Freitag, 12. September 2014
Bonetti rennt
Bonetti rennt aus seiner Wohnung auf die Straße hinunter. Im Treppenhaus begegnet er der alten Gomulke mit ihrem Pudel, der nach ihm schnappt. Auf der Husemannstraße prallt er mit einer Prenzlauer-Berg-Mutter und ihrem Zwillingskinderwagen aus Gusseisen zusammen, die ihm mit Anzeige droht. Er läuft schneller, während die Frau hinter ihm hysterisch kreischend in einer absurd großen Handtasche nach ihrem grotesk teuren Smartphone sucht. Sie bekommt einen Herzinfarkt und ihre Kinder werden von Touristen nach Holland mitgenommen, wo sie in der Käseverarbeitung zu großen Ruhm gelangen. Auf dem Kollwitzplatz sieht der Kleinkünstler Percy Merryweather den großen Literaten und bietet ihm sein altes Damenfahrrad an, aber Bonetti rennt weiter. Er kommt im Gasthaus „Der blaue Planet“ an, wo er nach Johnny Malta fragt. Aber der ist schon weitergezogen. Am Tresen von „Pablo’s Krematorium“ sitzt er und nuckelt an einem riesigen Glas Zombie. Bonetti bittet ihn um tausend Euro. Aber Johnny ist so besoffen, dass er Bonetti noch nicht mal erkennt. Der Barkeeper grinst müde und erzählt Bonetti, dass Johnny Malta schon seit einer Stunde pleite sei und auf Deckel trinke. Er rennt weiter und wird fast von einem Krankenwagen überfahren. Endlich kommt er im „Headbanger’s Hell“ an, wo Heinz Pralinski schon in eine wilde Schlägerei mit einem Haufen tätowierter Typen in schwarzen Lederjacken verwickelt ist. Bonetti bekommt eine Flasche Bourbon über den Schädel gezogen und wird bewusstlos.
Bonetti telefoniert mit Heinz Pralinski, der mit ein paar üblen Schlägertypen in einer Kaschemme auf der Schönhauser Allee am Pokertisch sitzt und mehr als pleite ist. Bonetti rennt aus der Wohnung und rammt die alte Gomulke, die ihm ihre Handtasche ins Gesicht schlägt. Er taumelt auf die Straße, wo er beinahe mit der Frau zusammenstößt, die einen Zwillingskinderwagen vor sich herschiebt. Sie faucht ihn an und ihre Kinder werden beide Immobilienmakler, die beim Amoklauf eines obdachlos gewordenen Ex-Mieters erschossen werden. Percy bietet ihm sein Rad an, dass Bonetti auch annimmt. Percy beendet daraufhin die Suche nach dem heiligen Gral und wird Stammgast in der Kneipe „Die Lösung“ in der Knaackstraße. Bonetti radelt wie bekloppt und schnappt sich im Vorbeifahren die Handtasche einer unglaublich reich aussehenden amerikanischen Touristin, die gerade mit ihrem Smartphone eine perfekt sanierte Gründerzeitfassade fotografiert. An der nächsten Kreuzung rasselt er mit einem Krankenwagen zusammen und wird spektakulär in die Schaufensterscheibe eines Delikatessengeschäfts geschleudert.
Bonetti rennt durch das Treppenhaus, tritt dem Pudel der alten Gomulke in den Arsch und springt auf die Straße. Er läuft diesmal in die andere Richtung und geht der Doppelmutter aus dem Weg. Trotzdem begegnet er Percy, dem es gerade gelungen ist, einer reichen amerikanischen Touristin sein altes Damenfahrrad anzudrehen. Für zweitausend Euro. Er hatte ihr erzählt, es sei eine Skulptur von Joseph Beuys. Bonetti leiht sich tausend Euro von ihm und rennt weiter. Auf der Schönhauser Allee fährt ein Krankenwagen an ihm vorbei, der auf dem Weg in die Husemannstraße ist, wo die alte Gomulke gerade einen Schlaganfall bekommen hat. Bonetti kommt rechtzeitig im „Headbanger’s Hell“ an, wo Heinz Pralinski am Spieltisch sitzt. Er fragt Bonetti, warum er denn so außer Puste sei. Sämtliche Spieler der Pokerrunde sind All-In gegangen und Heinz hat einen Royal Flush auf der Hand. Bonetti würde Pralinski jetzt gerne schlagen, aber er ist zu kaputt.
P.S.: Die Geschichte spielt 1998 in Berlin.
Faithless – God Is A DJ. http://www.youtube.com/watch?v=3njZD_T1fuQ
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