Es
klingelt an meiner Wohnungstür. Dann wird geklopft. Wieder Klingeln. So geht es
minutenlang. Entweder brennt das Haus oder ein Amokläufer steht vor der Tür.
Ich habe so etwas in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Soll ich zur Tür
gehen? Im Eingangsbereich habe ich immer ein Jagdmesser
der finnischen Firma Marttiini in Griffweite. Da fällt jedem Türkenproll das
Schnappmesser aus der Hand. Das Teil ist die ultimative Nahkampfwaffe.
Klingeln.
Klopfen. Vor meiner Tür steht die Orkarmee. Ich stelle mich der
Herausforderung. Vor meiner Tür steht im echten Leben meine Nachbarin. Ein
Hobbit in Hausschuhen. So gefährlich wie ein Restaurant-Flyer. Mein Neffe sei
zu einem Überraschungsbesuch nach Berlin gekommen, erzählt sie, habe mich in
meiner Wohnung nicht angetroffen und hernach bei ihr geklingelt. Er hätte ihr
erzählt, die ganze Familie würde sich Sorgen machen, vor allem mein Vater. Seit
Monaten hätte ich mich nicht mehr bei meinen Verwandten gemeldet, möglicherweise
sei mir etwas passiert, vielleicht läge ich auch tot in der Wohnung. Ich treffe
meinen Vater zweimal die Woche, im Urlaub telefonieren wir zweimal die Woche.
Dieser
Besuch meines Neffen fand um die Mittagszeit statt, ich war also gerade in
einem Restaurant. Als ich am Abend nach Hause kam, war meine Nachbarin, die ich
seit dreißig Jahren kenne, natürlich in heller Aufregung. Bin ich tot oder was?
Ich erklärte ihr die Lage: Neffe ADHS, viel Ritalin, viel Sonderschule, jetzt
auf dem zweifelhaften Weg zum BWLer. Meine Schwester Querdenkerin, seit einem
Jahr ohne Kontakt zur Familie. Ich kann nur jedem Leser gratulieren, der ein
normales Umfeld hat.
Aus privater und beruflicher Erfahrung würde ich sagen: das IST normal. Es ist immer irgendwo der Wurm drin.
AntwortenLöschenWobei ich mir sicher bin, dass der "Wurm" das umgekehrt auch über mich sagt. ;-)