Mittwoch, 30. November 2016

Hoffen und Glauben

Neulich war ich in Kreuzberg zum Abendessen bei Freunden eingeladen.
Das Down-Kind fragt mich, wie alt ich bin.
Fünfzig, antworte ich.
"Dann musst du bald sterben", sagt es lachend.
Ich lache auch, während sich die erschrockene Mutter noch entschuldigt.
"Ja, da hast du recht."
Was bleibt von dir? Deine Accounts werden noch auf dem Sterbebett gelöscht, deine Familie ist längst in alle Winde zerstreut. Was bleibt von dir? Ein Reihenhaus in Fulda. Und in diesem Haus werden fremde Menschen wohnen. Denk mal drüber nach.
Eighth Wonder - I'm Not Scared. https://www.youtube.com/watch?v=J-PYqUHfTMA
Party-Wissen, Teil 491: Eighth Wonder-Sängerin Patsy Kensit ist die Tochter eines britischen Berufsverbrechers, der zur Gang der Kray-Zwillinge gehörte, die früher das Londoner East End beherrscht haben. Zur Zeit ihrer Geburt saß ihr Vater im Gefängnis.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kray-Zwillinge

Katzenbabys – The Niedlichkeit strikes back

„Ein schlechter Schriftsteller wird manchmal ein guter Kritiker, genauso wie man aus einem schlechten Wein einen guten Essig machen kann.“ (Henry de Montherlant)


Blogstuff 89
Hackerangriff auf das Netz der Telekom. In den Nachrichten heißt es, der Angriff sei von außen erfolgt, die Täter seien so schnell und effektiv vorgegangen, dass es keine Mitarbeiter des Unternehmens gewesen seien können. Realsatire 2016.
Ächzend wuchtete er seine irdische Hülle in den Fernsehsessel und blinzelte, traumblöde von sieben Bier, die Nachrichtensprecherin an. Die Revolution wird kommen, dachte der alte Klassenkämpfer. Ich kann warten.
Hätten Sie’s gewusst? Lupo Laminetti hat seine Masterarbeit in Germanistik über „Die Pizza in der Literaturgeschichte“ geschrieben.
Es ist völlig aus der Mode gekommen, sich gegenseitig darauf hinzuweisen, dass man sich etwas „an den Hut stecken“ kann.
Extra-Info für die weibliche Leserschaft: Andy Bonetti trägt bei seinen öffentlichen Lesungen keine Unterwäsche.
Ich beantrage Titelschutz für „CETA – Wenn das Ausgemachte ans Eingemachte geht“ und für „Vom Schurken zum Musterknaben – Deutschland seit 1945“.
Der Italiener Ronaldo di Filiale wechselt in der Winterpause zu Turbine Wichtelbach.
Ein Hoch auf das substantivierte Partizip, das uns die Genderia beschert hat. Wir Bloggende sind ja nicht nur Schreibende sowie Bilder- und Linkpostende, sondern auch Schlafende, Essende, Trinkende, Sehende, Hörende, Sprechende, Restaurantbesuchende, Inskinogehende, Schuhezubindende und anderes Nichtzuvergessende.
Hätten Sie’s gewusst? Andy Bonettis Frau Mandy war früher Mitglied einer berühmten Gesangs- und Tanzformation. Damals hieß sie Mandy Spice.
„Und so tranken wir segensreich dem neuen Morgen entgegen.“ (Finale eines geplanten Braugaststättenepos über Amberg)
Abends spiele ich immer mit meiner Modell-S-Bahn. Sie steht in Berlin, braucht keinen Strom und ich habe große Freude an den traurigen und verzweifelten Figuren auf den Modellbahnhöfen.
Hätten Sie’s gewusst? Wenn das Raumschiff Enterprise schneller als Warp 1 fliegt, überholt es das Signal seiner eigenen Lichthupe.

