Freitag, 30. Dezember 2016
Organspende – Wie es in Benin lief
https://www.youtube.com/watch?v=gQnejLliS9g
And now for something completely different:
Hier mal eine Band aus meiner Jugend, die Jungs aus Heidesheim kannte ich noch persönlich. LSP – Leben im Untergrund. https://www.youtube.com/watch?v=WUt83I3OH98
Der Sänger war später zehn Jahre in der Nervenheilanstalt und starb, nach kurzer Zeit in Freiheit, bei einem epileptischen Anfall alleine in seiner neuen Wohnung. Aber damals lebte er wie ein Rockstar.
Donnerstag, 29. Dezember 2016
Es geht nach Benin!
Es wird ernst, Leute. Ich bekomme die Niere in Afrika rausgenommen. Vielleicht hören wir nie wieder was voneinander. Ich wollte Euch noch zum Abschied danken. Für Eure Aufmerksamkeit, die vielen ganz ganz großartigen Kommentare. Behaltet Andy Bonetti in Euren Herzen! Denkt in Liebe zurück an Johnny Malta! Vergesst Heinz Pralinski nicht! Viel Glück und alles Gute im neuen Jahr ...
"Vielen Dank für Ihre Mail,
Wir haben Ihre E-Mail-Adresse und Angaben zu Ihrer Information
Beamten gut verstanden und bekannt. es
Zur Zertifizierung
Dr. MARY medizinischer Vertreter
Mary Krankenhauslehrer
Es gibt dem Patienten das volle Vertrauen und Vertrauen in
uns
Weil wir hier sind, um sicherzustellen, dass Ihre
Zufriedenheit ist unser
eine Priorität. Die Patienten sollten sicher sein und
Garantiert, dass er oder
Es sollte nicht schrecklich während dieser
Die Transaktion hat bereits alle
Dokumentation
Sind in der Reihenfolge, in Übereinstimmung mit der Politik erforderlich
von
Das Verfassungsgesetz von 21 Transplantationen
2005 erlassen. Sie
Untersuchen die nachstehenden Bedingungen
Vorher korrigieren
Dass wir mehr tun können
Gut, später.
GESCHÄFTSBEDINGUNGEN
1: ist ein Patient, dass er oder sie
qualifiziert
Um ihre Nieren zu verkaufen, um jede Form zu vermeiden
Während der Akquisition
Betrieb.
2: Der Patient muss vorbei sein
18
S für alle Altersgruppen werden von unten abgelehnt
Satz
.
3: Der Patient muss legal sein
Länder.
4: Der Patient, um sicherzustellen, dass er oder sie nicht
Nein
Business sieht die Gewohnheit des Rauchens.
5: Der Patient muss auf unsere Bedingungen reduziert werden
und
Bedingungen für das Geschäft ist
Es ist schnell.
6: Alle Reisekosten werden bezahlt
uns.
7: Der Ausfall der Transaktion wird zu führen
beim
Gerichte.
8: alle Patienten: Patienten sollten
korrekt
Registriert in der NKF (National Niere
Fonds) vor
Etwaige spätere Transaktionsverpflichtungen.
9: Der Patient wird Ihnen geben
Relativ
.
10. Die Richtung des Krankenhauses bereit
Kaufen
Nieren von. Tartus Lilia Ivanovna, Gesamtmenge von
Diese Hälfte des Geldes (100.000,00 Euro)
Auf ein Konto überweisen
Die Bank wird dieses Abkommen vorsehen
Nach Anmeldung
Von NFC.
11: Die Patienten Geld, um Ihnen alle Ihre
Bank:
Die Hälfte dieses Geldes wird zuerst an den Patienten gezahlt werden
Vor der Anwendung er / sie wird nach Elg-Gleichgewicht beginnen
Sie werden nach bezahlt werden
Nach Beendigung der Operation.
12: Der Patient muss sich bei NFC anmelden
Fondsbetrag (30 $) auf
Dass das Reisedokument
Es wird an den Patienten als die Hälfte des Geldes gesendet werden
Sie werden an
ein Patient. Und denken Sie daran, dass Sie das haben werden
Senden Sie uns eine Kopie
Gescannt
Ihre juristische Identität, so dass wir können
Wissen und identifizieren
Dies ist erforderlich, um sie an uns zurückzugeben
Sofort, wenn Sie
Eine Vereinbarung mit ihm. Beachten
Die obigen Bedingungen, wenn sie
Akzeptabel für
Sie müssen uns die Antwort geben
Schnell, an
Was können wir unserem Anwalt zuordnen?
Mit der Vorbereitung beginnen
Ihre Reisedokumente. Danke für dein
Aufrichtigkeit.
Ich warte auf deine Antwort.
MARY HOSPITAL VON BENIN."
Unsere beste Freundin
Der beste Freund des Menschen mag der Hund sein. Aber das liegt vermutlich daran, dass wir den Wombat nicht gut genug kennen. Die beste Freundin des Menschen ist aber zweifellos ein Pilz.
Ich möchte heute ein Loblied der Hefe anstimmen. Der Hefe gelingt nämlich etwas, was selbst Minister und Professoren nicht können. Sie kann Zucker in Alkohol verwandeln. Man nennt das Gärung und wir kennen es alle aus Heinz Rühmann-Filmen.
Wo, verehrte Leserschaft, wären wir eigentlich ohne Alkohol? Wir hätten uns doch alle längst gegenseitig umgebracht. Der beliebte Sorgenbrecher und Stimmungsaufheller wird weltweit mit großem Erfolg seit vielen Jahren verkauft. Wein, Bier, Schnaps – das klingt doch besser als Traubensaft, Gerstensaft oder Kartoffelsaft.
Dazu kommt die segensreiche Wirkung der Hefe auf Backwaren aller Art. Kein Brot, kein Kuchen, kein Croissant ohne Hefe, die dem Backwerk erst seine dritte Dimension verleiht.
Schon Plinius der Ältere beschrieb vor etwa zweitausend Jahren die Vermehrung des Hefepilzes, die übrigens asexuell durch Knospung erfolgt, was den Papst freuen wird. Zuerst gab es die Bierhefe, die natürlich wichtiger ist, erst aus ihr entstand die Backhefe.
Alle lieben den Hefepilz – und verachten seinen fiesen Bruder, den Schimmelpilz, zu dem ich nächste Woche einige einleitende Worte schreiben werde.
Bryan Ferry - Let's Stick Together. https://www.youtube.com/watch?v=Z9EbR0ckb40
Mittwoch, 28. Dezember 2016
To whom it may concern
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Habe unter dem Betreff „kidney“ geantwortet: „Bin bereit zur Nierentransplantation. Wann und wo ist die Geldübergabe?“ Ich halte Sie über den Vorgang auf dem Laufenden.
Dienstag, 27. Dezember 2016
Wie gehen wir 2017 mit den Rechten um?
„The worst government is often the most moral. One composed of cynics is often very tolerant and humane. But when fanatics are on top there is no limit to oppression.” (H.L. Mencken)
Eigentlich ist die Analyse des Rechtspopulismus recht simpel. Zunächst lassen sich bei der AfD und anderen rechten Parteien in Europa die Anhänger in Stammwähler und Protestwähler unterscheiden. Im Frühjahr 2015 lag die AfD noch bei drei Prozent in den Meinungsumfragen, ein Jahr später bei zwölf Prozent. Die potenzielle Wählerschaft hatte sich also in kurzer Zeit vervierfacht. Das liegt vor allem an der hohen Zahl von Protestwählern.
Damit aus Protestwählern keine Stammwähler werden, sollte man die Wählerschaft der Rechten differenziert betrachten, um angemessene Strategien zu entwickeln. Ich sehe drei Typen von Wählern:
1. Die Modernisierungs- und Globalisierungsverlierer: Sie haben ihren Arbeitsplatz verloren oder haben einen neuen Arbeitsplatz, an dem sie weniger verdienen, sie sind materiell abgehängt, leiden unter Arbeitslosigkeit und Altersarmut usw.
2. Die Xenophoben: Sie lehnen alles Neue und Fremde ab, sie sind gegen Einwanderung, sie wollen keine Flüchtlinge oder Arbeitsmigranten in ihrer Stadt, ihrer Straße oder ihrem Haus. Xenophobie ist kein Rassismus, die Xenophoben fühlen sich nicht genetisch überlegen. Ihre Ablehnung basiert auf Angst. Angst vor dem Neuen, vor dem Fremden, Angst vor dem Verlust ihrer kulturellen Identität.
3. Nazis, Rassisten und Rechtsradikale aller Art: Menschen, die ideologisch verblendet sind und von einem nationalistischen, völkischen Staat träumen, in dem eine Hierarchie nach ethnischen und kulturellen Gesichtspunkten verwirklicht wird.
Bei den „Verlierern“ steht also der ökonomische Aspekt im Vordergrund, bei den „Ängstlichen“ der psychologische Aspekt und bei den Rechtsradikalen der ideologische Aspekt.
Wenn es drei Gruppen gibt, braucht man also auch drei Strategien, um die Protestwähler für eine offene Gesellschaft zurückzugewinnen, in der andere Kulturen und Einwanderer nicht ausgegrenzt werden.
Die einfachste Gruppe sind die „Verlierer“. Gebt den Leuten Jobs, gebt ihnen menschenwürdige und anständig bezahlte Arbeit, erhöht den Armen die Rente und das Arbeitslosengeld – schon sind sie als Protestwähler verloren. Neubau statt Abriss des Sozialstaats. Klingt einfach, ist aber natürlich mit der aktuellen Regierung in Deutschland nicht zu machen. Aber ökonomische Ursachen müssen mit ökonomischen Mitteln aus der Welt geschafft werden.
Schwieriger wird es mit den „Ängstlichen“. Es hilft nicht, ihnen Geld zu geben. Man muss ihnen die Angst nehmen. Es hilft auch nicht, sie pauschal als Nazis zu beschimpfen. Das macht aus Protestwählern endgültig Stammwähler. Bei dieser Gruppe muss Überzeugungsarbeit geleistet werden und sie müssen aus eigener Erfahrung lernen, dass die Neuen keinen Anlass für Verlustangst geben. Wichtig wäre es, die Migranten gleichmäßig über Städte und Dörfer, über alle Viertel und Straßen zu verteilen, damit Integration in der Alltagspraxis gelernt werden kann. Das wäre auch für die Migranten sinnvoller, denn im Ghetto eines Asylantenheims kann Integration nicht stattfinden.
Fast unmöglich ist es beim harten Kern der Rechtsradikalen. Sie sind nur schwer zu erreichen. Aber die Rechtsradikalen, wenn man sich die Wahlergebnisse der Republikaner, der NPD, der DVU usw. in der Vergangenheit anschaut, sind auch nur drei bis fünf Prozent der Bevölkerung, in Einzelfällen und in einzelnen Regionen lagen sie auch schon mal darüber.
Aber von den Neonazis geht keine wirkliche Gefahr für die Demokratie aus – von den Rechtspopulisten der AfD usw. schon. Daher lohnt sich die differenzierte Betrachtung der Wählerschaft und eine differenzierte Strategie, um die Rechten 2017 wieder zurückzudrängen.
Curtis Mayfield - Move On Up. https://www.youtube.com/watch?v=6Z66wVo7uNw
Sonntag, 25. Dezember 2016
DLRG, ein Spaß für jung und alt
Eine lustige Geschichte aus meiner Zeit bei der DLRG am Rhein. Zwischen Ingelheim und Heidenfahrt wurde eine Wasserleiche gefunden. Was macht man in dieser Situation? Also hat man den toten Mann mit einem Seil am Boot gesichert und von unserer rheinland-pfälzischen Seite des Rheins auf die hessische Seite geschleppt. Aber Sie sollten nicht denken, dass meine Kollegen die Leiche einfach den Hessen ans Ufer gelegt hätten. Es gab schließlich Geld für die Leiche. Wenn man sie in Rheinland-Pfalz gemeldet hätte, gab es damals neunzig Mark, in Hessen hundertachtzig Mark, also genau das Doppelte. Was tut man nicht alles für die Vereinskasse der DLRG.
Dialog
„Schreiben war für ihn etwas Natürliches: du produzierst Text so wie du Leergut produzierst.” (Johnny Malta: Da geht Bonetti)
Ich klopfe an die schwere, mit grünem Leder bespannte Tür.
Ich höre, dass auf der anderen Seite gesprochen wird. Aber ich höre nicht „Herein“.
Also klopfe ich noch einmal. Wieder nichts.
Vorsichtig öffne ich die Tür und stecke den Kopf ins Zimmer.
Am anderen Ende des gewaltigen Raums sehe ich Generaldirektor Konrad Fackler.
Er hält ein winziges Smartphone in der Hand, während er hinter seinem Schreibtisch auf und ab geht. Er redet, er gestikuliert.
Langsam nähere ich mich dem anderen Ende des Büros.
