1. Ich würde es niemandem erzählen, damit die Leute sich nicht komisch benehmen und mich z.B. die ganze Zeit an den bevorstehenden Tod erinnern.
2. Ich würde bestimmte langweilige oder unangenehme Tätigkeiten wie Staubsaugen, Geschirrspülen und Rasenmähen einstellen.
3. Ich würde ansonsten so weiterleben wie bisher: Gut essen, ausgezeichneten Wein trinken, Freunde treffen, Musik hören und lesen. Wer bei Punkt 3 ganz viel ändern muss, lebt falsch.
Ich bin nicht so sicher, ob Du mit Deiner dritten These Recht hast.
AntwortenLöschenWenn nur noch wenig Zeit bleibt gerät das Leben zu einer Art Uralub. Alltag gibt es nicht mehr. Was immer Du tust, es ist (wissentlich) ein letztes Mal.
Mit dem Perspektivwechsel ändert sich alles.
Auch wenn man weiß, dass man stets vom Tod umfangen ist, so wird durch einen konkreten "Termin" das aus diesem Wissen eine Gewissheit.
Wieso sollte man im Angesicht des Todes noch auf seine Gesundheit achten?
Mit dem Begriff "Urlaub" hast du sicher Recht. Man würde nicht mehr arbeiten gehen. In meinem speziellen Fall kommt es aufs gleiche raus, weil ich zuletzt bis Ende 2011 Angestellter war. Seitdem ist mein Tagesablauf komplett selbstbestimmt (und selbst als Kiezschreiber war er zu 99% selbstbestimmt). Aus der Angestelltenperspektive hat ein Schriftseller sowieso immer Urlaub. Und das Schreiben ist für mich auch keine Arbeit. Daher würde sich beim mir am Tagesablauf nichts ändern.
LöschenWas anderes ist es mit der Gesundheit. Natürlich muss man nicht mehr darauf achten. Man könnte sich von morgens bis abends besaufen. Irgendwelche Drogen nehmen. Aber das habe ich im Prinzip 30 Jahre gemacht, bevor ich aus meinem alten Leben ausgestiegen bin. Ich würde vielleicht ein bisschen mehr trinken, okay ... aber auch da würde sich bei mir nichts wesentliches ändern.
Sähe dein Leben bei Punkt 3 sehr völlig anders aus als jetzt? Würdest du die Bücher nicht nur mit dem Teppichmesser zerlegen, sondern die gelesenen Seiten gleich im Ofen verheizen? ;o)))
Und hier bitte das "sehr" vor der 3 streichen. Es ist Montag ...
LöschenIch würde keine Bücher mehr lesen, weil es keine Zukunft mehr gäbe, in der ich mich an sie erinnern könnte.
LöschenIch würde alles verschenken, was ich besitze und eine Reise ohne Wiederkehr mit meinem alten Mercedes-Bus machen.
Ich würde vorher alle Menschen einladen, die mir nahe sind und vielleicht auch waren und mich bei einem Fest von ihnen verabschieden.
Ich würde also das Meiste anders machen als jetzt. Vielleicht finge ich sogar wieder an zu rauchen.
Heroin würde ich in jedem Fall mit auf die Reise nehmen.
Gut, dass ich es ncht weiß. So darf alles bleiben wie es ist. Die stete Veränderung bringt genug Wechsel mit sich.
Wie unterschiedlich die Menschen sind. Du würdest dich, womöglich am Anfang der letzten 30 Tage, von allen netten Leuten verabschieden und eine Reise machen? Du wirst dich an die neuen Eindrücke nicht mehr erinnern können. Du wirst allein sein. Dein Hund darf sicher mit, davon gehe ich mal aus. Aber du wirst nur fremde Menschen an fremden Orten treffen. Dazu wäre mir die Zeit zu kostbar.
LöschenWürdest du noch schreiben? Würde es etwas geben, das du in der verbleibenden Zeit gerne mitteilen würdest? Ich würde vermutlich jeden Tag schreiben, so wie jetzt auch. Und ich würde lesen. Aber keine neuen Bücher mehr, sondern meine Lieblingsbücher. Ich würde spazieren gehen. An Plätzen, die ich sehr gut kenne. Der Ort, wo ich geboren bin. Der Ort, wo ich aufgewachsen bin. Ganz bewusst die alten Wege gehen. Noch einmal Berlin. Und abends mit Freunden die schönen belanglosen Dinge machen: quatschen, trinken, Musik hören, Filme sehen ...
Ich würde nicht alleine reisen, sondern es ähnlich machen wollen wie Cortázar und Dunlop. (Die Autonauten auf der Kosmobahn). Und zusammen würden wir Orte besuchen, die wichtig waren im Leben. Ich würde darüber schreiben und meinen liebsten Menschen Briefe schicken. Etwas woran sie sich festhalten können, wenn ich weg bin. Nach Frankfurt würde ich fahren, wo ich herkomme (alte Wege gehen- mein vergangenes Leben abschreiten). Und ins Tessin und die Bretagne, wo ich sehr glücklich war. Natur.
LöschenAber im Sterben möchte ich gerne Ruhe haben. Da soll niemand verzweifelt neben mir sitzen und mich am Arm zupfen und mich bitten nicht zu gehen.
Ein ganz schön hartes Thema, merke ich gerade, und ich weiß auch nicht, ob es wirklich stimmt, was ich da behaupte. Vielleicht wäre es auch ganz anders.
Aberr zurück zu Punkt 3 Deines Beitrages: nichts wäre wie zuvor. Da bin ich ziemlich sicher.
Interessantes Gedankenexperiment.
Das klingt nach einem guten Plan. Walking down memory lane. Echte Briefe schreiben, keine Mails.
LöschenNatürlich sind es nur Gedankenspielereien. In dem Augenblick, in dem man erfährt, dass man nur noch 30 Tage hat, würde man vermutlich eine Panikattacke bekommen, schreiend davonlaufen und sich total die Hucke zu saufen.
Aber es ist auch eine schöne Vorstellung, nicht wegzufahren oder etwas zu ändern, sondern ganz ruhig im Sessel sitzend auf den Tod zu warten. Ihn zu empfangen wie einen alten Freund. Ein letztes Glas mit ihm zu trinken und sich im Nichts aufzulösen.
Ja, das ist eine schöne Vorstellung. Für diese Ruhe braucht es, glaube ich, das Gefühl eines erfüllten Lebens. Herrndorf, zum Beispiel, hat bis zum Ende gehadert.
LöschenZum Hucke-zu-saufen: die Sache mit dem Alkohol wurde mir mit den Jahren immer unangenehmer, bis ich es schließlich ganz bleiben ließ. Kann ich nur empfehlen- der klare Kopf ist der beste Rausch.
das "das" hinter "Termin" bitte streichen. Merci.
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