Montag, 14. Juli 2014
Weltmeister
Heute Morgen bin ich aufgewacht und war Weltmeister. Ein großartiges Gefühl. Ich habe mich von meinem Gastgeber in Wackernheim verabschiedet, wo ich mit einem Dutzend Leuten das Endspiel gegen Argentinien gesehen habe (Danke für Wein und Chips!), und bin in ein Restaurant gegangen, um zu frühstücken. Ist es Ihnen auch aufgefallen? Heute sind die Wolken ganz besonders flauschig und unsere gute alte Freundin, die Sonne, strahlt den ganzen Tag. Ich habe mir Rühreier mit Speck bestellt und dazu einen Cappuccino getrunken. Dann habe ich die BILD-Zeitung gelesen und mir genüsslich den Spielbericht reingezogen. Das habe ich auch 1990 bei unserem letzten Weltmeistertitel gemacht. Danach habe ich mir zur Verblüffung der Kellnerin noch mal Rühreier mit Speck bestellt und eine weitere Tasse Kaffee getrunken. Anschließend bin ich wie ein Weltmeister nach Hause gefahren. Der beste Busfahrer der Welt, der mich beim Einsteigen angelächelt hat, fuhr mich ins beste Dorf der Welt. Und dort schreibe ich in diesem Augenblick den besten Text aller Zeiten.
Kommende Generationen werden natürlich fragen: Wie ist Deutschland Fußballweltmeister geworden? Der Erfolg beruht auf zwei Faktoren: meine Glückssocken und mein Glückskronkorken. Meine Glückssocken habe ich nach der letzten WM im Ein-Euro-Shop gekauft. Zwei Paar Tennissocken mit schwarz-rot-goldenen Streifen für einen Euro. Da konnte ich nicht Nein sagen. Ein Paar dieser Socken ist längst verschlissen, beim zweiten Paar ist mir die rechte Socke beim Anziehen gerissen - am Morgen vor dem Achtelfinalspiel gegen Algerien. Das war ein schlechtes Omen und natürlich eine heikle Situation für die DFB-Auswahl. Und tatsächlich haben wir erst in der Verlängerung gewonnen. Aber mein Glückskronkorken hat mich nie verlassen. Ich habe ihn in meinem ersten Sixpack gefunden, das ich bei dieser WM getrunken habe. Bitburger hat in jeden Kronkorken die Flagge eines teilnehmenden Landes gedruckt. Schon auf der zweiten Flasche hatte ich die deutsche Fahne! Diesen Kronkorken werde ich dermaleinst einem Museum für Sportgeschichte stiften. Ich möchte diesen Kronkorken dem Siegtorschützen Mario Götze widmen.
Kommen wir zu einem weniger angenehmen Thema: mein WM-Tipp. Mein offizieller Tipp, den ich schriftlich beim Notar hinterlegt habe, war: Spanien wird Weltmeister im Endspiel gegen Brasilien. Aber bekanntlich haben die Spanier schon in der ersten Woche 1:5 gegen die Holländer verloren und die Brasilianer sind von den Deutschen mit 1:7 ins Nirwana geschossen worden. In meiner Vorberichterstattung habe ich letzten Monat geschrieben, dass ich unserer Mannschaft nicht viel zutraue. Meine Fehleinschätzungen sind legendär. Mit dem Geld, das ich in den letzten Jahrzehnten bei WM-Tipps verloren habe, hätte ich locker meine Altersvorsorge gesichert. Zwanzig Jahre habe ich auf Deutschland als Weltmeister getippt und immer auf die Mütze bekommen. Jetzt wollte ich mal auf der sicheren Seite sein und habe auf den amtierenden Welt- und Europameister Spanien getippt. Was soll’s? Ich bin Weltmeister.
P.S.: Richtig abgezockt war mein Kumpel H., der das Endspiel genutzt hat, um ins Ingelheimer Schwimmbad zu gehen. Dort hatte er die gesamte Saunalandschaft für sich alleine. Für ihn fällt die gesamte Sportberichterstattung unter die Rubrik „Professionalisierung des Banalen“, wie er mir noch zwei Stunden vor dem Spiel an einer Würstchenbude erklärte. Respekt! Ich war beim Titelgewinn wesentlich aufgeregter.
The Edsels – Rama Lama Ding Dong. http://www.youtube.com/watch?v=KStsPPgeka4
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