„Das müssen wir verschieben. Das können wir unmöglich in dieser Woche schaffen“, höre ich ihn rufen.
Als er mich sieht, entgleisen ihm die Züge. Fassungslos sieht er mich an, während er abwechselnd „Ja“ und „Verstehe“ sagt.
Ich wedele freundlich mit einem hellbraunen Schnellhefter in Kopfhöhe.
Der Herr Generaldirektor nickt und winkt mich zu sich heran. Dann dreht er sich um und geht wieder auf und ab. „Wir können Ihnen die Musterkollektion morgen vorlegen. Ich schicke Ihnen jemand vom Außendienst vorbei.“
Ich bleibe vor dem Schreibtisch stehen.
Fackler rollt verschwörerisch mit den Augen. Blöder Anrufer, soll das offenbar heißen. Dann deutet er mit dem Zeigefinger auf den Besucherstuhl. „Wir haben seit letztem Monat eine neue Kollektion. Mit den aktuellen Farben.“
Ich setze mich und warte geduldig. Auf dem Schreibtisch sehe ich eine kleine Glaskugel, in deren Innerem eine Miniatur des Eiffelturms steht.
„Mahagoni? Das führen wir nicht mehr. Aber Sepia wird sehr gerne genommen. Sepia kann ich Ihnen empfehlen, Herr Bratzel.“
Ich nehme die Glaskugel und schüttele sie. Die Sonne bricht sich gleißend im Glas, ich werde geblendet und lasse die Kugel fallen. Sie zerplatzt mit ungeheurem Lärm auf dem weißen Marmor. Oder, onomatopoetisch formuliert: „Klirr.“
Fackler reißt entsetzt Augen und Mund auf, während er ins Telefon flötet: „Bei prompter Begleichung der Rechnung erhalten Sie drei Prozent Skonto.“
Ich zucke mit den Schultern und lächle ihn an.
Sein Kopf läuft feuerrot an, sein Gesicht ist eine Fratze des Zorns. Er deutet mit dem Zeigefinger zur Tür und macht anschließend eine Handbewegung, als würde er ein Insekt vertreiben.
Ich gehe zur Tür und verlasse den Raum. Mit meiner neuen Idee zum Thema „Zitronengelb“ würde es heute nichts mehr werden.
The Black Eyed Peas - Where Is The Love? https://www.youtube.com/watch?v=WpYeekQkAdc
Weihnachten 2016 wird Ihnen präsentiert von:
Bonetti Media
Samstag, 24. Dezember 2016
Eike – Eine dunkle Bedrohung
„Diese Leute trinken, gleichgültig, ob sie nun durstig sind oder nicht!“ (Claude Debussy über die Deutschen)
Eike erwachte. Er sah alles nur verschwommen. Weiße Farbe, grelles Licht.
Er konnte sich nicht bewegen. Er versuchte zu sprechen, aber er konnte seine Stimme nicht hören. Überhaupt war es sehr still. War er tot?
Dann erwachte Eike, der tapfere kleine Eierbecher, erneut. Über ihm schwebte ein freundliches Frauengesicht.
„Guten Morgen. Können Sie mich verstehen?“
„Ja“, sagte Eike schwach.
„Haben Sie Durst? Ich habe hier Tee für Sie.“
Eike nickte und trank vorsichtig ein paar Schlucke heißen und köstlichen Hagebuttentee.
„Was ist passiert?“ fragte er.
„Sie sind im Krankenhaus. Man hat Sie hier schwerverletzt eingeliefert. Wir haben Ihnen den Henkel wieder angeklebt.“
Henkel? Was für einen Henkel. Eierbecher haben doch überhaupt keinen Henkel.
Was war passiert?
Runzlmeyer, der fiese Porzellanjäger, hatte ihn aus dem Haus seiner Eltern in Wichtelbach entführt und ihn zu einem Flugzeug gebracht, das ihn zurück nach Las Vegas bringen sollte. Sein Ex-Boss hatte ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Runzlmeyer hatte den Tipp vom sinistren Ich-Erzähler, der Eike an die Porzellanmafia verraten hat und der natürlich bei Bonetti-Media fristlos entlassen wurde. Eike gelang es, im Flugzeug einen Rucksack mit der Aufschrift „Fallschirm“ zu packen und war mit ihm aus dem Flugzeug gesprungen. Leider war in diesem Rucksack kein Fallschirm, sondern nur eine Kaffeekanne.
Zurück zur Geschichte:
„Ich muss meine Freundin anrufen“, sagte er zur Krankenschwester.
Aber es stellte sich heraus, dass sein Porzellanhandy beim Absturz in tausend Teile zersprungen war. Natürlich hatte er die Nummer nicht auswendig im Kopf. Wer merkt sich heutzutage schon Handy-Nummern? Aber wie kommt man an die verloren gegangene Nummer? Eine Mail schreiben? Aber wie lautete ihre Mail-Adresse? Eike brummte der kleine Kopf vor lauter Fragen, auf die er keine Antwort wusste.
Zwei Tage später wurde er durch Chefarzt Nikolas O’God und seinen Assistenten Pierre LaSchais entlassen. Mutterseelenallein stand er in einer schrecklichen Gegend namens Saarland. Aber unser tapferer kleiner Eierbecher verzagte nicht und begab sich auf die Wanderschaft. Aber überall, wo er auftauchte, wurde er verhöhnt und ausgelacht. Ein Eierbecher mit einem Henkel. Wo gibt’s denn sowas? Der gehört in ein Kuriositätenkabinett oder in den Zirkus, riefen die Spötter und klopften sich auf die Schenkel.
***
Doch dann kam Eike endlich auf der Landstraße nach Paris. Er durchwanderte die Banlieue und betrat im Montmartre das Bistro „Les Petits 4“, von dem er mal in einer Illustrierten gelesen hatte. Hier trafen sich die Künstler der Stadt.
Tatsächlich dauerte es nur wenige Minuten, Eike hatte gerade einen Café au lait bestellt, bis ein geheimnisvoller Mann an seinen Tisch trat. Er hatte den Hut tief ins Gesicht gezogen, trug eine Sonnenbrille, schwarze Handschuhe und einen dunkelgrauen Vollbart.
„Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Aurelius Felix.“
Er schüttelte Eike den Henkel. Eike erschrak. Die Hand war kalt und hart. Eine künstliche Hand.
„Ich bin von der Künstleragentur ‚Illusion und Revolte‘. Wir suchen ungewöhnliche Personen, die das Neue repräsentieren.“ Seine Stimme war rau und dunkel.
„Das Neue?“ fragte Eike. „Was meinen Sie damit?“
„Unser Thema ist die Identität. Wir suchen neue Identitäten jenseits der alten Verhaltensmuster und Rollenbilder. Wir suchen das, was es noch nicht gibt. Das, was in Zukunft sein wird.“
„Aha“, sagte Eike. Er hatte kein Wort verstanden.
Aurelius Felix überreichte ihm eine Karte. „Kommen Sie doch bitte morgen Nachmittag in unsere Agentur. Ich glaube, wir sind in der Lage, Ihnen ein großzügiges Angebot zu machen.“
So wurde Eike entdeckt.
***
Am nächsten Tag wurde Eike dem berühmten schwedischen Designer Lars Eklund vorgestellt, einem Star der Pariser Kunstszene. Eklund trug eine hohe Allongeperücke und einen roten Brokatrock, der am Kragen mit Pelz verbrämt war. Seine runden Backen waren mit einem grotesken Knallrot geschminkt, die Augen fingerbreit schwarz umrandet, die Lider purpurfarben. Er thronte auf einem Louis-seize-Sessel, neben ihm stand sein schwuler Adlatus Pinky Ramirez, ein zwergwüchsiger Ex-Stricher aus Mexiko.
Eklund erkannte sofort das Potential von Eike.
„Sie sind ein Eierbecher aus Deutschland?“
„Ja“, sagte Eike. „Aber ich bin in die Welt hinausgezogen, weil mir das nicht mehr gereicht hat.“
„Sehr gut, junger Freund, sehr gut. Ein deutscher Eierbecher. Aber was ist deutsch? Was ist ein Eierbecher? Unser Thema ist die Identität. Wir wollen eine Welt ohne deutsche Eierbecher, aber mit Ihnen. Sie werden Ihren Weg machen, das verspreche ich Ihnen. Pinky, mein Zeichenblock.“
Eklund warf ein paar Skizzen aufs Papier. Pinky sah ihm zu und stöhnte einige Male wollüstig.
Eike wurde von allen Seiten fotografiert, in verschiedenen Farben geschminkt und mit Stoffen behängt.
So wurde Eike zum Star. Eierbecher mit Henkel werden zu einem Trend. Die Stars und gekrönten Häupter dieser Welt – sie wollen alle einen neuen Eierbecher. Selbst die Queen lässt sich mit einem Eierbecher aus Eklunds Kollektion ablichten.
Als Eike sein Abbild auf der Titelseite des Time Magazine sah – „Eierbecher des Jahres“ -, wusste er, dass er es geschafft hatte.
Fatboy Slim – Right Here, Right Now. https://www.youtube.com/watch?v=ub747pprmJ8
Donnerstag, 22. Dezember 2016
Lukasz Urban
Vielleicht liegt es an den beiden polnischen Arbeitern, denen ich seit vorgestern zuschaue? Sie haben schweres Gerät mitgebracht, Kettensägen und Laubbläser. Am Ende jeden Jahres kommen die beiden Männer, sie sind etwa in meinem Alter, und erledigen die Arbeiten, für die mir die Werkzeuge und die Fähigkeiten fehlen. Zuverlässige Menschen einer Gartenbaufirma, die sich seit Jahrzehnten um unser Grundstück kümmert. Wenn sie hier fertig sind, fahren sie zu ihren Familien nach Polen, um Weihnachten mit Frau und Kindern zu feiern.
Stunde um Stunde sehe ich sie arbeiten, während ich am Schreibtisch sitze. Sie geben den Hecken wieder eine gerade Linie, vormals kugelförmige Büsche werden wieder kugelförmig, ich sehe plötzlich wieder ein Nachbarhaus, eine efeuumrankte Bank und das Gartenhäuschen, an dessen Außenwand das Kaminholz gestapelt ist. Ich werde nachdenklich. Zwei fleißige Männer. Und ich? Ich habe etwa fünfhundert Seiten Text in diesem Jahr produziert, aber es kommt mir wertlos vor. Ich liege auf dem Sofa und lese James Purdy. Einer der Männer kommt mit einem Korb Grünschnitt am Fenster vorbei und ich habe plötzlich ein schlechtes Gewissen.
Vielleicht liegt es an den beiden polnischen Arbeitern, dass ich immer wieder an Lukasz Urban denke. Ein Pole. Sicher hätte er in dieser Woche auch gerne mit seiner Familie Weihnachten gefeiert. Aber er hatte nicht so viel Glück wie Sie und ich. Er saß neben dem Mörder vom Breitscheidplatz in jenem schwarzen Lastwagen, unter dessen Rädern zwölf Menschen starben. Er hat dem Mörder ins Lenkrad gegriffen und dafür mit seinem Leben bezahlt. Er ist ein Held. Er hat vielen Menschen das Leben gerettet. Er ist gestorben, damit wir leben können. Einer dieser stillen Polen, die für uns die Drecksarbeit machen. Einer dieser Polen, deren Namen wir nicht kennen.
Heute stehen die Deutschen wieder auf dem Weihnachtsmarkt, klopfen sich auf die Schultern und freuen sich, dass sie noch leben. „I survived Weihnachtsmarkt 2016“ – gibt’s das schon als T-Shirt? Der Deutsche gibt sich lässig, unbeeindruckt. Wir machen einfach weiter. Die Terroristen wollen doch, dass sich unser Leben ändert. Den Gefallen tun wir ihnen nicht. In Wirklichkeit machen wir einfach weiter, weil wir eiskalt sind. Ohne Gefühl. Wie der Bundesinnenminister, der so kalt ist wie die Hände der zitternden Nutten, die im Winter an der Kurfürstenstraße stehen.
Mittwoch, 21. Dezember 2016
Learning by losing
„Ich lebe so unvernünftig wie nur möglich.” (Loriot)
Natürlich. Wir lernen alle dazu. Aber man muss mit dem Lernen ja auch erst mal anfangen. Mein erster eigener Urlaub, meine erste eigene Reise – obwohl die Begriffe Urlaub und Reise so unglaublich unangemessen sind, dass es kracht, aber das werden Sie gleich selbst merken – führten einen Freund und mich in ein kleines Wäldchen, eigentlich ein Gestrüpp voller junger Bäume, Büsche und großer Pfützen, das nur zweihundert Meter vom Ortschild „Schweppenhausen“ entfernt lag.
