Mittwoch, 20. Juni 2012
Ein Lehrstück in Sachen Globalisierung
Vor ein paar Tagen rief ein Herr X aus Madrid an und fragte, ob ich für eine Kette von namhaften deutschen Autohäusern als Texter arbeiten wolle. Ich war natürlich sehr überrascht, woher ein spanischer Autohändler den Kiezschreiber aus Berlin kennt. Er sagte, er habe mein Blog gelesen. Ich solle bitte eine europaweite Kette von Händlern mit Contents für ihre Seiten beliefern und ihre Auftritte in den Social Medias pflegen. Konzeptpapiere und Kostenvoranschläge wurden hin und her geschickt … - und dann stellte sich bei einem weiteren Telefonat heraus, das er einen Auto-Journalisten im Karrierenetzwerk Xing gesucht und mich mit jemand anderem verwechselt hatte. Ich habe ja noch nicht mal ein Auto und bin erklärter Gegner jeglicher Beschleunigungstechnologie (außer Rotwein). Statt mit dem von mir vorgeschlagenen Kollegen in Berlin sollte ich mit einer peruanischen Programmiererin zusammenarbeiten, der man 300 Dollar im Monat für einen Vollzeitjob angeboten hat. Das ist Globalisierung live, meine Damen und Herren …
Hier mein Brief an Herrn X aus Madrid:
Lieber Herr X,
Ihnen dürfte es bei unserem gestrigen Telefonat aufgefallen sein, mir ist es nach einer kurzen Recherche klar geworden: Sie haben auf Xing nach einem Auto-Journalisten gesucht und einen "Mathias Ebeling" gefunden, der genau das anbietet, was sie suchen. Dann haben Sie offenbar bei Google einen Eingabefehler gemacht und sind bei "Matthias Eberling", einem Lokaljournalisten und Schriftsteller in Berlin, gelandet. Daher wird es nun Zeit, diese kleine und amüsante Verwechslung, die mich an einen meiner Lieblingsfilme - "The Big Lebowski" - erinnert, zu beenden. Seien Sie versichert, dass ich alle mir anvertrauten Interna diskret entsorgen werde.
Eine Sache fand ich allerdings weniger amüsant: Sie lassen eine Frau in Peru für 1,50 Euro die Stunde programmieren und wollten "meinen" Webdesigner in Berlin ausbooten, weil er zu teuer ist. Das die Menschen im globalen Maßstab so gnadenlos gegeneinander ausgespielt werden, ist eines Unternehmens wie Y unwürdig. Und natürlich wird in meinem Team niemand gegen den anderen ausgespielt. Auch Freibeuter haben ihre Prinzipien ...
Leben Sie wohl, mein kleiner Machiavelli ;o)
Dr. Matthias Eberling
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