Gibt es ein kollektives Bewusstsein? Können sich Haare eine Frisur merken?
TV-News: Andy Bonetti bekommt jetzt ein eigenes Fernsehformat im ZDF. „Literatur ist Trumpf“ wird ab nächsten Monat jeden Freitag gesendet und ersetzt „Neo Magazin Royale“. Außerdem soll in den Nachrichten der Begriff „Wutbürger“ ab sofort durch den Begriff „Bluthochdruckbürger“ ersetzt werden.
„Sauer macht lustig“ ist eine alte rheinische Redensart aus den Zeiten vor dem Klimawandel, als die Oechsle-Werte noch niedrig und der Wein oft sauer war.
Rückrufaktion: Achtung! Der Roman „Risco Tanner und der Rollmops des Todes“ kann Spuren von Haselnüssen enthalten.
Der sinnlose Rekord als letzter Fluchtpunkt der Ruhmsucht und der Eitelkeit. Komme ich mit dreihundert verspeisten Lakritzschnecken ins Guinness-Buch oder nur ins Krankenhaus?
Hätten Sie’s gewusst? Im Berlin der Weimarer Republik war um drei Uhr nachts Polizeistunde. Für die Angehörigen des Gastronomiegewerbes – Köche, Kellnerinnen, Wirte und Tellerwäscher – gab es aber noch offene Lokale, in denen sie, nach Vorlage eines Ausweises, ihren Feierabend als Gast genießen konnten. Außerdem wohnten viele Beschäftigte günstig in einem Vorort oder im Umland, die Züge noch Frohnau oder Zossen fuhren aber erst ab fünf Uhr. Hochburgen des Nachtlebens waren damals die Friedrichstadt rund um den Gendarmenmarkt sowie die Straßen um die Jannowitzbrücke und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.
Was macht eigentlich Heinz Pralinski? Er recherchiert für sein neues Sachbuch „Extreme Ekzeme – die Wunderwelt der Hautkrankheiten“ in Kalkutta.
Fliehende Stürme – Trümmergemüt. https://www.youtube.com/watch?v=4Oqsy7GsbMw
Jetzt neu: „Andy Bonetti – Inferno und Ekstase.“ Für 4,99 € als E-Book.

Montag, 28. November 2016

Der alte Geldadel

Das Unternehmen Boehringer Ingelheim ist heute recht bekannt. Es ist das größte familiengeführte Pharmaunternehmen Deutschlands und das zweitgrößte insgesamt hinter Bayer. Aber in der Kaiserzeit zog zunächst der Frankfurter Geldadel nach Ingelheim.
Der Frankfurter Wechselmakler Löb Moses (1780 – 1857) war erfolgreich und setzte den Grundstein zu einer neuen Dynastie des deutschen Geldadels, später änderte er seinen Namen in Ludwig Moritz Erlanger. Sein Sohn Raphael gründete 1848 in Frankfurt eine Bank (die erste neben Rothschild) und wurde aufgrund seiner Verdienste als Finanzier diverser europäischer Regierungen in den Adelsstand erhoben.
Raphael Freiherr von Erlanger (1806 – 1878) hatte fünf Kinder. Friedrich Emil Erlanger, sein ältester Sohn, wurde bereits mit 19 Jahren für mündig erklärt und stieg ins Bankgeschäft ein. Er heiratete in die besten Kreise von Paris ein, übernahm die Bankgeschäfte der Familie seiner Frau und nannte sich fortan Frédéric Emile Baron d’Erlanger, nachdem ihn der österreichische Kaiser in den erblichen Adelsstand erhoben hatte. In zweiter Ehe heiratete er eine Südstaatenschönheit und Plantagenbesitzerin, die er in New Orleans kennengelernt hatte. Er gilt als Erfinder der Hochrisikoanleihe, investierte weltweit in Eisenbahnen und Minen, spekulierte im amerikanischen Bürgerkrieg mit Baumwolle und war am Bau des Simplontunnels beteiligt. Die Stadt Erlanger in Kentucky ist nach ihm benannt.
Sein Halbbruder Wilhelm Hermann Carl Freiherr von Erlanger (1834 – 1909) wurde Justitiar der Bank, die später in der Dresdner Bank aufgehen sollte. Er kaufte in Nieder-Ingelheim ein Hofgut und Land bis zum Ufer des Rheins. Niemand zahlte damals in Ingelheim mehr Steuern als die Familie Erlanger. Mit seinen Söhnen begann der Niedergang. Der ältere Sohn Emil Alexander verwettete ein Vermögen, wurde von der Erbfolge ausgeschlossen und verschwand ins Ausland. Der jüngere Sohn Carlo wurde Ornithologe, machte Forschungsreisen durch Afrika und starb 1904 einen Tag vor seinem 32. Geburtstag bei einem Unfall mit seinem Automobil in Salzburg.
Das Land kaufte die Familie Boehringer. Heute steht dort ihr Unternehmen.