Wir bauten tapfer unser winziges „Zwei-Mann-Zelt“ auf, in das ich heute noch nicht einmal alleine passen würde. Wir wollten einige Tage hier bleiben, mit fünfzehn Jahren, ein Leben ohne die Scheiß-Erwachsenen, die Bonsai-Rebellion der Dorfjugend. Aber natürlich in den Ferien – man will ja schließlich keinen Ärger kriegen. Wir hatten im Supermarkt eingekauft, allein die Tour mit dem Fahrrad nach Bad Kreuznach würde ich heute konditionell nicht mehr schaffen.
Ravioli. Was sonst. Das Leben außerhalb der Leibeigenschaft der familiären Residenz beginnt immer mit Ravioli. Wir hatten es tatsächlich geschafft, das Zelt aufzubauen. Das war ein Pluspunkt. Aber die Sache mit dem Lagerfeuer ging in die Hose. Natürlich regnete es. Was denn sonst. Freiheit, zum ersten Mal im Leben, aber eben Freiheit im Regen. Das Lagerfeuer konnten wir vergessen. Also haben wir versucht, die Ravioli-Dose mit einem Feuerzeug zu erhitzen. Das dauerte. Irgendwann war der Boden der Dose schwarz und das Feuerzeug heiß. Wir rührten die Ravioli um und probierten. Sie waren etwa ein bis zwei Grad wärmer als zuvor.
Dann kamen Freunde vorbei. Sie blieben nie länger als eine halbe Stunde, aber sie hatten wenigstens ein paar Flaschen Bier und Tabak dabei. Niemand hat gemeckert, aber keiner verspürte Lust, sein Zelt neben uns im Gestrüpp aufzuschlagen. Irgendwann war uns das Herumsitzen auch zu blöd. Sie dürfen nicht vergessen, dass es damals keine Smartphones oder Notebooks gab. Unsere mediale Versorgung beschränkte sich auf einen Ghettoblaster plus eine Sammlung diverser Kasetten mit Musik. Also kamen wir irgendwann auf die Idee, mal rüber ins Dorf zu gehen.
Wir gingen zu mir nach Hause, wo die beiden „Ausreißer“ (Tag 2) mit einem leckeren Mittagessen begrüßt wurden. Wir blieben anschließend für ein bisschen Fernsehen und Atari-Konsole zocken (Frogger, Pitfall). Eigentlich war es schade, als wir nach einigen Stunden wieder hinausgingen, zu unserem Zelt, um das Leben in Freiheit zu genießen. Natürlich regnete es. Die Sonne war ganz offensichtlich kein Freund der Unabhängigkeit und der Jugend. War es am dritten oder vierten Tag, als wir wieder zu Hause waren? Unsere Eltern sagten nichts. Wir waren um eine Erfahrung reifer. Und eigentlich ist es bis heute genauso weitergelaufen, wenn wir mal ehrlich sind.
Bay City Rollers - Don't Stop The Music. https://www.youtube.com/watch?v=_kNBTTsCtXU
Dienstag, 20. Dezember 2016
Grundsätzliches zum Russki
„Wir gehen kaputt wie alles, wir verfaulen, wir verbrennen, aber wir können es nicht ertragen, also erfinden wir, was wir brauchen, wir belügen uns ja so schön, wir haben es gelernt, uns zu belügen, wir sind perfekt darin, wir haben eine Jahrtausende alte Tradition, warum also sollten wir nicht weiterlügen, wo es so wohl tut, zu lügen: also lügen wir weiter und glauben, wir sind fromm und gut und gottesfürchtig, und in Wirklichkeit sind wir gottverdammte Schleimscheißer.“ (Karlheinz Deschner: Die Nacht steht um mein Haus)
Seit Tagen habe ich jeden Tag hunderte Seitenaufrufe aus Russland. Neue Leser? Nein, russische Bots ziehen durch mein Medienimperium wie Kometenschwärme, wie die Plejaden am Nachthimmel. Der Iwan ist wirklich überall. Schlechtes Wetter? Russische Flugzeuge versprühen Chemikalien. Bundesligatabelle? Von Putin manipuliert, sonst wäre doch Leipzig nicht so weit oben. Das Kantinenessen? Vom Kreml gekocht. Steigende Benzinpreise? Und jetzt wird in Berlin ein Attentäter gesucht. Wer war es? Hör mir doch auf! Überall Russen. Wir sollten ihnen endlich den Krieg erklären und angreifen, bevor sie es tun.
Moby Dick – auf Fränkisch. https://www.youtube.com/watch?v=Q30PjEIg36M
#Drecksjahr2016
Nur einen Kilometer Luftlinie von meiner Berliner Wohnung ist es also passiert. Breitscheidplatz. Der Ort wird für immer mit diesem Ereignis verbunden sein. Ein mieses Pop-up im Gedächtnis, wenn man vor dem Bikinihaus oder dem Europa-Center steht.
Eigentlich rechne ich seit 2001 mit einem Anschlag in der Hauptstadt. Und jetzt (19. Dezember, 23 Uhr) gebe ich tatsächlich im „Facebook Safety Check“, wo ich noch als Berliner firmiere, bekannt, dass ich „in Sicherheit“ bin und lese die entsprechenden Statusmeldungen von Freunden und Bekannten. Gruselig, deprimierend. Per Mail werde ich gefragt, ob ich gerade in Berlin sei.
Der Abschluss einer furchtbaren Jahres. Und sofort geht die unerträgliche Scheiße mit „Je suis Berlin“ und „Pray for Berlin“ los. Trump und Böhmermann twittern, die eiskalte Fresse des Innenministers, Spekulationen der Presse unter dem Label „Berufung auf Sicherheitskreise“. Und selbstverständlich sind die Gedanken von irgendwelchen Scheiß-Politikern wie auf Knopfdruck bei den Angehörigen der Opfer, tränenlose Anteilnahme von Berufsheuchlern, die sich ein Wettrennen um das schnellste öffentliche Statement liefern, während noch einige Menschen mit dem Tode ringen. Wer sich heute nicht zum Nihilismus bekennt, wird es nie mehr tun.
Zufälligerweise habe ich mich gestern fast den ganzen Tag mit Berlin befasst, auch mit dem Breitscheidplatz. Den folgenden Text habe ich am Nachmittag geschrieben. Jetzt wirkt er nichtssagend und banal. Ich bringe ihn trotzdem. Nutzt ja nix …
Das alte Berlin
„Langsam durch belebte Straßen zu gehen, ist ein besonderes Vergnügen. Man wird überspült von der Eile der andern, es ist ein Bad in der Brandung.“ (Franz Hessel: Spazieren in Berlin)
Ich lese gerade „Spazieren in Berlin“ von Franz Hessel, 1929 erschienen. Hessel, 1880 in Stettin geboren, ist ein Literat, der in Berlin, München und Paris gelebt hat. Sein Sohn, Stéphane Hessel, wurde mit „Empört Euch!“ vor einigen Jahren berühmt.
Nicht nur das Berlin der Weimarer Republik, sondern auch das alte Berlin scheint in diesen kleinen Erzählungen auf. Smalltalk, Sightseeing und Bestseller sind als Begriffe schon bekannt. Auf dem Gelände des heutigen Marx-Engels-Forums ist noch dichte Bebauung, direkt gegenüber des Stadtschlosses ist das „König von Portugal“ in der Burgstraße, das älteste Hotel der Stadt (erbaut 1699).
„Am Krögel“, südlich davon, ist die letzte mittelalterliche Gasse Berlins. In den dreißiger Jahren muss sie einem Neubau weichen. Dort war früher auch das Judenghetto. 1742 lässt Friedrich der Große im Tiergarten, damals noch das Jagdgebiet der Hohenzollern, eine Fasanerie anlegen, aus der später der Zoologische Garten wird. Am Schiffbauerdamm war zu dieser Zeit noch ein Rummelplatz mit Karussell, Irrgarten und Lokalen.
An der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche beginnt zu Hessels Zeiten der Broadway Charlottenburgs, Tauentzien und Ku’damm. Um den wilhelminischen Prunkbau tost „der wilde Rundverkehr der Trambahnen, Autos, Autobusse und Menschenmassen.“ Die Kirche passt nicht in die Welt der Leuchtreklamen und der Autor wünscht sich: „Aber wenn diese Kathedrale mit dem langen Namen wenigstens ein bisschen altern und zerfallen wollte.“
Dieser Wunsch sollte in Erfüllung gehen. Der Jude Hessel emigrierte 1938 nach Paris und starb 1941 im Exil in Sanary-sur-Mer, sein Sohn landete als Mitglied der Resistance in einem deutschen KZ. Aus der Gedächtniskirche wurde ein weltweit bekanntes Mahnmal gegen den Krieg. Heute wirbt man ja lieber man dem Brandenburger Tor und Preußens Glanz und Gloria. Davon gibt es ja noch genug. Die Yorck- und die Gneisenaustraße in Kreuzberg, benannt nach preußischen Generälen.
Die Gertraudenstraße südlich des Stadtschlosses war früher im Zentrum von Cölln, einer Stadt, die im Spätmittelalter mit Berlin auf der anderen Seite des Flusses fusionierte. Dort war das „Narrenhäuslein“, in das man in uralter Zeit die Betrunkenen brachte, die dort ihren Rausch ausschlafen durften. Nach einer längst vergessenen Volkssage verwandeln sich die Seelen der Verstorbenen in Mäuse und kommen in der ersten Nacht nach dem Tod zur heiligen Gertraud, in der zweiten zum heiligen Michael, bevor sie in der dritten Nacht im Jenseits ankommen. Heute ist die Straße ein seelenloser Teil der achtspurigen B 1, südlich von ihr ist eine hässliche Hochhaussiedlung aus DDR-Zeiten.
Es ist die Zeit, als noch Leierkastenmänner in die Hinterhöfe kamen und Musik machten. Die Leute kamen an die Fenster, froh über die Unterbrechung der Arbeit oder des Alltags, und warfen Münzen hinunter. Später wurde dieser Berufsstand durch die Radiotechnik wegrationalisiert.
Noch eine Berlin-Geschichte: In Tegel spukt es, ein Aufklärer sieht Gespenster und Goethe verarbeitet die Story im „Faust“: https://de.wikipedia.org/wiki/Spuk_von_Tegel
Berlin wie es war: https://www.youtube.com/watch?v=qxtiXNJ0Y1U
Montag, 19. Dezember 2016
Ein neuer Stern am Bloggerhimmel
Was könnte man über diese Frau nicht alles sagen? Sie ist aus meiner Heimatstadt Ingelheim und war Kellnerin in meiner legendären Stammkneipe "Pony Express". Ich sollte mit ihr im Auftrag des FAZ-Verlags einen Karriereratgeber für Frauen schreiben, als ich noch Hartz IV-Empfänger war. Sie macht "irgendwas mit Medien" und hat am selben Institut für Politikwissenschaft in Mainz studiert wie ich. Sie ist mindestens so witzig und schlagfertig wie Böhmermann, hat aber aus unerfindlichen Gründen immer noch keine eigene Fernsehshow. Aber jetzt ist sie Bloggerin.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit einem herzlichen Applaus auf meiner Blogroll den neuen Star am Bloggerhimmel:OUT OF THE BOX
https://urelelif.wordpress.com/
Zitat des Jahres
„Bei Helmut Kohl erinnern wir uns an die Wiedervereinigung und den Parteispendenskandal, bei Gerhard Schröder an Hartz IV und den Afghanistankrieg. Was wird von Angela Merkel bleiben? Windräder und Flüchtlingsheime.“ (Johnny Malta)
Sonntag, 18. Dezember 2016
Der platonische Eros eines Rokokotischchens
“Ich denk an dein Auge, ich denk an deinen Ellbogen / Ich denk an deine Zahnarztrechnung, ich denk an dein Furunkel.” (Usbekisches Liebeslied)
Blogstuff 97
Um zu wissen, wer in Deutschland zu den staatstragenden Parteien gehört, muss man sich nur anschauen, wer einen Vorstandsposten in der Atlantikbrücke hat: CDU, SPD, FDP und Grüne. Das war’s. Von Seiten der Kapitalfraktion die üblichen Verdächtigen: Deutsche Bank, Daimler, Axel Springer, Roland Berger, DGB usw. Die Adresse der Geschäftsstelle ist übrigens Am Kupfergraben 7. Am Kupfergraben 6 wohnt Angela Merkel. Zufälle gibt’s …
Googele – die Firma ist doch aus Schwaben, oder?
Wenn Bob Dylan rhythmisch mit dem Finger auf den Tisch klopft, ist es Musik (manche sagen sogar: Literatur), wenn ich rhythmisch mit dem Finger auf den Tisch klopfe, ist es Lärm.
