Sonntag, 27. Dezember 2015
Berliner Asche, Kapitel 3, Szene 3
Kommissar Leber betrachtete den jungen Mann von der Maximum AG mit unverhohlener Verachtung.
Lars Buchholz drückte die ganze Zeit gelangweilt auf seinem iPhone herum und hatte bisher nur in einem hochnäsigen und gelangweilten Tonfall Angaben zu seinen Personalien und seiner beruflichen Tätigkeit gegeben. Immerhin hatte er sich dazu herabgelassen, das LKA 1 in der Keithstraße aufzusuchen. Trotz der späten Stunde saßen sein dunkler Anzug und sein weinroter Schlips wie bei den Models im Versandhauskatalog.
Obwohl es lange nach Dienstschluss war, war Leber noch in seinem Büro. Selbst sein Assistent Laschka wirkte müde und genervt, obwohl ihm selten eine Regung anzusehen war. Vielleicht war er heute Abend verabredet gewesen?
Leber beugte sich nach vorne und sagte wütend: „Ich rede mit Ihnen! Würden Sie also bitte ihr Telefon weglegen und sich anständig mit mir unterhalten.“ Für den Kommissar war es schlicht unhöflich, während eines Gesprächs mit irgendeinem Spielzeug zu hantieren, anstatt sich auf sein Gegenüber zu konzentrieren. Und wenn das tausendmal die Sitten und Gebräuche der Digital Natives waren – für ihn war es einfach nur Egozentrismus und ein Ausdruck schlechter Erziehung. Typen wie der schwimmen immer oben wie Spucke auf der Spree, dachte er.
Buchholz legte sein Smartphone auf den Tisch und blickte dem Kommissar erwartungsvoll in die Augen.
„Was wissen Sie über die Ermordung von Herrn Altmann?“
„Weiß man denn schon, dass es Mord war“, antwortete Buchholz ruhig. „Ich weiß nur, was man in den Medien darüber berichtet.“
„Was die wissen, weiß ich auch“, knurrte Leber. Um diese Uhrzeit hätte er normalerweise am Abendbrottisch mit seiner Frau gesessen.
„Was wissen Sie denn über eine Million Euro, die gestern von der Falkenstein-Bank abgehoben wurden?“
Buchholz hob nur kurz die linke Augenbraue. „Davon weiß ich nichts.“
Leber merkte, dass sein Gegenüber log. „Wir haben uns die Aufnahmen der Überwachungskamera angesehen. Sie sind auf den Bildern ganz eindeutig zu erkennen. Also noch mal: Was wissen Sie über den Mord an ihrem Chef?“ Leber hatte am Ende fast geschrien.
Buchholz war blass geworden und sank in seinen Stuhl zurück. „Ich möchte gerne einen Anwalt sprechen.“
„Den können Sie haben! Ich werde einen Haftbefehl besorgen, Sie stehen unter dringendem Tatverdacht.“
Buchholz blickte zu Boden und schwieg.
Laschka schaltete sich plötzlich ins Gespräch ein. „Eine Mail aus dem Büro des Polizeipräsidenten. Bei mehreren Berliner Zeitungen sind identische Bekennerschreiben eingegangen. Ein Kommando Wolfgang Grams hat Hubert Altmann angeblich liquidiert, weil er Mieter vertreibt und die NPD unterstützt.“
Leber schien einen Augenblick verwirrt. Dann rieb er sich müde die Augen.
„Sie können gehen“, sagte er leise zu Buchholz, ohne noch einmal aufzusehen.
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