Samstag, 17. Mai 2014
Der Babo sagt YOLO
Dies ist ein Rant.
(Nachtrag: Nein, es ist kein Rant, worüber ich bereits eine halbe Stunde nach Veröffentlichung in der Kommentar-Zone belehrt wurde, aber jetzt habe ich diesen ganzen gottverdammten Mist geschrieben und jetzt wird er auch gefälligst bis zum Ende gelesen, verstanden?!!)
Bis letzte Woche habe ich bei dem Wort „Rant“ ja noch gedacht: ‚Rant? Das war doch dieser slowenische Bogenbiathlet, der 2002 mit der Staffel Silber bei der Weltmeisterschaft in Pokljuka geholt hat‘. Aber seit letzter Woche besuche ich den Volkshochschulkurs „Internet – Deutsch, Deutsch – Internet“. Daher weiß ich: Ein Rant ist ein Text, der länger als 140 Zeichen ist, daher nicht mehr ins Twitter-Korsett passt und jeden ADS-Freak im Netz an den Rand des Wahnsinns treibt. Babo heißt irgendwie Chef und war das Jugendwort des Jahres 2013. Was es nicht alles gibt. Seniorenwort des Jahres war übrigens „Stricknadelentroster“, aber das interessiert ja die Medien offenbar nicht. In die Welt gesetzt wurde „Babo“ von einem gewissen Herrn Haftbefehl aus Hessisch-Kurdistan aka Offenbach. Da würde ich ja auch gerne mal ein Wörtchen mit den Eltern und dem zuständigen Einwohnermeldeamt reden. Ist so ein Name überhaupt erlaubt? YOLO kannte ich auch nicht. Ich dachte immer, dass wäre dieser Joghurt für Kinder mit den lustigen Kuhflecken. „You only live once“. Wer hätte das gedacht? Damit haust du heutzutage höchstens noch einen Hindu vom Hocker bzw. vom Rad der Wiedergeburt. Aber ich lerne täglich dazu. „Aka“ statt „alias“ zum Beispiel. Und LOL sowie ROFL führt umgehend zu Rollatorpflicht und Windelzwang. AFAIK.
Lernziel: BOFH. Bastard Operator From Hell. Dabei sitze ich schon sehr lange vor dem Monitor und penetriere die Tastatur. 1987 ging es mit einem Atari 1040 ST los. Hatte keine Festplatte. Wenn du zu schnell geschrieben hast – und ich habe die beiden schnellsten Zeigefinger diesseits des Mississippi -, erschien immer eine Reihe kleiner Bomben und der ganze Text war weg. Damals warst du in der sogenannten „Szene“ als Computerbesitzer ungefähr so beliebt wie mit einer Hakenkreuztätowierung auf der Stirn. Aber es ermöglichte mir Schreiben ohne Tippex, einer Korrekturflüssigkeit zum Überdecken von Tippfehlern (hat eine Ewigkeit gedauert, bis sie getrocknet war und man weiterschreiben konnte). Außerdem konnte ich am PC endlich in meinem eigenen Zimmer zocken und nicht nur auf der Atari-Konsole im Wohnzimmer, wo immer irgendwelche „Eltern“ rumhingen und den Fernseher blockierten. 1992 war ich in einem der ersten Cyber-Cafés Deutschlands in Kaiserslautern und hatte einen abgefahrenen Datenhelm auf dem Kopf. Wir dachten, das wäre die Zukunft. Zum Internet kam ich über einen Studienfreund, der zu diesem neuen Medium Seminare am Institut für Publizistik der Uni Mainz anbot. Er hat 1996 mit „intern.de“ den ersten Internetnewsletter Deutschlands gegründet, der inzwischen nicht mehr erscheint (anfangs nur als Print-Version – Wahnsinn, oder?). Wolfgang hat mich immer auf dem neuesten Stand gehalten. 2008 wurde ich dann Kiezschreiber im Berliner Brunnenviertel und ein netter Kollege namens Hubert richtete mir dieses Blog ein, in dem Sie gerade einen Rant lesen. Nach Ende des Vertrags 2011 habe ich einfach weiter gemacht.