Kennen Sie das auch? Wenn Akademiker kochen, verbinden sie es gerne mit einer endlosen Klugscheißerarie, mit einem never ending Monolog, auf welchem Markt sie die Tomate gekauft haben, warum man sie nur mit diesem Spezialküchenmesser von Manuficktum schneiden darf, nach wieviel Nanosekunden man den Fond aus tibetanischem Kalbslebergedöns in den Topf rühren soll usw. Das gab es vor der Erfindung der TV-Kochshow nicht. Damals war Kochen noch einsame, verschwiegene Arbeit und die Gäste wurden nicht zu Fronarbeiten wie Zwiebelschneiden und Salatwaschen in die Küche gezwungen, sondern kamen, wenn der ganze Plunder essfertig serviert wurde und der Wein schon auf dem Tisch stand.
Andy Bonetti hat für seinen Relaunch im August den Förderpreis der Stadtsparkasse Bad Nauheim in der Kategorie „Unser Blog soll schöner werden“ bekommen.
Das Lokal an der Uferpromenade wirkte mit seiner riesigen Glaswand wie ein Aquarium. Als er es betrat, bemerkte er gleich, dass dieses Aquarium mit Rauch gefüllt war.
Sein Schweigen erschien uns immer bedeutungsvoll und als Ausdruck philosophischen Tiefgangs. Nach Jahren bemerkten wir: Er ist eine Sphinx ohne Geheimnis, um es mit Oscar Wilde zu sagen.
Werbung: „Risco Tanner – Schießen Sie auf den Dudelsackspieler“. Der Schottlandkrimi. Neu! Jetzt in Ihrer Bahnhofsbuchhandlung.
Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er hat in Bad Nauheim die Bewegung „Apfelwein auf Krankenschein“ gegründet.
Hätten Sie’s gewusst? Prominente sind unglaublich klein, wenn man sie mal in echt trifft. Bis auf Andy Bonetti.
Aufgemerkt! Da die Clickzahlen für Catcontent immer weiter in die Höhe schießen, habe ich mir bei Amazon einen Koalabären bestellt. Hoffentlich sieht er nicht aus wie Sigmar Gabriel.
Johnny Malta hat früher im Orchester der Integrierten Astrid-Lindgren-Gesamtgrundschule Bad Nauheim gespielt. Berühmt ist sein Tuba-Solo in „Anarchy in the UK“.
Hätten Sie’s gewusst? Der Mensch kratzt sich pro Tag 400 x am Kopf, er bohrt sich 53 x in der Nase und hat 3000 x Blähungen, die meisten davon unbewusst, z.B. im Schlaf (sogenannte Mikroeruptionen).
Wovor ich wirklich Angst habe: Bonetti wird von einem fanatischen Anhänger erschossen, der im Gefängnis einen Bestseller über seine Tat schreibt.
Egoismus? Das Wort reicht mir nicht mehr, es ist zu schwach. Autismus trifft es besser.
Über dem Fensterbrett hing eine rote Bettdecke. Es sah aus, als würde mir das Fenster die Zunge rausstrecken.
In Deutschland ist man von einem einzigen Tippfehler „grundsätzlich genervt“. Nein. Man ist nicht von diesem Tippfehler genervt, auch nicht vom gesamten Text. Man ist von seinem eigenen beschissenen Leben genervt – und das ist richtig!
Depeche Mode - It's No Good. https://www.youtube.com/watch?v=aieEZ950d1I
Sie haben immer noch nicht alle Weihnachtsgeschenke? Das darf doch nicht wahr sein! Jetzt neu: „Andy Bonetti – Inferno und Ekstase.“ Für 4,99 € als E-Book.
Samstag, 17. Dezember 2016
Von Hagen nach Siegen
In Hagen, dieser stolzen Stadt
Die nichts von einem Drecksnest hat
Geriet ein Mann in arge Not
Und das schon vor dem Morgenrot
Indes die Frau an seiner Seite
In Ahnung einer Poker-Pleite
Hat Geld parat für solche Zwecke
Versteckt unter der Daunendecke
So zieht sie ihren Mann am Ohr
Aus der Spelunke rasch hervor
Und leitet ihn mit derben Hieben
Zurück ins eig’ne Heim nach Siegen
Donnerstag, 15. Dezember 2016
Das Zwiebelmettbrötchen als gustatorische Herausforderung
Blogstuff 96
„Ich bin der Hirte meiner Träume.“ (Lupo Laminetti)
Ich träume, ich sei als Kandidat für einen Literaturpreis in eine fremde Stadt eingeladen. Das Hotel ist bezahlt und in einer Buchhandlung darf ich mir auf Kosten des Veranstalters Bücher aussuchen. Das Geschäft ist riesig und besteht aus mehreren großen Zimmern, die jeweils einen Schwerpunkt haben (Belletristik, Reisen usw.). Ich kann mich nur schwer entscheiden. Als erstes will ich mir ein Notizbuch nehmen, aber alle Notizbücher sind bereits ganz oder teilweise vollgekritzelt. Auf den Ansichtskarten in einem Ständer stehen bereits Adressen und die Comics sind in fremden Sprachen. Ich wähle ein paar Bücher aus, die Zeit drängt, denn der Laden schließt. Die einzelnen Zimmer werden abgeschlossen. An der Kasse macht sich eine unfreundliche Buchhändlerin über meine Auswahl lustig. Außerdem müsse sie erst noch den Veranstalter anrufen, ob die Rechnung auch wirklich übernommen wird. Ich würde am liebsten gehen, traue mich aber nicht.
Hätten Sie’s gewusst? Andy Bonetti hat von 1987-1989 im „Starkstromkombinat Obst, Gemüse und Kurzgeschichten“ seine ersten Texte veröffentlicht.
Jeder kennte diese Leute, die sich den ganzen Tag selbst bespiegeln können, ohne sich selbst zu durchschauen.
… und dann haben wir da noch die SPD: Aus Angst vor dem eigenen Schatten den Mond ankläffen – das können sie richtig gut.
Gott hat einen Schnurrbart – da lege ich mich jetzt mal fest. Er könnte aber trotzdem eine Frau sein.
Andy Bonetti, Testsieger im Bereich „Aktuelle Literatur“ in der neuen Ausgabe der „Stiftung Warentest“.
Bad Nauheim ist durch den Buchhandel reich geworden. Schon in der Antike zogen die Karawanen der großen Verlage durch die Stadt.
Die Talkshows sind zu Hahnenkämpfen verkommen, bei denen gehässige Moderatoren Menschen mit unterschiedlichen Meinungen aufeinander hetzen und sie mit den früheren Aussagen der Kontrahenten noch zusätzlich aufstacheln.
Selbst auf dem Land kennt man die Natur nur noch aus den Medien. Wer könnte im Winter einen Kirschbaum von einer Eiche unterscheiden?
Ich komme mir im ICE zwischen all den Leuten mit ihren Smartphones und Laptops schon ein wenig armselig vor. Ich habe ja noch nicht mal eine Zeitung. Also ziehe ich die Schnürsenkel aus meinen Schuhen und übe Seemannsknoten.
Abend im Dorf. Vierecke aus Gold sind in die Kälte geschlagen. Der steinalte Gastarbeiter, der mit seiner Frau am Küchentisch eines winzigen Häuschens am Ende der Straße sitzt. Die Falten und Furchen seines Gesichts, „Schluchten der Resignation“ (Karlheinz Deschner).
Stein war so winzig, dass ihn alle nur Steinchen nannten. Er taugte nicht zum Hausbau, höchstens zum Fußballspielen. Doch eines Tages wurde er Bundespräsident (Beginn einer Ballade).
Das große Kulturereignis in Bad Nauheim 2017: Bonetti verpackt Christo. In der Zwischenzeit muss Johnny Malta vier Wochen auf der Aida lesen.
Eine Freundin ist zum 1. November in eine neue Wohnung in Köln gezogen. Wegen der vielen Einbrüche hat sie zwei Türschlösser und sie schließt sich abends immer in der Wohnung ein. Am Morgen bekommt sie das Sicherheitsschloss von innen nicht auf, kriegt Panik und ruft die 110 an (auf keinen Fall einen Schlosser oder einen Schlüsseldienst, pflichte ich ihr bei). Fünf Minuten später hat sie das Schloss doch auf und ruft nochmal die 110, um die GSG 9 zurückzupfeifen, die sicher schon auf dem Weg war. Der Beamte am Telefon hätte sich kaputtgelacht, erzählt sie. Wir auch.
Der große Geschenktipp: Die Bibel-Edition von Uschi Glas. Mehr geht nicht.
https://www.die-bibel.de/shop/themenwelten/prominente-und-die-bibel/lutherbibel-edition-uschi-glas-3318
John Foxx - Sitting At The Edge Of The World. https://www.youtube.com/watch?v=FDKdk6nIUNg
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Mittwoch, 14. Dezember 2016
Nie mehr zum Arzt!
Wie geil ist das denn? Die Quantenheilung ist erfunden. Endlich. Was hätten wir nur ohne sie gemacht. Schluss mit zeitraubenden Untersuchungen, langweiligen Diagnosen oder ekelhaften Operationen in uncoolen Krankenhäusern.
„Bei der Quantenheilung wird mit reinem Bewusstsein gearbeitet. Die reine Absicht zu helfen kann schon erstaunliche Resultate hervorrufen.“
Also weg mit den Instrumenten, den weißen Kitteln und den ganzen bunten Pillen. Gefällt mir.
„In den meisten Fällen wird bei der Quantenheilung mit sanfter Berührung gearbeitet. Quantenheilung kann aber auch berührungslos über wahrscheinlich unendliche Entfernung ‚angewendet‘ werden. Bei der Quantenheilung spielt es keine Rolle, ob der Quantenheiler das 'Problem' oder die Sorgen des Klienten kennt.“
Dann kann ich ja auch Quantenheiler werden. Ohne meinen Arsch aus dem Bett zu bewegen. „Quantenheiler“ klingt ja auch viel besser als „Arbeitsloser“ oder „Student“.
„Die Quantenheilung basiert auf den Erkenntnissen der Quantenphysik, die sich mit der Wechselwirkung kleinster Teilchen befasst.“ Alfred Einstein, Johnny Heisenberg und Sheldon Cooper haben es also praktisch erfunden. Und diese Physiker sind unheimlich schlau.
Das kann also gar nicht falsch sein. Schließlich haben die Nerds ja auch das Universum und die Schwerkraft erfunden.
„Grundannahmen
• Alles ist mit allem verbunden - Alles ist Schwingung in unterschiedlichen Frequenzen.
• Alles ist Licht und Information.
• Bewusstsein erzeugt Realität und Energie folgt der Aufmerksamkeit.“
Na klar! Alles ist mit allem verbunden. Ich sehe nicht eine einzige Lücke in der Realität. Da ist immer irgendwas und das wirkt auf die anderen Sachen. Zupfst du dir ein Arschhaar aus, tränt das Auge. Ich sag nur: Domino-Effekt.
Jetzt denke ich mir ganz schnell einen Hunderter in die Brieftasche. Ach nee, das geht nicht. Ich muss erst einen Vollidioten finden, der mir die Nummer abkauft und anschließend auch noch bezahlt. Das geht auch über weite Entfernungen, zum Beispiel mit einer Überweisung.
„Bei aller Kritik von Seiten der Wissenschaft spricht doch die Beliebtheit der Quantenheilung dafür, dass sie wirken muss. Sonst würden kaum so viele Menschen Geld dafür ausgeben.“
Wäre das was für Sie? Können Sie einfach so Quantenheiler werden?
„Quantenheilung kann jeder lernen. Man benötigt keine speziellen Vorkenntnisse. Allerdings ist es von Vorteil, wenn man bereits einen guten Zugang zu seinen Gefühlen hat und seinen Körper gut wahrnehmen kann.“
Passt. Neulich habe ich mir den kleinen Zeh am Bettpfosten gestoßen – ich fühle mich sehr genau. Und meinen Körper habe ich erst gestern im Spiegel gesehen. Jetzt muss ich nur noch das Seminar buchen und mir die Fachbücher kaufen. Diese Quantenheiler sind unglaublich clever, ich kann es spüren.
http://secret-wiki.de/wiki/Quantenheilung
Sie haben noch nicht genug? Wie wäre es mit Huna, den sieben schamanischen Prinzipien der Polynesier? Aloha, die Macht der Liebe, zum Beispiel. Keine Gewalt! Außer beim Öffnen von Gurkengläsern. Mana – alle Macht kommt von innen. Werde ich demnächst mal der Polente vortragen, ich wette, das wussten die gar nicht. Jeder hat Macht. Wow! Hätte ich das doch schon als Kind gewusst.
Lesen Sie Secret-Wiki. Fakten haben ausgekichert, es lebe die Welt der Gefühle.
http://secret-wiki.de/wiki/Huna#Die_sieben_schamanischen_Prinzipien
Amii Stewart – Knock On Wood. https://www.youtube.com/watch?v=XKuJUxGntRI
Dienstag, 13. Dezember 2016
Rädelsführer des Marzipanunwesens in Wattenscheid
Blogstuff 95
“Wir müssen nur endlich die Dummen loswerden, die Hässlichen, die Kranken, die Armen, die Alten, die Arbeitslosen, die Zweifler und Kritiker – dann leben wir im Paradies.” (Johnny Malta)
Du stehst ganz allein im Telefonmuseum, als du das Klingeln hörst.
Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er entwirft Einlegepapier für Küchenschubladen.
„Wenn du den Daumen schmierst, musst du auch den Zeigefinger schmieren.“ (Hunsrücker Sprichwort)
Ein geschenkter Burger schmeckt besser als ein gekaufter Burger.
„Andy Bonettis ‚Inferno und Ekstase‘ ist eine kaum lesbare Zusammenstellung endloser, mit Schimpfworten durchsetzter Monologe eines gescheiterten, desillusionierten Menschenwracks.“ (Lupo Laminetti)
Da lacht der Jurist:
Anwalt 1: „Wie läuft’s bei dir?“
Anwalt 2: „Kann nicht klagen.“
Hätten Sie’s gewusst? Als im Zweiten Weltkrieg Rommels Afrikakorps Tobruk belagert hat, verteidigte die polnische Karpatenbrigade, damals Teil der britischen 8. Armee, die Stadt. Globalisierung ist nichts Neues.
Ich werde nie wieder ein neues Blatt in die Schreibmaschine einspannen. Schade.
Die Fotos in diesem Blog können Sie übrigens für 9,99 bei Bonetti Marvelous Sellout Empire kaufen.
„Morgen!“ Mein Lieblingstag. „Morgen!“ Mein Schlachtruf.
Traum: Ich lebe in einem amerikanischen Dorf, in dem es die ganze Zeit um Drogenhandel und Bürojobs geht, mit denen wir das Geld für die Drogen beschaffen. Ich spaziere in einem Superman-T-Shirt und einem leeren Aktenkoffer durchs Dorf und höre die Gespräche über Drogen. Ich sehe einen Mann, der zu einem älteren Ehepaar in einem kleinen Haus geht. Im Wohnzimmerfenster sehe ich einen großen Teddybären mit schwarzer Sonnenbrille und eine Waage auf dem Fensterbrett. Das Ehepaar schmeißt den Mann wieder aus dem Haus, nimmt den Teddy und die Waage aus dem Fenster, stattdessen stellen sie ein Schild mit der Aufschrift „No!“ hinein. Wir müssen immer länger für die Drogen arbeiten und es dauert immer länger, an Drogen zu kommen. Ich wohne in einer WG mit ein paar anderen Leuten. Mein Zimmer ist eine einzige Müllhalde und es regnet durch die Zimmerdecke.
Am Ende komponierst du eine Reihe von Satzzeichen, die einfach nur gut aussieht.
Kinder kann man mit Geschenken glücklich machen, Erwachsene nicht. Erwachsene sehen etwas im Internet, klicken einfach drauf und schon haben sie es. Kinder sehen etwas, wünschen sich etwas als Geschenk, aber sie können es nicht erreichen. Zwischen ihnen und der gewünschten Sache, dem Kuscheltier, der Schokolade usw., liegt ein endlos erscheinender Sehnsuchtsraum. Das macht das Geschenk so wertvoll. Erwachsene sind trotz ihres Wohlstands eigentlich arme Schweine, denn sie kennen das Gefühl des Wünschens, Hoffens und Erwartens nicht.
„Carpe diet“ hat mir jetzt Vorschläge geschickt, wie ich meinen BMI von 40 runterdrücke. Leider war keine Weinempfehlung dabei.
Der Germanist Rüdiger Flunsch rekonstruiert die Bonetti-Rezeption als „zentrales Beispiel interkulturellen Konflikts“ und Modell hessischen Schicksals in der Literatur des 21. Jahrhunderts insbesondere im Werk Lupo Laminettis.
Trump? Natürlich bin ich angerufen worden, als es um den Job ging. Schließlich habe ich seit einer Woche niemand mehr getötet.
Sheila B Devotion – The Spacer. https://www.youtube.com/watch?v=lrKjawtXY3s
Jetzt neu: „Andy Bonetti – Inferno und Ekstase.“ Für 4,99 € als E-Book.
Montag, 12. Dezember 2016
Kinder, wie die Zeit vergeht
Haben Sie ihn erkannt? Bei Reklame für Diäten gibt es ja immer diese Vorher / Nachher - Bilder. Bei mir ist es umgekehrt. Das ist das Vorher-Bild. Sommer 1986. Im Hintergrund der Rio Grande bei Kassel.
P.S.: Auf dem T-Shirt ist übrigens das Logo der Bitburger-Brauerei. Ich rauchte damals Camel und fuhr einen Alfa Romeo. Soviel zum Product Placement.
Weltexklusiv! Bonettis Arbeitsplatz
Das Geheimnis ist gelüftet. So sieht es also auf Bonettis Schreibtisch aus. Die Texte werden nicht, wie Literaturwissenschaftler lange vermutet haben, mit einem Laserschwert in Marmor gebrannt und dann mit einem Zeppelin in die Redaktion geflogen. Links und rechts sehen Sie die Boxen, aus denen gerade die Musik von Richard Wagner dröhnt, denn der Meister arbeitet an einem Aufruf zu einem Überfall auf Polen.
Warnung! Ich habe nicht abwarten können und das Päckchen vom Weihnachtsmann schon heute aufgemacht. Ich bin jetzt stolzer Besitzer eines Fotoapparats. Es kommen also noch mehr Bilder.
Aufgepasst, Ackerboy! Du bekommst allerschwerste Konkurrenz. Und Frau Tonaris Rostparade werde ich, die entsprechende Witterung vorausgesetzt, eine Frostparade entgegensetzen. Ansonsten auch gerne eine Frustparade oder Froschpanade.
P.S.: Bevor jetzt Fragen wegen der Gitter am Fenster kommen. Ja, ich sitze im Gefängnis. Zwanzig Jahre wegen schlechter Witze. Ohne Bewährung.
Eike – Die Heimkehr
Kannst dem Schicksal widerstehen,
Aber manchmal gibt es Schläge;
Will's nicht aus dem Wege gehen,
Ei, so geh' du aus dem Wege!
(Goethe)
Er hat in der Nacht zuvor kaum geschlafen. Es war der leichte Dämmerschlaf der Tiere, die unter den Sternen ein paar Stunden der Ruhe finden, umgeben von geheimnisvollen Geräuschen und Gerüchen. Die Aufregung und die Sehnsucht, die mit jedem Schritt in Richtung Heimat stärker geworden ist.
Wichtelbach. Stille. Die lärmende, oberflächliche Fröhlichkeit der Filmindustrie liegt hinter ihm. Die nervenzersetzende Aufdringlichkeit der Stadt kann ihm nichts mehr anhaben. Nie mehr diese Konfettimenschen mit ihren bunten Klamotten sehen müssen, die durch ihre bloße Anwesenheit die Ruhe der monochromen Wälder und Meere stören.
Über ihm das riesige dunkelblaue Auge des Abendhimmels. Das warme Licht der kleinen Fenster im Dorf.
Endlich kommt er an das Fenster seines Hauses.
Er sieht lange hinein.
Eike ist wieder zurück. Eike ist angekommen.
***
Ruhig nimmt er Stufe für Stufe zur Haustür und klingelt.
Ein großer Mann öffnet ihm, den er noch nie zuvor gesehen hat. Er hat ein breites, knallrotes Gesicht und in seinem Mundwinkel glimmt eine dicke Zigarre, die genauso hässlich ist wie er selbst. Seine Figur erinnert an einen Flamingo: grotesk dünne Beine und darüber ein kugelrunder Körper.
„Komm doch rein, Eike.“
Eike betritt das Haus. Die Tür schlägt hinter ihm zu.
Der erste Leser so: Facepalm.
Eike folgt dem dicken Mann in den schwarzen Lederklamotten ins Wohnzimmer. Dort sitzt seine Familie regungslos auf dem Sofa. Genauso, wie er sie durch das Fenster gesehen hat. Neben dem Fernseher steht sogar ein Weihnachtsbaum, unter dem Geschenke liegen. Obwohl gerade Juli ist.
Die Wohnzimmertür schlägt hinter ihm zu.
Keiner lacht. Alle schauen ihn ängstlich an.
Eike betrachtet sich mit einem warmen Lächeln die einzelnen Gesichter. Seinen Vater. Seine Mutter. Seine fünf Brüder. Sogar Grandpa Eierbecher ist da. Sie schauen ihn mit großen Augen an.
„Hallo. Ich bin wieder da.“
Keine Reaktion.
„Ist das hier nicht das Happy End?“
Und seine Familie komplett so: Facepalm.
Und der Gangster so: Facepalm.
Und Eike so: „Kann mir mal einer sagen, was hier los ist?“
Dusty Runzlmeyer entsichert die achtläufige Pumpgun.
Hat der Ich-Erzähler plötzlich die Seiten gewechselt und arbeitet jetzt mit dem berüchtigten Porzellanjäger zusammen?
Muss Eike wieder zurück nach Las Vegas? Da waren wir doch schon!
Wie geht es weiter?
Fortsetzung folgt.
H-Blockx – Pour Me A Glas. https://www.youtube.com/watch?v=rQPQS3g9j-Y
Sonntag, 11. Dezember 2016
Die Wundertüte
Als ich noch ein kleiner Junge war (die erste Million Leser verlässt nach diesem lauwarmen Auftakt das Blog), ging ich immer mit meiner Großmutter auf den Rummelplatz. Fasziniert haben mich besonders die Wundertüten. Es war eine Tüte, auf der stand in knallroten Buchstaben „Wundertüte“ und sie kostete fünfzig Pfennig. Es war meistens eine Spielfigur aus Plastik darin, ein Cowboy, ein Indianer oder ein Soldat, es war ein Kaugummi oder etwas anderes Süßes darin und noch etwas Drittes, das ich vergessen habe. Egal. Die Faszination der Wundertüte ist einfach: Du weißt nicht, was darin ist.
Genauso ist Donald Trump. Du weißt nicht, was auf dich zukommt. Der Mann hat kein Programm, er hat im Prinzip keinen Kontakt zu seiner Partei, er ist kein Politiker. Keine Ahnung, was uns ab Ende Januar 2017 erwartet. Er selbst wird es auch nicht wissen. Die große Wundertüte 2017. Der Wahlkampf im Herbst 2016 wird uns nicht weiterhelfen. Wer macht schon die Politik, die er im Wahlkampf angekündigt hat? Trump wollte Hillary Clinton ins Gefängnis stecken und die Mexikaner zwingen, eine Mauer an der Grenze zur USA zu finanzieren. Ich freue mich wie ein Kind auf die Wundertüte, obwohl ich Angst haben sollte, wenn ich über Trump nachdenke.
Gewalt + Egoismus + Kaugummi.
Was kommt nach den Fakten?
Das Diktum von der „postfaktischen Gesellschaft“, vom „postfaktischen Zeitalter“ ist sehr erhellend. Aber anders, als es die Verfechter dieser These (Merkel e tutti quanti) vielleicht intendiert haben. Wir treten in eine Phase des Neoliberalismus, in der seine Apostel aufgehört haben, Kreide zu fressen.
Wir brauchen keine Fakten und keine Argumente mehr. Es geht nur noch darum, wer härter ist, wer schneller ist, wer mächtiger ist. Das ist der faschistische Kern der neoliberalen Ideologie. Das Recht des Stärkeren, die reine Herrschaft als letztes Faktum.
„Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl" - so wollte Adolf Hitler einst seine Jugend sehen, das waren seine Forderungen. So könnte es auch heute noch in einer Stellenausschreibung der Industrie oder der Banken stehen. Argumente und Fakten nutzen dir nichts, wenn es um die erbarmungslose Durchsetzung eigener Interessen, wenn es um Konkurrenz und um Kampf geht.
Die Verlierer dürfen ihr Kreuz auf den Golgathahügel hinaufschleppen, dagegen war Sisyphos ein glücklicher Mann. Was kommt nach den Fakten? Was kommt nach der Demokratie?
P.S.: Die Redaktion des Oxford English Dictionary hat ‚post-truth‘ (postfaktisch) im November 2016 zum „internationalen Wort des Jahres 2016“ erklärt. Die Gesellschaft für deutsche Sprache zog einen Monat später nach und erklärte „postfaktisch“ zum Wort des Jahres.
