Sonntag, 11. September 2016

9/11

„Mehr als 100 Jahre haben wir Gewalt exportiert – zum ökonomischen Nutzen der daran beteiligten Täter-Nationen und zur Steigerung des Lebensstandards ihrer Bevölkerungen. Nun erreichen erstmals einige Konsequenzen unserer Untaten europäischen Boden, und nun beschweren wir uns darüber, dass die Opfer uns mit den Folgen unserer Untaten in unserem eigenen Lebensbereich behelligen. Doch man kann nicht zum eigenen Nutzen Tretminen und Giftgas exportieren und sich dann darüber beklagen, dass man durch Explosionslärm und Giftgestank gestört wird.“ (Rainer Mausfeld)
„Saigon. Shit.“ Wir kennen die Szene aus „Apocalypse Now“. Und genau hier, in Vietnam, hat es begonnen. Die Vereinigten Staaten von Amerika kämpften nicht zum ersten Mal um die Weltmacht, während sie vorgaben, die Demokratie, die Freiheit und die Menschenrechte zu verteidigen. Aber in den undurchdringlichen Dschungeln Südostasiens hatten sie zum ersten Mal verloren, da half auch das „Agent Orange“ aus Ingelheim nicht.
1975 zog man einen Schlussstrich unter die schmachvolle Niederlage und suchte nach Möglichkeiten, sie vergessen zu machen und wieder gegen den Kommunismus zu punkten. Das Auge der Militärberater des US-Präsidenten fiel auf Afghanistan, wo es seit 1978 eine kommunistische Regierung gab, die eng mit der Sowjetunion zusammenarbeitete. 1979 begann man, die Mudschaheddin, eine islamistisch-fundamentalistische Guerilla-Truppe, die gegen die afghanische Regierung kämpfte, militärisch zu unterstützen. Die UdSSR entsandte ihrerseits wiederum Ende des Jahres Truppen zur Unterstützung ihres Verbündeten.
„Diese verdeckte Operation war eine hervorragende Idee. Sie bewirkte, dass die Russen in die afghanische Falle tappten […]. Am Tag, an dem die Russen offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich Präsident Carter: Jetzt haben wir die Möglichkeit, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu liefern. Und tatsächlich sah sich Moskau während der folgenden zehn Jahre gezwungen, einen Krieg zu führen, den sich die Regierung nicht leisten konnte, was wiederum die Demoralisierung und schließlich den Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftsgebiets zur Folge hatte.“ (Zbigniew Brzezinski, 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von Jimmy Carter)
1979 wurde das US-freundliche Regime des Schahs im Iran von Ayatollah Khomeini und seinen Anhängern gestürzt und die Islamische Republik ausgerufen. 444 Tage wurde die US-Botschaft in Teheran belagert und der Hegemon vor aller Welt gedemütigt. Es folgte der zweite Stellvertreterkrieg in der Region. Der US-Verbündete Saddam Hussein führte von 1980 bis 1988 Krieg gegen den Iran (Erster Golfkrieg). Nach seiner Niederlage folgte 1990 die Invasion des reichen Ölscheichtums Kuwait, um im eigenen Land nicht als völliger Versager dazustehen.
Anfang 1991, die UdSSR war handlungsunfähig geworden und zerfiel in ihre Einzelteile, begannen die USA den Zweiten Golfkrieg – gegen den ehemaligen Vasallen Irak. Angst vor Destabilisierung der Region, vor Engpässen in der Ölversorgung der Industrienationen und vor einer Weltwirtschaftskrise führten zu einem massiven militärischen Eingreifen der Vereinigten Staaten im arabischen Raum. Es folgten der Einmarsch im Irak und die Stationierung amerikanischer Truppen in Saudi-Arabien. Die arabische Halbinsel wird langfristig zum zweiten Vietnam der US-Amerikaner.
Diese Demütigung, Ungläubige im Lande der strenggläubigen Saudis, der Hüter der heiligen Stätten des Islam (Frauen und Farbige in Uniform und am Steuer eines Wagens!), ertragen zu müssen, führte zur Gründung von Al Qaida. Die Terroranschläge, die unter dem Stichwort „9/11“ in die Geschichte eingegangen sind, waren also nur ein Teil der Entwicklung, nicht der Anfang der Auseinandersetzung zwischen Orient und Okzident, wie es im Westen gerne behauptet wird.
Die USA haben den Krieg Ende der siebziger Jahre angefangen, der Rest ist bekannt: Neue Kriege in Afghanistan, Irak (Dritter Golfkrieg) und Syrien, Flüchtlinge, Terror. Bis zum heutigen Tag.
Saigon. Shit. Wir haben einen neuen Feind gesucht. Und wir haben ihn gefunden.
Bernard Herrmann - Taxi Driver (theme). https://www.youtube.com/watch?v=Bx4aK-YsPeU

3 Kommentare:

  1. Wenn es einen Mann gibt der, trotz seines Alters, oder gerade wegen seines langen, unsagbar menschenverachtenden Handelns und Denkens in ein nordkoreanisches Zuchthaus gehört, dann ist es: Zbigniew Brzezinski, direkt gefolgt von Henry Kissinger.

    Ansonsten: klasse Text!

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  2. ....gegenüber diesen Typen war unser Adolf ja nur ein Kleinkacker....

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