Datenwissenschaftler erklärte:
      „Auf diese Weise können wir den Kontext für ein bestimmtes Verhalten und eine bestimmte Kraftänderung konstruieren.
      Wir lernen, wie man Musik schreibt, und lassen sie dann von der Musik zum Tanzen bringen."

      Bei dieser neuen Wettbewerbsintensität reicht es nicht mehr aus, den Informationsfluss über uns zu automatisieren. Das Ziel ist jetzt, uns zu automatisieren. Got it?

      Na, dann reite ich mal ganz entspannt über die Klein-Bloggersdorfer Intellektuellen Prärie der Abendsonne entgegen ♫

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  3. Lapuente schreibt zum Masken-Tragen: "Ich leide darunter, habe Konzentrations-, Erinnerungs- und Orientierungsschwierigkeiten." Das erklärt natürlich einiges.

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