Das Beste aus allen Diäten
„Ich habe mich vorhin im Spiegel betrachtet. Ich habe mich noch nie so im Spiegel betrachtet. Ich habe in mein Gesicht gesehen. Ich war so voll Hass, voll Wut, voll Scham, voll Enttäuschung, Enttäuschung. ENTTÄUSCHUNG. Ich hätte mich anspucken können, ich hätte weinen können, ich hätte in den Spiegel schlagen können, mitten hinein die Faust in die Visage, die ich hasse, die ich liebe, die ich hasse. Ja, ich hasse sie. ICH HASSE SIE. Aber ich kann es mir nicht leisten. Der Spiegel kostet Geld, und meine Nerven kosten Geld. Und ich habe kein Geld. Ich habe keinen Beruf. Ich habe keinen Namen.“ (Karlheinz Deschner: Die Nacht steht um mein Haus)
Ich esse nach der Atkins-Diät jeden Tag ein großes Steak und Zwiebelmett. Fett- und proteinreich muss es sein. Außerdem sind Obst, Gemüse und Fisch erlaubt. Zur Schweinshaxe gibt es also einen Krautsalat.
Nach der Glyx-Diät darf ich Nudeln und Milchprodukte essen. Da gibt es zum Zwiebelrostbraten natürlich Spätzle und zum Nachtisch einen Eisbecher.
Die „Deutsche Gesellschaft für Ernährung“ empfiehlt Kartoffeln. Yes! Endlich kommen wir zum Thema Klöße, Pommes frites und Bratkartoffeln. Und Kartoffelchips.
Neulich habe ich gelesen, dass zwanzig Gramm Nüsse pro Tag gesund sind und jeder Tag ohne Nüsse im Prinzip ein tödliches Risiko ist. Ich mag Erdnüsse. Besteht Nutella nicht auch aus Nüssen?
Womit wir bei den süßen Sachen wären. Laut den Regeln der Trennkostdiät soll man morgens und abends Kohlenhydrate zu sich nehmen. Sag Hallo zu Kuchen, Honig, allen Brotsorten und allen Formen von Zucker. Mittags gibt es Eiweiß, also zum Beispiel ein schönes Cordon Bleu, das nochmal extra mit Käse überbacken wurde.
Nur das Thema Alkohol wird etwas stiefmütterlich behandelt – aber ich habe schließlich schon den ganzen Tag nach diversen Diäten gelebt. Prost!
Mein Tipp: Die Bonetti-Diät. Kaufen Sie nur Lebensmittel, in denen ein B vorkommt. Sei es im Produktnamen oder im Herstellernamen. Beispiel: alle Biersorten und Zitronensorbet, Nudeln aber nur von Barilla, Chips nur von Bahlsen usw. Versuchen Sie, in jedem Regal etwas mit B zu finden. Achtung: Keinesfalls mehr als sieben Mahlzeiten am Tag.
Michael Jackson - Don't Stop 'Til You Get Enough. https://www.youtube.com/watch?v=yURRmWtbTbo
Samstag, 10. Dezember 2016
Der zehnte Dezember
Wissen Sie noch, was Sie am 10.12.1977 getan haben? Oder am 10.12.1978? Oder am 10.12.1979? Nein.
Ich weiß, was ich an diesen Tagen gemacht habe. Ich schreibe. Der erste Tagebucheintrag datiert vom 6.9.1975, kurz nach meinem neunten Geburtstag.
10.12.1977: An diesem Samstag habe ich den ganzen Vormittag gespielt. Zum Mittagessen gab es Linsensuppe. Nachmittags war ich mit meinem Freund Jan bei der Weihnachtsfeier meines Fußballvereins (Spielvereinigung Ingelheim). Jeder bekam eine grüne Turnhose als Weihnachtsgeschenk und wir mussten uns einen Fußball-Lehrfilm anschauen. Um 23:45 Uhr ging ich ins Bett.
10.12.1978: Gemeinsam mit meinem Vater und meiner Schwester habe ich die Großeltern in Katzenelnbogen besucht. Es gab Rollbraten mit Kartoffeln zum Mittagessen. Ich habe viel ferngesehen und abends mit meinem Vater in Schweppenhausen Tischtennis gespielt. Um 22:25 Uhr ging ich ins Bett.
Ich bin ein schrecklicher Pedant. Daher weiß ich aus meinem Tagebuch auch, dass ich 1978 genau 61 x Buletten, 53 x Spaghetti mit Fleischsoße und 15 x Jägerschnitzel mit Pommes (letzteres im Gasthaus) gegessen habe. Meine damaligen Leibgerichte.
10.12.1979: Vormittags Schule, ich habe eine „2-“ in der Deutsch-Arbeit. Zum Mittagessen gab es Spaghetti mit Fleischsoße. Nachmittags war ich mit meiner Mutter und meiner Oma in der Stadt, am Abend mit meinem Vater und meiner Schwester im Schwimmbad. Um 22:15 ging ich ins Bett.
Zitat vom 21.12.1979: „Heute ist ein schöner Tag / Den ich sehr gern leiden mag / Aber wie so oft / Kommt ganz unverhofft / Wieder die große Scheiße / Und alles ist wieder das Gleiche.“
10.12.1980: Vormittags Schule, ich habe eine „1“ in der Sozialkunde-Arbeit (Klassenbester). Danach fuhr ich mit meiner Mutter und meiner Oma nach Mainz. Ich habe einen Hamburger mit Pommes bei McDonald’s gegessen. Dann kauften wir in einem Plattenladen mein Weihnachtsgeschenk von Oma: vier LPs (Pink Floyd, AC/DC, Scorpions und Rainbow). Abends war ich bei meinem Vater in Schweppenhausen. Im 0:25 ging ich ins Bett.
Ich habe 1980 übrigens genau 52 x Buletten, 46 x Spaghetti mit Fleischsoße und 16 x Jägerschnitzel mit Pommes (letzteres im Gasthaus) gegessen.
Zitat vom 24.9.1980: „Die Welt ist wie eine Zwiebel. Immer, wenn ich sie sehe, muß ich weinen.“
Meine Lieblingsgruppe ist in diesem Jahr Pink Floyd, Bob Marley ist mein Lieblingssänger und James Dean mein Lieblingsschauspieler. Literatur: Jules Verne ist die Nr. 1, aber das Lieblingsbuch ist „Das Tal der Abenteuer“ von Enid Blyton. Lieblingsfußballer ist Rainer Bonhof, meine Lieblingstiere sind der Tiger und das Kaninchen.
10.12.1981: Vormittags Schule. Zum Mittagessen gab es Linsensuppe. Hausaufgaben gemacht, gebastelt, Radio gehört, abends ferngesehen, und um 22:25 ging ich ins Bett.
Frühe Dichtung aus dem Tagebuch von 1981: „Rheuma, Pickel, Suff und Gicht / Schützen vor der Schule nicht.“
Commissario Bonettis 94. Fall
Bad Nauheim statt Venedig, Pralinski statt Donna Leon!
„Bonettismo o muerte.“ (Fidel Castros letzte Worte)
Eigentlich ging es damit los, dass er sich keine Texte merken konnte. Also schrieb man ihm seinen Text auf Pappkartons, die für den Zuschauer unsichtbar blieben. Aber es stellte sich heraus, dass er kurzsichtig war. Deswegen schrieb man seine Texte auf große Poster, die auf der Innenseite von Säulen platziert waren. Deswegen sieht man Bonetti immer nur hinter riesigen Säulen, wenn man seine Auftritte im Fernsehen betrachtet.
Hätten Sie’s gewusst? Ich mache im Juni eine Diät. Nur das Jahr steht noch nicht fest. Ein Lob der Prokrastination. Werden auch Sie Prokrasti-Nationlist!
Im Internet hast du immer das Feedback von den traurigen Gestalten, die mit ihrem eigenen Schreiben, Fotografieren usw. gescheitert sind. Es sind die Geister der Verstorbenen, die dir zurufen: Gib auf, lass es sein. Alles, was du machst, ist Dreck. Nur die Sterbenden folgen diesen Stimmen in den Abgrund. Wer wirklich lebt, hat keine Zeit für die schwarzen Seelen.
Jetzt neu: „Andy Bonetti – Inferno und Ekstase.“ Für 4,99 € als E-Book.
Trauriger Föhn 29 – das Passwort des Monats.
Bonetti Media & Roaring Competence – offizieller Literaturpartner des FC Bayern München.
Was macht eigentlich unser It-Boy Heinz Pralinski? Er hat gerade einen Essay mit dem Titel „Sie sächseln beim Sexeln – Ossis im großen Erotikvergleich“ in der „Praline“ veröffentlicht. Mit großzügigen Abbildungen von sekundären Geschlechtsmerkmalen!
Rätselhafte Welt der Sprichwörter: Was heißt es eigentlich, wenn man „Morgenluft twittert“?
Ich beantrage hiermit Namensrechte für: Keith Grube, Keith Bett und Keith Laster. Möglicherweise gibt es auch noch einen Film mit dem Titel „Eine Ladung Keith“.
Hätten Sie’s gewusst? Wenn Sie nach Japan ziehen, erhöhen Sie automatisch Ihre Lebenserwartung. Zumindest rein statistisch.
An Neapel mag ich besonders die Wäsche, die auf den Balkonen und vor den Häusern hängt. Als wäre in dieser Stadt der Wäschetrockner noch nicht erfunden worden. Wo sieht man in Deutschland noch die Wäsche anderer Menschen? In Neapel frage ich mich unwillkürlich, zu welchem Mensch die riesige graue Unterhose gehört oder das rote Kleid. Wer geblümte Bettwäsche hat oder ein Trikot des örtlichen Fußballvereins. Wenn man lange genug wartet, sieht man auch die Besitzer der Wäsche, die auf den Balkon kommen, um eine Zigarette zu rauchen oder in ein Mobiltelefon zu plärren. In Neapel ist der öffentliche Raum noch eine Bühne und keine Transitstrecke, die man hastig überwinden möchte.
Andy Bonetti markiert traditionell den Stand seines Verlags bei der Frankfurter Buchmesse mit einem satten Strahl Urin.
Die scheinbare Ordnung, die das Schreiben erzeugt, weil die Sätze eine Reihenfolge bilden, weil sie nacheinander stehen, nicht nebeneinander oder übereinander.
Mister Ed ist eine amerikanische Fernsehserie aus den sechziger Jahren, in der ein sprechendes Pferd die Hauptrolle spielt. Eigentlich bewegt das Pferd nur die Lippen und ein Schauspieler spricht. Das erinnert mich irgendwie an Politiker. Die Serie endete vor fünfzig Jahren, 1966, die Politik-Farce endet nie.
Das menschliche Gehirn wiegt etwa 1300 Gramm. Wieviel Gramm Vernunft enthält es?
In diesem Jahr war rund um meinen fünfzigsten Geburtstag das japanische Totenfest Obon. Warum übernehmen wir nicht mal solche Traditionen, anstatt nur die US-Feiertage wie Halloween, Valentinstag und den Star Wars-Tag am 4. Mai?
http://bento-daisuki.de/japan/feste-und-feiern/obon-ahnenfest-5211/
Gibson Brothers – Cuba. https://www.youtube.com/watch?v=PYND4zwDHvM
Freitag, 9. Dezember 2016
Von Deutschen lernen heißt siegen lernen
Was war das letzten Sonntag für eine Spannung. Wer wird der österreichische Bundespräsident? Die Kandidaten der großen Koalition in Wien waren schon in den Vorwahlen gescheitert, jetzt traten ein Grüner und ein Rechter gegeneinander an. Schon einmal hatte es in diesem Jahr eine Wahl zwischen den beiden gegeben. Hauchdünn war der Abstand. Dann die Sensation: die Wahl muss wiederholt werden. Dann ging auch die Wiederholung schief, weil die Wahlumschläge nicht richtig klebten und man dem Österreicher das Schließen der Umschläge mit Uhu oder Tesafilm nicht zumuten wollte. Ein ganz heißes Eisen, ganz großes Tennis. Die ganze Welt schaute zu, ja, die Welt hielt für einen Augenblick den Atem an. Würde der Triumphzug der Rechtspopulisten, der in Polen und Ungarn begann und der in diesem Jahr Großbritannien und die USSA erreicht hatte, in Österreich weitergehen?
Währenddessen wurde auch in Deutschland ein neuer Bundespräsident gewählt. Drei Deutsche trafen sich in einem Hinterzimmer: Merkel, Gabriel und Seehofer. Die Vertreter der großen Koalition in Berlin. Alle drei hoben die Hand und ein Beschluss wurde gefasst. Ein Minister der großen Koalition wurde zum Präsidenten gewählt. Der mit den weißen Haaren. Der sieht so seriös aus. Drei von achtzig Millionen Deutschen haben gewählt. Geräuschlos. Effizient. So funktioniert die deutsche Demokratie. The German Blitz. Ihr Völker der Welt, schaut auf dieses Land!
Operation Bakunin
Sehr geehrter Herr … (geschwärzt),
wie gewohnt erhalten Sie zum Jahresende einen Bericht über den Stand der Operation Bakunin unserer Abteilung „Steuerung und Verwaltung linksextremer Aktivitäten“ des Bundesnachrichtendienstes.
