Sonntag, 11. Dezember 2016
Was kommt nach den Fakten?
Das Diktum von der „postfaktischen Gesellschaft“, vom „postfaktischen Zeitalter“ ist sehr erhellend. Aber anders, als es die Verfechter dieser These (Merkel e tutti quanti) vielleicht intendiert haben. Wir treten in eine Phase des Neoliberalismus, in der seine Apostel aufgehört haben, Kreide zu fressen.
Wir brauchen keine Fakten und keine Argumente mehr. Es geht nur noch darum, wer härter ist, wer schneller ist, wer mächtiger ist. Das ist der faschistische Kern der neoliberalen Ideologie. Das Recht des Stärkeren, die reine Herrschaft als letztes Faktum.
„Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl" - so wollte Adolf Hitler einst seine Jugend sehen, das waren seine Forderungen. So könnte es auch heute noch in einer Stellenausschreibung der Industrie oder der Banken stehen. Argumente und Fakten nutzen dir nichts, wenn es um die erbarmungslose Durchsetzung eigener Interessen, wenn es um Konkurrenz und um Kampf geht.
Die Verlierer dürfen ihr Kreuz auf den Golgathahügel hinaufschleppen, dagegen war Sisyphos ein glücklicher Mann. Was kommt nach den Fakten? Was kommt nach der Demokratie?
P.S.: Die Redaktion des Oxford English Dictionary hat ‚post-truth‘ (postfaktisch) im November 2016 zum „internationalen Wort des Jahres 2016“ erklärt. Die Gesellschaft für deutsche Sprache zog einen Monat später nach und erklärte „postfaktisch“ zum Wort des Jahres.
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