Sonntag, 27. November 2016

Lesung: Pulsgeworden

Am Samstag, den 3. Dezember, findet um 20 Uhr eine Lesung statt. Diverse Autoren der Anthologie "Pulsgeworden", zu der ich einen Text beisteuern konnte, werden lesen. Ich hoffe, Sie haben Zeit.
Ort: DanTra's, Kulmer Str. 20A, 10783 Berlin-Schöneberg (nähe U7 Kleistpark)
http://www.dantras.de/veranstaltungskalender/

Samstag, 26. November 2016

Das ultimative Weihnachtsgeschenk

Es ist da, liebe Freunde des ungepflegten Humors:
Andy Bonetti – Inferno und Ekstase

Als E-Book bei Kindle. Hier der Cover-Text, mehr ist nicht zu sagen:
„Andy Bonetti hat es geschafft. Er gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellern der Gegenwart. Das ist seine Geschichte. Sie können es auch schaffen! Der Bonetti-Weg zum Erfolg. Werden Sie der König der Bahnhofsbuchhandlungen. Führen Sie ein Leben, wie es nur großen Künstlern vergönnt ist. Lernen Sie alles über den Umgang mit Verlegern, den Medien und Ihrem Publikum bei Lesungen. Wie schreibe ich einen Bestseller? Wie werden Figuren entwickelt, wie erzeuge ich Spannung durch eine packende Handlung? Jeder von uns kann Bonetti sein!“
Mit Bonus-Material und einem Centerfold, das Bonetti in einer anzüglichen Pose zeigt.
Bestellen Sie gleich zwei, dann haben Sie eins mehr.
Der stolze Autor
https://www.amazon.de/dp/B01N690BCI

Homo oeconomicus?

Warum sollen wir eigentlich ökonomisch denken, warum sollen wir beispielsweise effizient mit unserer Zeit umgehen? Jeden Tag bekomme ich 24 Stunden auf mein Zeitkonto gebucht. Egal, was ich mache. Jeden Tag bekomme ich 24 neue Stunden. Also gehe ich natürlich verschwenderisch mit meiner Zeit um. Es ergibt ökonomisch keinen Sinn, wenn ich mit Freunden ein Schwätzchen halte. Niemand bezahlt mich, wenn ich mir ein Fußballspiel im Fernsehen anschaue. Es kann mir doch eigentlich egal sein, wer von diesen Leuten in den kurzen Hosen am Ende gewinnt. Es ist völlig ineffizient, einen ganzen Nachmittag durch Schuhgeschäfte zu tingeln, anstatt die Schuhe in einer Minute im Internet zu bestellen. Und doch haben wir einen Heidenspaß dabei, Zeit zu verschwenden. Erst bei der großzügigen Verschwendung von Zeit fühlen wir uns richtig wohl. Wenn wir Zeit ganz rational verwenden und als knappes Gut bewirtschaften, fühlen wir uns unwohl. Wir sind im Stress, wir fühlen uns gehetzt. Der Homo oeconomicus ist ein kranker Roboter, der nur in den Hirnen weltfremder Wirtschaftswissenschaftler existiert.
Propaganda – Sorry For Laughing. https://www.youtube.com/watch?v=P7eJTj7-O70

Freitag, 25. November 2016

Sein und Nicht-Sein

Ich will an dieser Stelle unverschämt Werbung für einen alten Weggefährten meiner Berliner Zeit machen: Jörg Nicht. Er hat dieses Jahr seinen Job als Dozent an der Uni hingeschmissen, um Fotograf zu werden.

Bei Instagram hat er 557.000 Abonnenten, inzwischen hat er auch Aufträge von BMW und Lenovo. Er wohnt im Prenzlauer Berg, aber er fotografiert nicht nur in Berlin, sondern auch auf seinen Reisen.

Ich finde es mutig, sich mit seiner Leidenschaft selbständig zu machen und mit Anfang vierzig die öde Welt des öffentlichen Dienstes hinter sich zu lassen. Ich drück dir die Daumen, Jörg!
https://www.instagram.com/jn/
http://www.joergnicht.com/
https://www.qiez.de/berlin/wohnen-und-leben/top-5-instagram-stars-aus-berlin/176070785

Mittwoch, 23. November 2016

Nero-Plan 2.0

„Der Norden ist reich an Völkern von ungeheuerlicher Seltsamkeit ohne menschliche Kultur.“ (Saxo Grammaticus, 12. Jhd.)
Ich sterbe. Ich bin jetzt fünfzig Jahre alt und habe die guten Zeiten hinter mir, machen wir uns nichts vor. Meine Zivilisation stirbt auch. Die Welt, in der ich aufgewachsen bin, geht unter. Während Rom brennt, werde ich ein Gedicht schreiben.

Ich bin nicht traurig. Mein Plan geht auf. Ich habe praktisch nichts in die Rentenkasse eingezahlt, ich habe keine Kinder in die Welt gesetzt. Meine Leitsterne waren Pessimismus und Sarkasmus - und ich habe Recht behalten. Ich darf das Ende noch erleben.