Wir haben an diversen Schwerpunkten (Berlin, Hamburg, Köln, Leipzig, Gelsenkirchen und Hannover) Organisationseinheiten gebildet, die mit großem Erfolg etwa fünftausend Personen binden, die linksextreme bzw. linksradikale Positionen vertreten und bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie mittelfristig Gewalt anwenden werden. Die Schlüsselpositionen der Organisationseinheiten werden durch von uns geschulte und finanzierte Multiplikatoren (im Volksmund auch „V-Leute“ genannt) besetzt, so dass die Leitung der Einheiten vollständig in unserer Hand ist.
Unsere Multiplikatoren besetzen die Schaltstellen der linksradikalen Szene, weil sie zum einen „erfolgreich“ Geld und Waffen besorgen. Wir stellen diese Mittel zur Verfügung, sie bleiben aber unter der Kontrolle unserer Multiplikatoren und sind zum Teil fiktiv. Zum anderen, indem sie „erfolgreich“ Anschläge durchführen und anschließend die Mitglieder der Organisationseinheiten informieren, die zum Ausgleich selbständig die Öffentlichkeitsarbeit („Bekennerschreiben“, „Solidaritätsdemos“ usw.) durchführen dürfen. So haben wir eine Reihe von fiktiven Anschlägen auf Militärstützpunkte, Abgeordnetenbüros und Einrichtungen des Bundesnachrichtendienstes inszeniert, die in Wahrheit nie stattgefunden haben oder mit geringem Aufwand (z.B. Zerstörung einer Schaufensterscheibe) durchgeführt werden konnten. Dabei haben die angeblichen Opfer linksradikaler Anschläge mit uns kooperiert und entsprechende Pressemitteilungen herausgegeben.
Wir haben darüber hinaus über unsere Multiplikatoren neue Themen gesetzt, um linksradikales Aktionspotential zu binden und umzuleiten. Solche Themen sind zum Beispiel Transgender, Integration von Flüchtlingen oder sozialer Wandel in einzelnen Stadtteilen („Gentrifizierung“). Im Gegensatz zur öffentlichen Darstellung sind die linken Kräfte also weit von einem Erfolg entfernt und nahezu vollständig unter Kontrolle.
Durch die Steuerung der Aktionen durch unsere Multiplikatoren tragen wir außerdem zur Förderung der Automobilindustrie, des Handwerks und zur Sicherung bzw. Ausweitung des Budgets des Bundesnachrichtendienstes bei. Die Zerstörung von Fahrzeugen, die zum Fuhrpark staatlicher Einrichtungen gehören, führt zu einem Umsatzzuwachs der Automobilindustrie aufgrund der Notwendigkeit einer Neubeschaffung von Fahrzeugen. Anschläge auf die öffentlichen Verkehrssysteme fördern den Individualverkehr und damit die Automobilindustrie. Sachbeschädigung fördert das Handwerk und damit den Mittelstand. Die öffentliche Darstellung von Angriffen der Linksradikalen durch die Medien fördert die Legitimation des Bundesnachrichtendienstes und ist darüber hinaus geeignet, Forderungen nach einer Erhöhung der Mittel durch das Bundesinnenministerium inhaltlich zu begründen.
Die personale Konkurrenz unserer Multiplikatoren in den Organisationseinheiten kann jederzeit durch Polizeiaktionen eliminiert werden, da unsere Multiplikatoren über Personaldaten zu den einzelnen Mitgliedern und belastendes Material verfügen. So bleiben Führungspositionen zuverlässig in unserer Hand. Gleichzeitig schaffen wir durch Verhaftungen „echter“ Linksradikaler Märtyrer in den Justizvollzugsanstalten, so dass sich die linke Szene an Solidaritätsbekundungen abarbeiten kann. Wir sind im Übrigen jederzeit in der Lage, durch eine Serie von fiktiven, d.h. inszenierten Polizistenmorden das gesamte Spektrum linksradikaler Aktivitäten so zu belasten, dass ihm sämtliche öffentliche Sympathie und Unterstützung entzogen werden kann.
Wir bitten um die weitere Finanzierung unserer Operation und die Ausweitung der Mittel für Agitation und Propaganda, um linksextremen bzw. linksradikalen Nachwuchs frühzeitig an unsere Organisationseinheiten zu binden und weitere Schwerpunkte in der Bundesrepublik bilden zu können.
MfG
… (geschwärzt)
The Untouchables – I Spy. https://www.youtube.com/watch?v=QHItHKfzW7A
Donnerstag, 8. Dezember 2016
„Ich bin dein Vater, Andy“ (Episode 93)
„Kaum jemand außer der eigenen Mutter hat sein Erscheinen auf der Welt bemerkt, sehr wenige bemerken ihn im Laufe seines Lebens, aber sicherlich niemand wird bemerken, wie er aus der Welt verschwindet; niemand wird fragen, niemand ihn bedauern, niemand sich freuen über seinen Tod.“ (Iwan Gontscharow: Oblomow)
Die Amerikaner hätten auch Ozzy Osbourne oder eine alte Sportsocke zum Präsidenten wählen können. Unsere transatlantischen Leitmedien wären ihnen genauso ins Gesäß gekrochen wie derzeit Donald Trump – den sie bis zur Sekunde der Wahlentscheidung mit aller populistischen Brachialgewalt bekämpft haben.
Rückfahrt. Der komplette Wagen im ICE, in dem ich einen Platz reserviert habe, ist gesperrt, weil die Klimaanlage defekt ist. Es ist eiskalt, die Sitze sind mit einem roten Band abgesperrt, als wäre es der Tatort eines Verbrechens. Das erinnert mich an eine Bahnfahrt im letzten August, als die Klimaanlage ausgefallen war. Die Hitze im vollbesetzten Wagen war mörderisch. Die Deutsche Bahn gibt sich wirklich alle Mühe, der Satire über ihren Service gerecht zu werden.
Schweppenhausen. Ritardando rustico bis Ende Februar. Dann Dinkelsbühl und Nördlingen.
Hätten Sie’s gewusst? Es kostet dreihundert Euro, wenn man in ein Berliner Taxi kotzt. Falls es Ihrer vierzehnjährigen Tochter passiert, die gerade von einer Party kommt, und Sie das Auto anschließend selbst sauber machen, kostet es nur hundert Euro.
In Deutschland muss man für Essen und Trinken nicht bezahlen. Man muss für seine Klamotten und die Wohnung nichts bezahlen. Es sei denn, man ist Deutscher. Dann muss man für alles bezahlen. Aber die Fremden bekommen alles geschenkt. Deswegen kommen auch so viele. So denkt eine AfD-Wählerin, deren Gespräch mit der Friseurin ich mir anhören musste, während ich auf meinen 12mm-Navy Seals-Maschinenschnitt gewartet habe. Das ist nicht einfach nur Rassismus. Aus dieser Argumentation tropft das Gift des kapitalistischen Denkens. Es geht nur noch um Geld. Wer zahlt was? Wieviel bekomme ich? In dieser Welt hat Solidarität keine Chance.
Nicht weit von meiner Berliner Wohnung entfernt, in der Trautenaustraße 10 (in unmittelbarer Nachbarschaft zu George Grosz), lebte der jüdische Architekt Leo Nachtlicht. Er baute im Stil der Neuen Sachlichkeit den Gourmenia-Palast an der Gedächtniskirche. An dieser Stelle wurde nach dem Krieg das Bikini-Haus gebaut. Hier war in der Weimarer Republik die Hölle los. Das dreistöckige Restaurant zahlte täglich 1870 Reichsmark Miete und 975 Reichsmark Steuern. Täglich. Damals verdiente ein Arbeiter noch weniger als eine Mark pro Stunde (sagt mein Opa).
Weitere Hot Spots in Berlin waren die „Neue Welt“ an der Hasenheide, damals der größte Rummelplatz Europas, der Lunapark in Halensee und die Krolloper im Tiergarten (ab 1933 tagten hier die Nazis; 1934 gab es hier die erste öffentliche Fernsehübertragung in Deutschland; in diesem Gebäude wurde der Überfall auf Polen und damit der Beginn des Zweiten Weltkriegs verkündet).
Um die Ecke ist die Rankestraße. Leopold von Ranke war Historiker. Von ihm stammt der Satz: „Das Bemerkenswerte an der Weltgeschichte ist, dass niemand aus ihr lernt.“
„Basket of deplorables“ – so nannte Hillary Clinton den erbärmlichen und bedauernswerten Pöbel, der Trump zum US-Präsident gewählt hat. Möglicherweise wird Verachtung und Hochnäsigkeit als politische Strategie nicht mehr ausreichend sein, um die nächsten Wahlen im Sinne des Establishments zu gestalten.
Hätten Sie’s gewusst? Metropolis liegt in Illinois. Dort gibt es eine fünf Meter hohe Superman-Statue auf dem Superman Square. Amerika …
Schmecken grüne Gummibärchen eigentlich anders als rote? Wäre Clinton besser als Trump für die arme Hälfte der Gesellschaft gewesen? Was unterscheidet Merkel und Gabriel bei den nächsten Wahlen? Etwa so viel wie Coke Zero und Coke Light.
Klaus Nomi - Total Eclipse. https://www.youtube.com/watch?v=HmLk2vSXXtk
Mittwoch, 7. Dezember 2016
UK
Großbritannien gehört zu meinen liebsten Reiseländern. Ich denke an den menschenleeren Hafen eines winzigen Nestes namens Porlock Weir, an dessen steinigem Strand keine Kinder spielen und keine quietschbunten Konfettimenschen Badetücher mit dem Logo einer zynischen und verlogenen Söldnertruppe der Premier League ausbreiten. Ich denke an Pubs und Regen. Dieses Land ist so hässlich, kalt und feucht wie die Muschi einer fünfzigjährigen Teilzeitnutte – und selbst das bisschen Schminke in London hilft nichts gegen diesen Eindruck. Ich habe so viele großartige Momente der Hoffnungslosigkeit in diesem Land erlebt, an die ich mich immer wieder gerne erinnere.
Was verliert Europa mit dem Brexit? Nichts, denn Großbritannien bleibt europäisch. Was verliert die EU mit dem Brexit? Nichts, denn Großbritannien hatte in der europäischen Innenpolitik nie eine große Bedeutung. Seine Größe als „Empire“ bezog es aus seinen Eroberungen in Übersee, wo die kleine Seefahrernation (1750: sechs Millionen Einwohner, das entspricht einem Viertel der damaligen französischen bzw. russischen und einem Drittel der damaligen deutschen Bevölkerung) diverse Naturvölker massakrierte oder versklavte (Afrika, Nordamerika, Ozeanien) und in unterentwickelten Regionen lokale Differenzen und Schwächen geschickt ausnutzte (Süd- und Ostasien).
Natürlich ist es traurig, dass die Briten die EU verlassen – auf der anderen Seite kann man sie zu dieser Entscheidung aber auch beglückwünschen. Dazu habe ich mich gerade gestern ausführlich geäußert.
Schickt uns eine Karte, wenn ihr draußen seid. Ist es hart? So wie in der Schweiz, in Norwegen oder Island. Ist es gefährlich, wenn man sein lächelndes Großmütterchen auf dem Geldschein hat?
Royal Scots Dragoon Guards – Amazing Grace. https://www.youtube.com/watch?v=M8AeV8Jbx6M
Hö hö hö
Viele Äußerungen in den „sozialen Medien“ (was für ein bescheuerter Begriff, wenn man ihn mal zu Ende denkt) funktionieren nach dem Prinzip Klingelstreich aus meiner Kindheit. Man ärgert fremde Leute unerkannt und hat seinen Spaß dabei. Wir haben eine kindliche Lust daran, andere Leute zu verarschen. Okay: ich nicht. Sie auch nicht. Aber die anderen.
Eine Variante des Klingelstreichs habe ich im letzten Jahr in einem winzigen Dorf in der fränkischen Schweiz erlebt. Ich gehe die Dorfstraße entlang und höre ein Klopfen. Ich drehe mich nach allen Seiten um. Woher kommt das Geräusch? Mein Wandergeselle hat natürlich nichts mitbekommen, weil er wie immer mit seinem SCHEISS-SMARTPHONE beschäftigt ist. Nochmal ein Klopfen. Das klingt nach einer Fensterscheibe. Ich sehe mich um. Nichts. Ich bewege mich inzwischen mit der Konzentration einer Raubkatze (allerdings einer Raubkatze mit vier Halben im Schädel) im Kreis. Meine unglaublich geschärften Sinne nehmen inzwischen selbst die Funkwellen der Satelliten im erdnahen Orbit auf. Nochmal ein kurzes Klopfen, dann ein helles Lachen. Ganz leise. Ich sehe nach oben und warte. Warte. Dann sehe ich sie. Zwei kleine grinsende Kindergesichter in einem Fenster im ersten Stock eines Wohnhauses, die sofort wieder abtauchen, als sie meinen Blick kreuzen. Verdammte Rasselbande. Mein Kollege kommt näher und fragt, warum ich lache. Leck mich am Arsch, denke ich und gehe weiter.
