Samstag, 31. August 2024

Mein neues Leben

 

Outdoor-Malotzke war meine Rettung. Vor drei Monaten hatte ich meine Wohnung verloren. Für eine neue Wohnung hatte ich kein Geld. Die Mieten sind nicht nur unverschämt, sie sind menschenfeindlich. Als ich mir bei Outdoor-Malotzke ein Zelt für mein zukünftiges Leben als Obdachloser kaufen wollte, kam mir die Idee. Warum ein Zelt kaufen und aufbauen, wenn doch in den Verkaufsräumen das perfekte Zelt steht?

Kurz vor Geschäftsschluss ging ich in das riesige Outdoor-Kaufhaus, wo Bürolurche Sachen kaufen, die sie in Wirklichkeit nie brauchen werden, weil sie das Leben in der freien Natur nicht lange ertragen können. Man sieht in den kleinsten Parkanlagen Menschen mit Nordic-Walking-Stöcken, Multifunktionsbekleidung und Hochgebirgsrucksäcken, auf die Reinhold Messner neidisch gewesen wäre.

Als ich allein bin, krieche ich in das schönste Zelt und ziehe den Reißverschluss zu. Das Personal verlässt das Geschäft, die Lichter gehen aus. Ich kann die ganze Nacht die Toilette benutzen, Wasser trinken und mich waschen. Im Kühlschrank der Kaffeeküche finde ich Snacks und Süßigkeiten. Sollen sich die Angestellten doch am nächsten Tag streiten, wer wem was weggefressen hat.

Um neun Uhr öffnet das Geschäft. Ich warte eine Viertelstunde auf der Kundentoilette, dann mische ich mich unauffällig unter die ersten Käufer. Ich verlasse das Geschäft und gehe ins Büro. Meine Wäsche bringe ich in die Wäscherei. Mittags esse ich mich in den Dönerbuden und Restaurants mit Mittagstisch satt. Ich muss nur vor zwanzig Uhr wieder in meiner Unterkunft sein.

Dann lerne ich Erika kennen und das Unglück nimmt seinen Lauf. Die ganze Sache mit den Frauen liegt mir ja anundfürsich gar nicht. Aber schließlich erwischt es einen eben doch. Man unterhält sich, man geht spazieren, man geht zusammen essen - und dann ist man in einer Art Abwärtsspirale gefangen. Zuerst gehen wir zu ihr. Aber irgendwann will sie wissen, wo ich wohne. Kein Freund will mir für eine Nacht seine Wohnung überlassen. Also nehme ich sie zu Outdoor-Malotzke mit.

Zunächst weigert sie sich, ins Zelt zu kriechen. Dann macht sie es doch. Beim obligatorischen Sex schreit sie den ganzen Laden so zusammen, dass die Alarmanlage losgeht. Jetzt kann ich wieder von vorne anfangen.

Freitag, 30. August 2024

Abschied

 

Ich kannte dieses Fleckchen Erde fast mein ganzes Leben lang. 1975 kaufte mein Vater ein Stück Land im Hunsrück und wir bauten ein Gartenhäuschen darauf. 1977 begannen wir mit dem Bau des Hauses. Am Wochenende und nach Feierabend. Damit sich die beiden Maurer auf ihre Arbeit konzentrieren konnten, brachten wir ihnen die Hohlblocksteine mit der Schubkarre. Ich habe wahrscheinlich jeden dritten Stein in der Hand gehabt, aus dem dieses Haus gebaut wurde. Ich habe Fensterrahmen gestrichen, den Handwerkern geholfen, mit meinem Vater tapeziert und gestrichen, Spießbraten gegrillt und den Campingtisch für alle gedeckt. Dann war es so weit: Die erste Nacht im neuen Haus verbrachten mein Vater und ich in Schlafsäcken im völlig leeren Wohnzimmer.

