Blogstuff 1234
„Meine Damen und Herren, wir leben in einer der
schönsten Städte der Welt. Ich habe einige Journalisten, die mit mir in Berlin
waren, letzte Woche gefragt: Wer von euch würde denn gerne hierbleiben? Da hat
keiner die Hand gehoben. Die waren alle froh, dass wir von diesem Ort, an dem
wir da waren, in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder nach Wichtelbach
zurückgekehrt sind.“ (Andy Bonetti)
Ich
habe vier Reisen nach Brasilien gemacht, die längste 1995: sechs Wochen. Aber
Deutschland ist natürlich viel schöner, da hat der Fritze schon recht. Wir
haben den Rheinfall (bitte nie das H vergessen) bei Schaffhausen, Brasilien Iguazú.
Wir haben den Bayrischen Wald, Brasilien den Amazonas-Dschungel. Wir haben den
Strand von Usedom, Brasilien die Copacabana und Ipanema. Bommerlunder schmeckt
viel besser als Caipirinha. Außerdem können die Brasilianer nicht Fußball
spielen.
Ich
glaube, das sinkende Vertrauen in die Wirtschaft und den Staat, die schlechte
Laune und die fehlende Zuversicht, haben einen einzigen Grund: das liebe Geld. In
den letzten fünf Jahren sind die Kosten für Lebensmittel, Energie und Mieten
stark gestiegen, sehr viel stärker als die Einkommen. Das heißt konkret: Der
Lebensstandard sinkt. Was nicht automatisch Armut bedeutet, aber Abstieg. Man
kann sich nicht mehr alles leisten, das ist für viele eine neue Erfahrung. Selbst
gutverdienende Ehepaare, die früher einmal in der Woche ins Restaurant gegangen
sind, gehen jetzt nur noch einmal im Monat essen. Das hat wiederum Einfluss auf
die Wirtschaft, so dass wir aktuell in einer Abwärtsspirale gefangen sind. Das
sinkende Vertrauen macht es den populistischen Rattenfängern immer einfacher,
die Wähler der Altparteien anzulocken.
Im
„Gasthaus zur Linde“ in Ditzingen gibt es das „Schweinerückensteak Florida“ mit
Banane, Pfirsich und Sauce Hollandaise überbacken – genauso wie in Miami.
1991
kam ich nach Berlin. Damals war die Stadt billig, die Wohnungen, das Bier und
der Döner. Von überall her kamen junge Leute, es war der Ort, an dem man in den
Neunzigern sein musste. Studenten, Hausbesetzer, Arbeitslose, Künstler – vor
allem die östliche Innenstadt vibrierte vor Leben. Noch 2010 sinnierte die
damalige Senatorin für Stadtentwicklung Junge-Reyer über den Abriss von
Wohngebäuden, da es in Berlin Leerstand gab. Jetzt hat die Gentrifizierung die
Innenstadt fest im Griff, die Kreativität sinkt mit jeder Mieterhöhung. Wäre
ich heute jung, würde mich nichts mehr in diese Stadt ziehen. Sie wird durch
den eigenen Erfolg stranguliert, da können die Einheimischen noch so viel
Sperrmüll auf den Bürgersteig stellen, Graffiti sprühen, als Obdachlose und
Junkies auf der Straße liegen oder Hundescheiße verteilen.
Curaçao (148.000 Einwohner)
fährt zur Fußball-WM. Berlin ist flächenmäßig zweimal so groß wie die
Karibikinsel.
In der Berliner U-Bahn macht die
Bundeswehr in dieser Woche eine Militärübung. Im Hintergrund sehe ich das
Schild „Jungfernheide“. Kommen die Russen mit der U 7 – oder doch mit der
Ringbahn?
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