Blogstuff 92 – Schwerpunkt: Problematische Frauen
„Der deutsche Proletarier macht keine Revolution, er versucht, Bourgeois zu werden. Wenn er es nicht schafft, sollen es seine Kinder schaffen.“ (Lupo Laminetti)
Nach einem kurzen Ausflug nach Hamburg komme ich mit der üblichen Verspätung wieder in Berlin an. Kurz vor Einfahrt des Zuges postiere ich mich an der linken Tür, an der rechten Tür wartet schon eine Frau um die sechzig mit einem Koffer. Eine fifty-fifty-Chance, wer an der richtigen Tür wartet. Der Raum zwischen uns füllt sich mit weiteren Fahrgästen. Das Gleis ist auf meiner Seite, die Frau fängt augenblicklich ihr Lamento an. „Ich habe nur drei Minuten, um meinen Zug zu erreichen. Jetzt stehe ich auf der falschen Seite.“ Wir bilden alle brav eine Gasse, um sie auf meiner Seite aussteigen zu lassen. Auf dem Hauptbahnhof eilt sie zur Rolltreppe und bahnt sich dort mit ihrem Ceterum censeo „Darf ich mal durch! Entschuldigung, darf ich mal durch!“ unaufhaltsam einen Weg nach oben. Ich folge leichtfüßig in ihrem Fahrwasser. Im Bahnhofsgebäude verliere ich sie aus den Augen und gehe zum S-Bahn-Gleis. Die Bahn kommt und ich steige ein. Wer nimmt nur Sekunden später mir gegenüber Platz? Genau. Sie holt seelenruhig ein Fachbuch aus ihrer Handtasche, beginnt eifrig zu lesen und markiert einzelne Textstellen. Ich sehe auf der Innenseite des Einbands den Stempel einer geisteswissenschaftlichen Fakultät der FU Berlin nebst einer handschriftlich angefügten Nummer. Ich nehme an, sie ist Professorin, sonst würde sie nicht so unverschämt in diesem Buch herummalen. Wieder was gelernt: so macht man seinen Weg, im Kleinen wie im Großen.
Ab einem gewissen Alter reden Frauen mit jedem, als sei er ein Fünfjähriger. Lehrerinnen beherrschen diese Technik ab dem ersten Arbeitstag.
Manche ziehen aus der Provinz nach Kreuzberg, um Rockstar oder Schauspielerin zu werden. Manche ziehen nach Kreuzberg und werden heroinabhängig oder scheitern auf eine andere Weise. Ich kenne eine Frau, die nach Kreuzberg gezogen ist und dort ein Reihenhaus gebaut hat.
Ein Freund hatte das Pech, bereits mit Anfang zwanzig verheiratet gewesen zu sein. Ich war des Öfteren zu ausgedehnten Bacchanalien in seiner Wohnung und übernachtete auf dem Sofa. Eines Morgens, Wolfgangs Frau war schon zur Uni gefahren, fand ich auf dem Küchentisch einen Zettel mit der Überschrift „Das Wölfchen macht heute bitte“. Nach dem Doppelpunkt kam eine Din A 4-Liste mit Haushaltsarbeiten, wobei das Saugen der kompletten Wohnung nur einer der vielen Punkte gewesen ist. Für mich wäre diese Liste ja schon ein Scheidungsgrund gewesen. Ich wäre mit diesem Blatt Papier direkt zum Scheidungsanwalt gelaufen und der Mann hätte nur verständnisvoll genickt.
S 7 zwischen Friedrichstraße und Warschauer Straße, früher Nachmittag. Mir gegenüber sitzt eine Punkerin, die mit Drumsticks auf einen Blecheimer trommelt und zwischendurch in breitestem Berliner Dialekt Sätze von geheimnisvoller Schönheit formuliert. „Wengsten hat die Telekom ne jute Abwehr. Dit is dit Schöne.“ – „Wann ist der Fahrspaß verloren jejangen? Darüber würd ick ma nachdenken.“ Irgendwann reicht es einem Fahrgast und er schnauzt sie, ebenfalls im Berliner Dialekt, derbe an. Es folgt der übliche Schlagabtausch „Ick komm dir glei rüba“ – „Komm du doch“ usw., in dessen Verlauf von Seiten der Punkerin das Schimpfwort „Du Wilmersdorfer“ fällt. Das kannte ich noch gar nicht, vermutlich habe ich zu lange in Wilmersdorf gelebt. Bei der BVG ist die Show im Fahrpreis enthalten.
U 9. Ich dachte immer, Araberinnen seien grundsätzlich mit Kopftuch und langen Kleidern verhüllt, weil alles andere als schamlos gilt. Nun sitzt eine Vertreterin dieser Kultur neben mir auf dem Boden und gibt ihrem Säugling die Brust.
Derweil rüstet die Bundesverteidigungsministerin die deutschen Streitkräfte mit Handtaschen, Pumps und Umstandsmode auf. Hoffentlich alles in Tarnfarbe.
http://www.mopo.de/news/politik-wirtschaft/pumps--umstandsmode--handtaschen-bundeswehr-ruestet-auf---bei-der-damenmode--24928806
Es gibt natürlich auch problematische Männer. Kennen Sie den Fernsehkoch Lafer? Ein Bekannter von mir hat mit ihm gemeinsam in einer Fußballmannschaft gespielt, in der nur Köche waren. Es ging gegen eine Auswahl des Stuttgarter Landtags. Lafer war der einzige, der auch während des Spiels auf dem Sie bestanden hat. Es gibt zwei Orte, an denen man sich grundsätzlich duzt: auf dem Fußballplatz und auf dem Segelboot. „Würden Sie mir bitte den Ball zuspielen?“ „Würden Sie bitte den Kopf einziehen, da ich eine Halse beabsichtige?“ Geht gar nicht. Lafer – Lausig – Lachhaft.
Noch so ein Problemfall: Steinmeier. Im Hinterzimmer wurde ein alter Gefolgsmann Schröders und Agenda-Agent als neuer Bundespräsident ausgekungelt. Damit wird die Einberufung der Bundesversammlung 2017 zur Farce. Warum schickt nicht jede Partei, die Vertreter in die Bundesversammlung entsenden kann, einen Kandidaten ins Rennen? Dann wird demokratisch gewählt, bis man – spätestens im dritten Wahlgang – ein neues Staatsoberhaupt hat. Warum hat die Demokratie ein Problem mit demokratischen Verfahren?
P.S.: Ciao, Renzi. Du hast gedroht, dass du den Job als italienischer Regierungschef hinschmeißt, wenn du keine Mehrheit für deine Verfassungsänderung bekommst. Es ist dir ergangen wie dem Bäckereifachverkäufer, der dem Bäcker mit Kündigung droht, wenn das Käsekuchenrezept nicht geändert wird, oder dem Ehemann, der seiner Frau mit Scheidung droht, wenn er nicht zum Bockbieranstich darf. Arrivederci, Großmaul. Und Europa ist wegen dir auch nicht in einer Krise.
M – Pop Muzik. https://www.youtube.com/watch?v=iEfFOd8TDZA
Dienstag, 6. Dezember 2016
Sprechen wir von Europa
„Selbstmitleid ist mit Abstand das schädlichste nicht pharmazeutische Betäubungsmittel; es macht süchtig, beschert kurzzeitig eine Art Wohlgefühl und isoliert sein Opfer von der Wirklichkeit.“ (John W. Gardner)
Es ist bald dreißig Jahre her, dass sich die Völker des ehemaligen Warschauer Pakts dazu entschlossen haben, ihre sozialistischen Politkader zu entlassen, sich neue Regierungen zu wählen und die Konfrontation des Kalten Krieges zu beenden. Das ist der größte Fortschritt, den Europa nach den beiden Weltkriegen gemacht hat.
Was hat der Westen dazu beigetragen? Nichts. Fast nichts. Wir schicken jedes Jahr ein paar Milliarden Euro Entwicklungshilfe in den Osten und haben die Staaten in unseren Tennisclub (EU, NATO) aufgenommen. Welche Fortschritte wurden im Rahmen der EU seit 1989 gemacht? Keine. Fast keine. Und Rückschritte.
Fangen wir mit den drei Mantras der EU-Nomenklatura an, die uns gebetsmühlenartig seit unseren Kindertagen gepredigt werden:
1. Wir haben ein Europa ohne Grenzen und Kontrollen. Falsch. Erinnern Sie sich an Ihren letzten Flug? Wir werden bis aufs Unterhemd untersucht, jedes Gepäckstück wird durchleuchtet und man muss sogar die Schuhe ausziehen, wenn man das Land verlassen will. So schlimm war es in meiner Kindheit nicht. Man fuhr mit Schrittgeschwindigkeit an einem Zöllner vorbei, der oft noch nicht einmal die Ausweise sehen wollte. Wir werden nicht nur im Flughafen kontrolliert, die Geheimdienste kontrollieren auch unsere elektronische Post und die digitalen Stammtische („soziale Medien“), an denen wir – wie früher die alten Herren – unserem Zorn Luft machen.
2. Wir haben eine gemeinsame Währung, der Geldwechsel entfällt. Na und? Ich kann mir im Ausland mit meiner Kreditkarte auch Fremdwährungen aus dem Automat ziehen. Und wie oft fuhr man früher ins Ausland, als man bei der Bank vor der Abreise noch Geld umtauschte? Einmal? Zweimal? Die gesparte Viertelstunde ist nichts gegen den ganzen Ärger, den der Euro innerhalb Europas inzwischen verursacht, weil den einzelnen Ländern währungspolitisch und damit wirtschaftspolitisch die Hände gebunden sind (Beispiel Griechenland, Beispiel Italien). Außerdem haben nur 19 von 28 EU-Mitgliedern die Währung, von den anderen europäischen Staaten mal ganz zu schweigen.
3. Wir haben Frieden in Europa. Richtig. Aber haben wir das der EU zu verdanken? Meines Wissens leben wir auch in Frieden mit der Schweiz und Norwegen, obwohl sie keine EU-Mitglieder sind. Das Ende des Kalten Krieges, zu dem die EU keinen Beitrag geleistet hat, ist die Grundlage des heutigen Friedens. Dazu kommt die Demilitarisierung des deutschen Aggressors nach 1945. Gäbe es wirklich Krieg in Europa, wenn wir den Euro nicht mehr hätten, wie die Bundeskanzlerin behauptet? Und haben wir Europäer, allen voran die westlichen Nationen Frankreich, Deutschland und Großbritannien, nicht seit 1989 genügend Kriege auf dem Balkan, in Afrika und im Orient geführt, für die wir als „Gegenleistung“ Terrorismus und Flüchtlinge bekommen haben?
Was sind die konkreten Vorteile der EU? Wir wählen ein europäisches Parlament, aus dem keine europäische Regierung hervorgeht. Die EU ist noch nicht einmal auf dem Papier eine funktionierende Demokratie. Wir haben einen Binnenmarkt geschaffen, dessen Regeln wir global ausgedehnt haben. Europa spaltet sich heute in Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung, national, regional und individuell. Italien hat beispielsweise allein in den letzten zehn Jahren ein Viertel seiner Industrieproduktion verloren und damit einen Teil seiner Existenzgrundlage. Jugendarbeitslosigkeit, Armut und Verzweiflung, aus denen Rechtsradikale auf dem ganzen Kontinent ihr politisches Süppchen kochen, sind die Folge.
Im Klartext: Europa hat seit 1990, seit der deutschen Wiedervereinigung, keinerlei Fortschritte gemacht. Verlorene, verschenkte Jahrzehnte. Wir müssen uns also nicht wundern, warum inzwischen so viele Menschen dem europäischen Gedanken skeptisch gegenüber stehen. Politiker, die es immer noch nicht begriffen haben, dass sie das europäische Projekt gerade versenken, sollten sich einen neuen Job suchen. Nach der ewigen Kungelei zwischen den fürstlichen bezahlten Schaumschlägern und den Konzernen sollte das ja eigentlich kein Problem sein.
Die Frustration hat sich in der Bevölkerung über ein Vierteljahrhundert aufgebaut, nicht erst im Jahr 2016. Es gibt keine einfache Lösung, keinen gordischen Knoten, der sich 2017 durchschlagen lässt. Das verlorengegangene Vertrauen muss in vielen Jahren erst mühsam wieder aufgebaut werden. Die jungen Leute brauchen Jobs, ihre Eltern Sicherheit und eine Perspektive für das Alter. Die Mühen der Ebene liegen noch vor der Politik. Und es ist keine gute Nachricht, dass auch die neuen politischen Kräfte, die das Establishment bedrohen – wie hierzulande das „Reichsbanner Profitmaximierung“ aka AfD -, keine einzige neue Idee mitbringen.
Tavares – Don't take away the music. https://www.youtube.com/watch?v=HKoCjmufmjk
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