Die Jahre gingen ins Land. Meine Schwester zog ein, mein Vater heiratete noch einmal und seine Frau zog ein. Ich fand Freunde im Dorf und spielte im Fußballverein. Samstagabend saßen wir in der Dorfkneipe. Es ging um Musik, Bier und die Mädchen, die wir nie ansprechen würden. Nachdem ich 1991 nach Berlin gezogen bin, war das Haus meine Basis bei Besuchen in der alten Heimat. Bis auf zwei Freunde, die es 1990 auch nach Berlin gezogen hatte, traf ich regelmäßig meine alten Kumpels. Volker, aus dem Haus gegenüber, hatte es in ein besetztes Haus im Prenzlauer Berg gezogen; heute lebt er in Amsterdam. Von 2013 bis heute habe ich schließlich allein in diesem Haus gewohnt. Mein Vater war mit seiner Frau nach Bingen gezogen. Ein großes Haus und ein großer Garten – so opulent habe ich noch nie gelebt. Stille, Zeit zum Denken und Schreiben.

***

Ich sehe beim Rundgang mit dem Makler fast alle Zimmer des Hauses zum letzten Mal. Dann übergebe ich ihm die Schlüssel. Die letzte Nacht, der letzte Morgen, der letzte Blick. Dann verlasse ich das Haus, wie ich es immer wollte: mit einer kleinen Reisetasche in der Hand, alles Materielle, also alles Unwichtige hinter mir lassend. Ich werde dieses Haus, dieses Dorf, dieses Stück Heimat nie mehr wiedersehen.

Die Geschichte ist zu Ende und ich schließe das Buch.

Donnerstag, 29. August 2024

Albanische Minigolflegende tot in Swimmingpool gefunden


Blogstuff 962

Jetzt können die Kunden auf Lieferando nicht nur die Restaurants bewerten, sondern auch die Restaurants die Kunden. „Öffnet die Tür immer betrunken und in Unterhosen“. Das ist so gemein! Ich gebe Trinkgeld!!!

Ich schreibe nie über meinen Stuhlgang, aber haben Sie mal gesehen, wie eine Moräne abgeht?

Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er hatte einen Makeup-Unfall und ist jetzt in einer Schönheitsklinik.

Ich mag keine Partyspiele. Neulich sollte jeder sein peinlichstes Erlebnis erzählen und ich machte den Anfang. Ich habe mal beim Fisting meine Armbanduhr verloren. Die anderen Gäste haben mich den ganzen Abend ausgelacht.

Ich schreibe gerade an einer Fantasy-Comic-Serie. Die Helden sind Holgi und sein treuer Gefährte Bottle Cat.

Was mich von der letzten Generation unterscheidet? Ich habe fast sechzig Jahre Erfahrung mit dem Weltuntergang, sie erst zwanzig.

Was für ein Sommer. Das ganze Waxing war umsonst.

In meiner Religion verehrt man einen italienischen Münzbrunnen.

Ich habe ein Autogramm von Bernd Hölzenbein mit persönlicher Widmung. Leider hat er meinen Namen falsch geschrieben.

Niemand aus dem Hunsrück würde einer Frau etwas Unpraktisches wie Blumen oder Pralinen schenken. Bei uns gibt es Kochtöpfe und Staubsaugerbeutel. Bei einem Heiratsantrag bringt ein Hunsrücker keinen Ring mit, sondern eine Bohrmaschine.

Ich habe für Ferrero den Slogan „Mega-Minis – schmecktakulär“ entwickelt. Leider wurde er abgelehnt.

Die afghanischen Übersetzer waren Augen und Ohren der Bundeswehr. Die Taliban sagten immer: „Tötet die Augen zuerst“. Wir haben die meisten von ihnen und ihre Familien im Stich gelassen. Das gehört zur Tragödie dieses Auslandseinsatzes.

„In meinem Haus gibt es eine rote Tür, die ich noch nie geöffnet habe. Nachts höre ich gelegentlich ein Stöhnen von der anderen Seite.“ Wahnsinnsanfang für einen Gruselroman, oder? Ich habe ihn an Stephen King geschickt und ihn gebeten, mir Ideen für die weitere Handlung zu schicken.  

Der Berliner flaniert nicht, er promeniert und stolziert auch nicht. Er latscht mit dem Kopf nach unten, den Hundescheiße-Radar immer eingeschaltet.

P.S.: Trotz niederschmetternder Wochen (bei der Bank läuft unser Vorgang unter „Nachlass komplex“) kann ich wieder schreiben. Bald mehr!

 

Donnerstag, 15. August 2024

In eigener Sache

 Am 16. Juli ist mein Vater gestorben. Ich habe derzeit weder Lust noch Zeit, um Blogposts zu schreiben. Eines Tages geht es hier weiter.