Dienstag, 2. Juni 2020

Zum hundertsten Geburtstag von Marcel Reich-Ranicki


Meine Lieblingszitate:
„Manchmal ist eine Schreibblockade für die Leser ein Segen, das wollen wir nicht vergessen.“
„Ich habe sein Buch nicht einmal angefasst. Aber ich denke doch, dass die gelegentliche Besprechung selbst der abstoßendsten Trivialliteratur nützlich sein kann - wie in der Medizin die Stuhlganganalyse (Über die "Dieter Bohlen-Biografie").“
„Ich bin aufgewachsen in einer Zeit, als täglich in den Zeitungen stand, die Juden seien eine minderwertige Rasse, unfähig, den deutschen Geist und die deutsche Literatur zu verstehen, in deutscher Sprache zu schreiben. Das hat mich ein für alle Mal geprägt. Bei allem, was ich tue, handle ich aus Trotz.“
„Geld macht nicht glücklich. Aber wenn man unglücklich ist, dann ist es schöner, in einem Taxi zu weinen als in einer Straßenbahn.“
„Die meisten Schriftsteller verstehen von der Literatur nicht mehr als die Vögel von der Ornithologie.“
„Es gibt Theater, bei denen ich den Eindruck habe, dass man sie abreißen und vielleicht da ein Parkhaus errichten sollte.“
„Unverständlichkeit ist noch lange kein Beweis für tiefe Gedanken.“
P.S.: In den Achtzigern habe ich ihn mal live in Ingelheim erlebt. Ein Vortrag über "Kafka und die Frauen". Ein echter Entertainer.

4 Kommentare:

  1. Die beste Szene, die ich von ihm in Erinnerung habe war die, als 'Das literarische Quartett' im gläsernen ORF-Studio am Gaisberg bei Salzburg aufgezeichnet wurde. Den ganzen Abend hatte sich ein Gewitter zusammengebraut. Als letztes sollte das jüngste Werk des bei Reich-Ranicki notorisch verhassten Martin Walser besprochen werden. Und exakt in dem Moment, in dem er den Zeigefinger hob und tief einatmete, um zu einer vernichtenden Suada anzusetzen: Rrrumms, Blitz und Donner. Er schaltete blitzschnell, hob Blick und Hände gen Himmel und ranzte: "Also bitte, man wird doch wohl noch was gegen Walser sagen dürfen!" Alles live und ohne Probe. Mit weit über siebzig. Großes Kino.

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    1. Er war der einzige Literaturkritiker in Deutschland, den Kabarettisten imitiert haben. Der Mann hatte Stil in jeder Hinsicht. Heute würde mir auf Anhieb gar kein Literaturkritiker mehr einfallen, der bekannt wäre.

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  2. Wahre Worte über Martin Walser:
    "Der schreibt seit 25 Jahren einen Roman nach dem anderen. Die meisten werden von der Kritik überwiegend negativ beurteilt, viele sind total vergessen. Und zu Recht. Dennoch: Er stolpert von einer Niederlage zur nächsten und ist unaufhörlich ein bekannter, ein eigentlich immer berühmter werdender Schriftsteller. Das hat Gründe. Und einer der Gründe ist gerade das, was ihm sehr verübelt wird: dass er nicht aufhört, regelmäßig Bücher zu publizieren."

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  3. Also ich hab ja seine Autobio. gelesen und auch das Teil von Bohlen.

    Das erstere ist dramatisch, letzteres ziemlich gut. Dietäär veralbert sich da in erster Linie selber und ist sonst eher selbstkritisch. Geht wohl davon aus das seine Fans eh nicht lesen.

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