Dienstag, 12. April 2016

Spinoza

„Die vollkommene Freiheit ist die Freiheit von Wünschen und Bedürfnissen, von Eitelkeit und Machtstreben.“ (Bodhisattva Laminetti)
Ich halte es in Sachen Ethik mit Spinoza: Allem Lebendigen wohnt der Wille inne, sich selbst zu erhalten und gegenüber seiner Umwelt zu behaupten. Was unserer Selbstbehauptung dient, ist gut. Was ihr nicht dient, ist schlecht. Also sind Gut und Böse immer relative Begriffe, die vom jeweiligen Betrachter abhängen.
Jeder von uns ist das lebendige Grab zahlloser anderer Kreaturen und keiner hat deswegen ein schlechtes Gewissen. Deine Niederlage ist mein Sieg. Ich will Profit, du bist ein Konkurrent. Unsere Soldaten sind Befreier, eure Soldaten sind Terroristen.
Das einzige, das unserem Selbsterhaltungstrieb, unserem von Leidenschaften, Trieben und Instinkten gesteuerten Hedonismus gegenüber steht, ist die Vernunft. Sie lässt uns erkennen, dass beispielsweise dem kurzfristigen Gewinn an Selbstbehauptung durch Diebstahl oder Gewalt ein langfristiger Schaden durch eine Gefängnisstrafe folgen kann. Jeden Abend Suff und Drogen bis zum Pupillenstillstand bedeuten langfristig den Tod. Auch die Vernunft folgt also einzig und allein dem Ziel der Selbstbehauptung – nur mit einem größeren Zeithorizont und einer komplexen Kosten-Nutzen-Rechnung.
Ich denke, Spinoza ist der Wahrheit näher als die dogmatischen Moralisten des deutschen Idealismus, die wir heute noch bei den Grünen, Linken, Veganern, Feministinnen, Kirchentagsbesuchern usw. finden. Sie blenden einfach nur den Teil der Wirklichkeit aus, der nicht zu ihrem Weltbild passt. Ihre Lebensform und ihr Konsumstil basieren in wesentlich höherem Maße auf Ausbeutung und damit auf Gewalt gegen Mensch und Natur als das Leben eines arabischen Islamisten, der in einem Zelt von Wasser und Brot lebt. Aber es ist uns nun einmal nicht gegeben, uns selbst aus der Perspektive eines anderen Menschen zu betrachten.
P.S.: Der jüdische Philosoph Baruch Spinoza, der Jesus von Nazareth für einen klugen Denker, aber nicht für den Sohn Gottes hielt, hat seine Ethik zu Lebzeiten nie veröffentlicht und entging auf diese Weise dem Scheiterhaufen.
P.P.S.: Nennen Sie es Religion, Ideologie, Weltanschauung - das geschlossene Weltbild ist längst zurück: Veganismus, Feminismus, Moralismus, Nationalismus usw. haben die alten Ismen ersetzt. Wenn wir über islamistische oder evangelikale Fanatiker im Orient und den USA lachen, blicken wir in den Spiegel unserer eigenen Verbohrheit. Jeder hält sich für etwas Besseres als andere Menschen, jeder will den Anderen bekehren, Heil spenden und vor der Verdammnis retten. Jeder glaubt, im Recht zu sein um einer höheren Sache willen (Gott, Gleichberechtigung, Tierschutz, Kultur, Volk usw.). Es geht nicht um Argumente, sondern um die Frage: Gehörst du zu uns oder nicht? Und so wird jede Schnitzelkneipe zum Missionsgebiet für den Veganer und jeder gemeinsame Fußballabend einiger Männer zum Sündenfall für die Feministin. Spinoza hätte es nicht gewundert.
Interpol – The New. https://www.youtube.com/watch?v=9c_TBpG1Q2M

16 Kommentare:

  1. Laminetti weiß bescheid.
    Kleines Beispiel:
    Ich habe mich total von Autos bzw. vom Autowahn losgesagt.
    Früher war ich der volle Automaniac, besaß viele Kisten, manchmal 3 gleichzeitig und habe mich über die Karre, die ich gerade fuhr, definiert.
    Inzwischen sind mir Autos völlig wurscht, ich besitze zwar immer noch eines, aber ein unscheinbares, billiges.
    Herrlich, wie frei man in der Tat dadurch wird, wenn man "weg vom Stoff" ist.

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    1. Aber bitte nicht vom ganzen "Stoff". Alkoholismus ist der einzige Ismus, den ich toleriere :o)))

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  2. Wir sollten *ismus-Shop im Internet aufmachen. Das wird bestimmt der Renner.

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    1. Hab gerade mal geguckt: http://www.fanatismus.com/ könnte man kaufen. Soll ich ein Gebot abgeben?

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    2. Hehe, da lobe ich mir die Wirtschaft und den Markt. Dem könnten Ismen egaler nicht sein.

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  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  4. Es scheint einfach schön, in Zeiten, in denen die Institutionen nicht mehr die moralischen Grenzen setzen, in denen gehandelt werden darf, sich neue Grenzen zu schaffen, auf dass man sagen kann: Ich bin drin und ihr seid draußen. Ich bin gut und ihr seid schlecht.
    Deshalb gibt es seit 1974 in Hannover den Antagonismus - dort wird Napoleon Fischer verehrt - allein wegen des großartigen Klanges, mit dem dieser Namen durch Friedrich Gnaß in der Staudteverfilmung des Untertan ausgeprochen worden ist.

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    1. Leider hat unsere Gruppe "Vegane Trotzkisten gegen Plastikspielzeug" Heinrich Mann auf den Index gesetzt. Kann ich also auch nicht kommentieren :o)

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    2. Die Antagonisten treffen sich seit damals jedes Jahr am 28. Mai um 12.56 Uhr am Kephalopoden bei Kartoffelchips und Bier (vegan).

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    3. Ihr schlimmster Feind: Der „Club der laktoseintoleranten Legastheniker, die noch bei ihrer Mutter wohnen“.

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    4. Ein wahrlich zu fürchtender Gegner, dem die phlegmatischen Phallokraten (Kephalopode!) selbst durch dreifach geriebenen Salamander nur zeitweilig Einhalt zu gebieten im Stande zu sein fähig sind.

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    5. Sie lassen die Debatte ins Alberne abgleiten. Schade ...

      :o)

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    6. Wie immer versucht das Patriarchat durch Derailing die Debatte ins Unwesentliche zu ziehen. Typisch Macker!!!

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  5. »P.S.: Der jüdische Philosoph Baruch Spinoza, der Jesus von Nazareth für einen klugen Denker, aber nicht für den Sohn Gottes hielt, hat seine Ethik zu Lebzeiten …«

    Vielleicht auch wegem dem Scheiterhaufen - wäre ich Spinoza, wären die erwartbaren, fruchtlosen Diskussionen ein mindestens ebenso guter Grund gewesen.
    qed

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    1. Meine These: Spinoza wäre nicht bei Facebook gewesen, wenn er in unserer Zeit gelebt hätte. Und er hätte die Kommentarfunktion seines Blogs gesperrt.

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