Die Leserzuschrift, Verzeihung: der/die/das Post eines gewissen „Kiezneurotikers“ brachte mich dazu, dessen Blog zu lesen und über dessen Blogroll andere Blogs zu entdecken. Diese Welt war mir neu. Die Fernseh-, Radio- und Zeitungsredakteure, die ich kenne (und die alle, wie ich, noch die Punischen Kriege erlebt haben – nein, jetzt nicht googeln, Kevin!), lesen grundsätzlich keine Blogs, weil sie ja den ganzen Tag das angeblich relevante Zeug in den Mainstream-Medien lesen müssen. Und vor einiger Zeit ist mir dann auch noch aufgefallen, dass dieser Kiezneurotiker letztes Jahr 606 Posts, also fast zwei am Tag, ins Netz gestellt hat. Angeblich hat er ja Frau, Kind und Beruf, aber wahrscheinlich sind das in der Internetsprache nur Synonyme für Pornosammlung, Playstation und Job-Center. Wie kann man nebenher so viel schreiben? Oder verbirgt sich hinter dem Pseudonym ein mehrköpfiges Team des Springer-Verlags? Jedenfalls probiere ich es inzwischen auch, möglichst jeden Tag etwas zu „posten“. Und sobald ich den VHS-Kurs mit einem Jodeldiplom (jetzt googeln, Kevin!), äh … BOFH-Zertifikat bestanden habe, bin ich endgültig Teil der „Blogosphäre“ und habe meine eigene „Filter-Bubble“. EOBD.
Das heißt übrigens “End of business day”. Was für eine gequirlte Scheiße! Früher hat die Oberschicht Latein gesprochen und der Pöbel deutsch. Dann haben die feinen Pinkel französisch gequasselt und heute reden alle Wichtigtuer englisch. Englisch ist die Sprache der Unterdrücker. Keiner mag Obamas Drohnenkrieg, NSA-Überwachung, Yankee-Gentechnik und andere Sauereien in Lebensmitteln, die wir demnächst per „Freihandelsabkommen“ auf den Frühstückstisch bekommen, aber es wird natürlich fleißig im US-Jargon kommuniziert. Viele dieser Abkürzungen aus der Internetwelt stammen direkt vom amerikanischen Militär. Zum Glück muss ich als alter Mensch nicht mehr „in“ oder „cool“ sein. Ich bin einfach nur froh, dass ich noch lebe. „Halt endlich den Rant, Grandpa Simpson!“ Du hast Recht, Kevin. Aber diese billige Seniorenmasche ist nun mal mein USP im Netz, auf BWL-Deutsch: mein „Alleinstellungsmerkmal“. Feierabend.
P.S.: Und wer als erstes im Kommentarbereich einen „Godwin droppt“ (habe ich alles im Schweiße meines Angesichts recherchiert, ihr Lausebengel), bekommt von mir eine Dose JC spendiert. Und falls es der KN ist, auch eine Dose JG. OK?
P.P.S.: Rammstein dankt „Amerika“. http://www.youtube.com/watch?v=4NAM3rIBG5k
Wenn man „rantet“ dann kotzt man sich quasi aus und in diesem Fall ins internet. Ein Rant ist also eine Art wütende Schmährede, hat also noch eine inhaltliche Eigenschaft.
AntwortenLöschenDas ist doch alles Scheisse hier!!!
/rant
^^
Alles klar. Dann muss ich also richtig auf die Kacke hauen, damit es als "Rant" durchgeht. Ich lerne täglich dazu. Danke! Wikipedia kennt ja nur diesen Rok Rant aus Slowenien ...
LöschenBarbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
AntwortenLöschenDein Alt-Italienisch ist ausgezeichnet. Ohne Google stünde ich jetzt blöd da. Was hätte Fauser zu dem Thema geschrieben? Er hätte er sich vermutlich so ausgedrückt, dass er eine möglichst große Leserschaft erreichen kann. Seine Bücher kann man auch noch in fünfzig Jahren lesen, die Blogtexte welken dagegen sprachlich dahin wie Herbstlaub. Sie erreichen in der Gegenwart nur ein kleines Publikum, das die Fachsprache beherrscht, und sind für ein zukünftiges Publikum so wenig zu entschlüsseln wie eine Floppy-Disk.
LöschenAch, ich hab mein Altitalienisch, sobald es zitierfähig sein soll, doch auch nur aus dem Internet. Genau wie die Information, dass Floppy-Disks durchaus noch wichtig sein könnten.
LöschenDie Meldung ist ja wohl der Hammer! Aber für den Fall der Fälle habe ich auch noch meine alte Schreibmaschine. Aber ich müsste wohl mal ein neues Farbband besorgen ... Wir sollten unsere Texte ausdrucken und in einer Stahlkiste im Garten vergraben ;o)
AntwortenLöschenOkay ich mach's: Dieser Text ist fast so schlimm wie Hitler.
AntwortenLöschen:)
Jaaaaaaa !!! Gib mir die Adresse und die Bankverbindung von deinem Stamm-Späti im Prenzlauer Berg, dann überweise ich einen Zehner für deinen heißgeliebten Jacky-Ginger. Und dann ab auf die Parkbank ... Wir hatten gestern eine ganze Buddel Jacky + Cola. Wie es ausgegangen ist, beschreibe ich morgen ;o)))
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