Mittwoch, 10. Januar 2018
Die Zauberkraft der Steine
Es dämmerte schon, als er beschloss, die schmale Straße durch das Tal zu nehmen, anstatt wie üblich der Hauptstraße zu folgen.
Die Felstürme an den Waldhängen wirkten im Winter ganz anders, wie befreit von der dunklen Last der efeuüberwachsenen Ebereschen. Der Schnee tauchte den grauen Stein in ein mildes Licht und verwandelte die Landschaft. Das ganze Tal lag vor ihm, als wäre es in einem einzigen Augenblick ausgegossen worden und erstarrt.
Hatte sich sein Blick zu lange in den sanften Farben und Formen verloren? Der Wagen kam ins Schleudern. Es war zu spät. Ein dumpfer Schlag und er lag im Straßengraben. Mühsam kletterte er hinaus und besah sich den Schaden. Er würde Hilfe brauchen.
Er versuchte, einen Abschleppdienst zu erreichen, aber er hatte keinen Empfang. Er steckte das Handy wieder in die Manteltasche und sah sich um. In der Ferne funkelte ein Licht. Ein Haus.
Es war totenstill im Tal. Als hätte die Welt, aufgehört zu atmen. Er hörte nur das leise Knirschen des Schnees unter seinen Füßen, als er den gewundenen Weg in den Wald ging. Das Haus war überraschend groß und aus hellbraunem Bruchstein.
Als er klingelte, öffnete ihm eine alte Frau. Sie bat ihn hinein und führte ihn ins Wohnzimmer, wo bereits ihr Mann, in eine karierte Decke gehüllt, in einem Sessel am Kamin saß. Er setzte sich zu ihnen und bekam ein Glas heißen Grog. Langsam wärmte er sich wieder auf.
Er erzählte seine Geschichte. Leider hatten die beiden Alten kein Telefon. Aber sie boten ihm an, die Nacht im Haus zu verbringen. Die Alte klagte, sie bekämen in diesem abgelegenen Tal so selten Besuch. Dann lächelte sie ihn an. Ihre Zähne waren überraschend lang und spitz.
Der Alte erzählte von seiner Zeit als Förster. Im Herbst wären immer die Grafen zur Jagd gekommen. Ihre beiden Söhne seien in die Stadt gegangen. In seinen Augen blitzten Tücke und Verachtung, als er von ihnen erzählte. Oder galt der kalte und höhnische Blick seinem Gast?
Der Mann wurde müde. Die Wärme, der Grog, die Erschöpfung eines langen Arbeitstags. Er hörte kaum noch zu und betrachtete die beiden Alten. Täuschte er sich? Aber ihre Haut wirkte im Licht des Kaminfeuers ledrig, gelblich und schuppig, als seien sie Reptilien. Seine Lider waren schwer und es schien ihm, als ob sich die Stimmen immer weiter entfernten. Ganz leise war das Läuten eines Telefons zu hören. Oder träumte er schon?
Eine wunderbar gruselige Geschichte, die mein Kopfkino in Gang setzte. Danke!
AntwortenLöschen... auf den 2. Teil von "Die Zauberkraft der Steine" gibbel (ړײ)
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