Samstag, 5. September 2015

Chalk and cheese

Jetzt machen sie alle für einen Augenblick große Augen. Der Deutsche, dieser kaltherzige Zwingherr des griechischen Schuldenknechts, dieser zynische Globalisierungsgewinner, dieser Hegemon des europäischen Kontinents, macht die Tore auf für die Kriegsflüchtlinge aus Syrien, für Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika und Südosteuropa. Mein Respekt gilt den unzähligen Freiwilligen, die den erschöpften Heimatvertriebenen an den Bahnhöfen dieser Republik helfen. Vor dieser selbstlosen Barmherzigkeit neige ich mein Haupt.
Misstrauisch werde ich bei den flankierenden Lobeshymnen der Wirtschaft und der Politik. Ein Verdacht schleicht sich in diesem Augenblick in meine Gedanken. Den Eliten geht es gar nicht um Barmherzigkeit. Es geht ihnen darum, eine neue industrielle Reservearmee auf das Schlachtfeld des globalen Wirtschaftskriegs zu stellen. Billige Arbeitskräfte, verzweifelte Menschen, die alles verloren haben, die noch billiger als Polen und Rumänen sind. Menschen, die alles machen, um bei uns bleiben zu dürfen. Dagegen waren die Zwangsarbeiter der Nazi-Zeit gar nichts, denn die neuen Hilfstruppen wollen überhaupt nicht mehr nach Hause. Sie werden für jeden Lohn arbeiten – Arbeitserlaubnis hin oder her – und sind ein willkommenes Druckmittel für die saturierte Arbeiterschaft in den deutschen Betrieben.
Nichts ist umsonst. Schon gar nicht, wenn Deutschland plötzlich ein „menschliches Antlitz“ zeigt. Alles findet seinen Zweck in der Geldvermehrung. Umso größer und heller erscheint darum die altruistische Hilfe der sogenannten „normalen Bürger" für ihre neuen Nachbarn.
P.S.: Die Redewendung „as different as chalk and cheese” entspricht der deutschen Formulierung “so unterschiedlich wie Tag und Nacht“.
Joy Division – Dead Souls. https://www.youtube.com/watch?v=yGs0g2m2Mxc

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