Samstag, 6. Oktober 2012
Herbststurm
4:44 morgens. Finde noch ein halbes Bier auf dem Schreibtisch. Im Kühlschrank steht eine angebrochene Flasche Cola. Spontan kippe ich beides zusammen und probiere es. Schmeckt nicht schlecht. Gerade eben habe ich das Colabier erfunden. Kein übler Anfang für den Tag. Aber so ist das eben, wenn man das letzte Universalgenie der Menschheit ist.
Es lockert auf, heißt es in der Wettervorhersage. Wäre insgesamt auch nicht schlecht.
Die Generation des Wirtschaftswunders ist auch die Generation der Kriegsverlierer. Auf dem Feld der Politik war für sie nicht viel zu gewinnen, diese ökonomische Selbstdefinition ist der heutigen Bundesrepublik immer noch anzumerken. Es geht uns gut, aber wir wissen nicht wozu.
Der Umweltschutz ist aus deutscher Perspektive eigentlich ein Teilaspekt der beiden Generalobsessionen Ordnung und Sauberkeit. Die Flüsse sind tot, die Luft stinkt, die Wälder ersticken am Dreck. Unsere Aufgabe: Aufräumen, das Land reinigen, alles Gift entfernen, Häutung, Erneuerung, immer und immer wieder. Wir gewinnen regelrecht Lust aus der Umweltverschmutzung. Alles soll wieder neu sein, sauber sein und gut riechen. Gebt uns mehr Seife! Wisch und weg. Das wäre auch ohne Auschwitz sicherlich ein sehr deutsches Thema geworden.
Nichts ist kostbarer als das Leben. Es hat keinen Preis. Und dennoch geben wir es hin und tauschen den Tod dafür ein. Denn das kostbarste Gut, unser Leben, ist der Preis, den der Tod verlangt. Wäre dann nicht der Tod das kostbarste im Leben? Wenn der Tod ein Ort wäre, würden sich hier die Reichtümer aller Zeitalter finden. Oder hilft uns die feinsinnige Logik, die wir uns angezüchtet haben wie unseren Hunden die albernen Visagen, an diesem Punkt nicht mehr weiter?
Alles Neue wird von der Obrigkeit zugleich auf seine Nützlichkeit und auf seinen moralischen Gehalt überprüft. Daher der doppelte Blick des misstrauischen Buchhalters und des weltfremden Dorfpriesters. Man stelle sich die beiden Herren beim Anblick einer Montgolfiere oder eines Smartphone vor: Was ist das? Was soll das? Wohin wird das führen? Und natürlich: Was habe ich persönlich davon?
Ein echter Gott ist voller Liebe und Zorn. Der lauwarme Christengott, passiv und voll inhaltsleerem Verständnis, ist ein ferner Verwandter, ein Langweiler auf Durchreise, Karottenkuchenfraktion inklusive Zeit-Abo. Kein Wunder, dass er in der Götterliga derzeit eher gegen den Abstieg spielt.
Früher hat man die eigenen Namen im Schmutztitel eines Buches notiert, denn nach der eigenen Lektüre nahm es gewöhnlich seinen Weg durch den Freundeskreis. So manches Exemplar war von seiner Reise gezeichnet wie ein alter Mann, als ich es wieder sah. So war der Name eher eine Ortsangabe als eine Besitzanzeige.
Warum sollten sich die Bürger Europas streiten? Weil sich ihre Politiker streiten? Das wäre doch albern. Wir geraten ja auch nicht gleich auf der Straße miteinander in Streit, nur weil sich unsere Hunde anbellen.
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