Es macht mich sprachlos: Trump ist Präsident. Mit dem Brexit beginnt der Untergang der EU. Die Österreicher und die Franzosen wählen demnächst Faschisten ins höchste Staatsamt. Hass, Vorurteil und Gewalt sind wieder salonfähig geworden. Wenn ich das Wort „Kultur“ höre, greife ich zum Revolver.
Seine Majestät, das Wahlvolk, hat gesprochen. Pflanzen Sie kein Apfelbäumchen. Es lohnt sich nicht mehr.
P.S.: Erinnern Sie sich noch an den Text „Bonetti for president“ (Juni 2015)? Damals habe ich mich zum ersten Mal über Trumps Kandidatur lustig gemacht. Weitere satirische Texte folgten, bis zu einer sarkastischen „Wahlempfehlung“. In „Blogstuff 16“ habe ich für dieses Jahr den Sieg Trumps angekündigt: „Was dürfen wir 2016 erwarten? Cher wird siebzig, zumindest Teile von ihr. Und Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten.“ Am Silvesterabend schrieb ich: „Wer profitiert von den Terroranschlägen des IS und anderer Organisationen? Die Rechten in Amerika und Europa. Das Blut der Opfer wird direkt auf ihre Mühlen geleitet. Donald Trump in den Vereinigten Staaten, Marine Le Pen in Frankreich, die AfD in unserem Land, die rechten Regierungen in Polen, Ungarn usw. profitieren unmittelbar von jedem einzelnen Toten.“ Im Januar 2016 dichtete ich spontan: „Bitte, lieber Sensenmann / Nimm Donald Trump als nächsten dran.“ In Blogstuff 22 nannte ich ihn noch einen „Frisurdarsteller“. Bereits im Februar 2016 titelte ich „Wahnsinn, Wahlkampf, Wrestling – Wo ist da der Unterschied?“ Im Mai 2016 stellte ich fest: „Parteien funktionieren wie Konzerne, Abgeordnete sind Angestellte, Minister ebenso. Ihre politischen Ideen gehören ins Reich des Vorschlagswesens, wo man Verbesserungsvorschläge für einen effizienteren Ablauf des Betriebs machen darf. Man ist nicht seinem Gewissen verantwortlich, sondern seinem Bankkonto und der Karriereperspektive. Warum dann nicht gleich einen Konzernchef zum Staatschef machen? Italien hat mit Berlusconi den Anfang gemacht, es folgten die Ukraine und aktuell Österreich. Vielleicht erleben wir ja im Herbst mit Trump in den USA den Höhepunkt des Trends der Ökonomisierung des politischen Systems?“ Im Text „Der letzte Sommer“ träumte ich schon vor Monaten, dass Trumpo Präsident wird. Bereits in Blogstuff 31 habe ich berichtet, dass die Großeltern von Donald Trump aus Kallstadt an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz sind. Die Analyse des Wahlsiegs gab es für aufmerksame Leser in Blogstuff 68: „Warum hat es Trump so weit gebracht? Weil der linke und rechte Rand der Gesellschaft heute von den gleichen Ängsten beseelt ist. Die einen nennen es Multikulti und wollen es nicht in ihrer Nachbarschaft. Die anderen nennen es Globalisierung und kämpfen dagegen. Ob aus sozialer oder ökonomischer Perspektive: zusammen bilden Linke und Rechte eine Mehrheit gegen die Menschen, die nicht zu ihrer Nation gehören. Der Nationalismus ist zurück. Und ökonomisch ist der Protektionismus zurück.“ Noch vor wenigen Wochen schrieb ich: „Die Saat der Angst ist nach 9/11 systematisch gestreut worden. In den Vereinigten Staaten gilt seitdem der Ausnahmezustand, in Frankreich seit 2015. Der Feind ist unter uns, wir werden unterwandert. Bewaffnet Euch und seid wachsam! Die Saat geht auf – Trump, Le Pen, Hofer, Wilders, Orban, Petry u.v.m. möchten die Ernte einfahren.“ Am Ende vergleiche ich Trump mit Hitler („Der Rattenfänger“). Kiezschreiber-Leser haben es also schon immer gewusst.
P.P.S.: Diesen Text habe ich am Morgen des 9.11.16 (nine-eleven) geschrieben, trunken vor Trauer und anderen Dingen. Am nächsten Tag folgte das Postskriptum, jetzt ist die Wahl fünf Tage her und ich denke: Unsere Hoffnungen sind mit Obama nicht Wirklichkeit geworden, weil der politische Apparat in Washington ihn zermürbt und verschlissen hat. Vielleicht passiert mit unseren Befürchtungen und Trump das gleiche?
Queen – Who Wants To Live Forever. https://www.youtube.com/watch?v=_Jtpf8N5IDE