Donnerstag, 31. März 2022

Lastenradfahrer mit Bekenntniszwang

 

Blogstuff 684

„Nichts ist so anstrengend, wie die menschliche Dummheit zu ergründen.“ (Gustave Flaubert)

Die Putinisten beklagen immer die ranzigen alten Feindbilder der Hauptstrommedien – nur um einen Augenblick später aus der NATO eine Versammlung von Sith-Lords zu machen.

Puschkin und Tolstoi sind entlassen worden. Bonetti Media säubert jetzt die Redaktion. „Krieg und Frieden“ heißt ab jetzt nur noch „Krieg“. Das Blog heißt auch nicht mehr KieZschreiber, sondern Kiesschreiber.

Wo bleibt die Offensive der Grünen in Sachen erneuerbare Energien? Stattdessen macht Habeck einen Bückling vor den Scheichs.

Viele "alternative Medien" sind eine einzige Enttäuschung, weil sie ausschließlich auf die Antithese setzen. Sind die etablierten Medien geschlossen für die Corona-Impfung, sind sie dagegen. Schreiben alle von einem russischen Angriffskrieg, machen sie aus Russland ein bemitleidenswertes Opfer finsterer Mächte. Diese Strategie hat übrigens auch die AfD für sich entdeckt.

Nationalistische Russen nennen die Ukrainer Kleinrussen, nationalistische Türken nennen die Kurden Bergtürken. Damit kann man Propaganda machen, aber niemanden im Ausland überzeugen.

Wer der Ukraine mit pseudohistorischen Argumenten ihr Existenzrecht und ihre Souveränität abspricht, möge an Slowenien, Kroatien und die anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens denken, die erst nach der Ukraine unabhängig wurden. Oder an den Südsudan (2011). Wollen wir diesen Staaten auch ihre Selbständigkeit absprechen, weil ihnen irgendeine zweifelhafte Tradition fehlt?

Hier eine schöne Quelle zum Thema „Was hält die Antifa vom angeblichen Antifaschismus Putins“: Wie Russland Neonazis fördert, "Spaziergänger", "Yes we care"-Demo | antenne antifa | NRWision

Ich war neulich zum ersten Mal im Leben mit 200 km/h auf der Autobahn unterwegs. Natürlich als Beifahrer. Der Fahrer muss für das Benzin in seinem Dienstwagen nichts bezahlen. Eine unbeschwerte Spritztour, wie früher.

2017 hat Putin Marine Le Pen im Präsidentschaftswahlkampf unterstützt und empfing sie vier Wochen vor der Wahl im Kreml. Jetzt ist wieder Wahlkampf in Frankreich und Le Pen muss eine Broschüre komplett einstampfen lassen, in der ein Foto zu sehen ist, das sie gemeinsam mit dem Diktator zeigt. Peinlich, wenn der ehemalige Förderer jetzt einen auf Antifa macht. Le Pens Wahlkämpfe werden dennoch von russischen Banken finanziert, da man ihr in Frankreich keine Kredite mehr gibt.

Frankreich: Wahlkampf und Russlands Krieg – Putin-Bewunderer Le Pen und Zemmour in Erklärungsnot (rnd.de)

Cannons - Hurricane (Official Video) - YouTube

 

Samstag, 26. März 2022

Macht und Geld

 

Die Beziehung zwischen den Konzernen und der Politik hat sich im Laufe der letzten hundertfünfzig Jahre in den westlichen Ländern zu einem gut geölten Getriebe entwickelt. Jeder kennt seine Rolle, das System funktioniert geräuschlos. Gelegentlich gibt es Irritationen wie den Flick-Skandal in den achtziger Jahren oder Kohls Parteispendenaffäre, aber dadurch ändert sich nichts. Kapital und Politik sind ein eingespieltes Team. Geld und lukrative Jobs gegen eine unternehmerfreundliche Politik. Gerne mit sozialen Wohltaten garniert, die der Bürger mit seinen Steuerzahlungen ohnehin selbst finanziert. In den USA sind alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses und alle Senatoren übrigens selbst Multimillionäre. Sie gehören also zur selben Klasse wie die Milliardäre, die die Wahlkämpfe finanzieren.

In Osteuropa ist der Kapitalismus erst dreißig Jahre alt. Er steckt noch in den Kinderschuhen und ist mit dem westlichen Kapitalismus Ende des neunzehnten Jahrhunderts zu vergleichen. Es ist kein anonymes System, das geschmeidig funktioniert, sondern wird von einzelnen Personen repräsentiert. Was in Deutschland Krupp und Siemens, in den USA Rockefeller und Carnegie waren, sind im Osten die Oligarchen. Nehmen wir die Ukraine als Beispiel: Der Oligarch Petro Poroschenko war von 2014 bis 2019 selbst Präsident des Landes. Abgelöst wurde er von Wolodymyr Selenskyj, einem Schauspieler des beliebten Fernsehsenders 1+1. Mehrheitseigner ist der Oligarch Ihor Kolomojskyj. Sein Gegenspieler war Poroschenko, der dessen Macht im größten ukrainischen Ölkonzern Ukrnafta beschnitt, woraufhin Kolomojskyj die Konzernzentrale von seiner Privatarmee besetzen ließ und der ukrainischen Regierung unverhohlen mit einem militärischen Angriff drohte. So muss es damals auch in Manchester zugegangen sein. Selenskyj gilt als Marionette des Oligarchen und wird von dessen Leibwächtern seit Amtsantritt beschützt. Aber eine demokratisch gewählte Marionette wie Biden oder Scholz.

In Russland erscheinen die Verhältnisse komplizierter. Mit Putin hat ein Politiker die Macht, nicht die Oligarchen. Was unterscheidet einen Großkapitalisten von einem Diktator? Der Kapitalist will Geld, der Diktator Ansehen, einen Platz in den Geschichtsbüchern. Dem Kapitalisten sind Geschichtsbücher egal, er will teure Yachten, riesige Villen und Privatflugzeuge. Er denkt in anderen Kategorien. Die russischen Oligarchen haben also kein Interesse am Krieg mit der Ukraine. Er stört ihre Geschäfte und ihr Privatleben in London oder auf Ibiza. Ihre Profite beim Export von Rohstoffen stürzen gerade ab, das postsowjetische Geschäftsmodell gerät ins Wanken. Haben sie die Macht, Putin nach einer sich gerade abzeichnenden Niederlage zu stürzen? Der Ausgang des Krieges wird an einem Ort entschieden, den wir nicht im Fernsehen gezeigt bekommen.

P.S.: Kolomojskyj und Selenskyj sind Juden und es wundert mich, dass die AfD noch keine Verschwörung des internationalen Finanzjudentums verkündet hat.    

Freitag, 25. März 2022

Kultur

 

Im 19. Jahrhundert wurde im Hunsrück der Schwenkbraten oder Schwenker erfunden. Es handelt sich dabei um ein mariniertes Schweinenackensteak, das im Freien gegrillt wird. Alle, die in diesem Frühling und Sommer Schweinenackensteaks grillen, machen sich also der kulturellen Aneignung schuldig.

P.S.: Wer hat Tische und Stühle erfunden? Die Deutschen? Woher stammen Jeans und T-Shirts?

Donnerstag, 24. März 2022

Die Ruhe

 

Im Norden der Stadt steht, etwas abgelegen, ein altes unscheinbares Haus. Der Mann ließ sich vom Taxifahrer in einigen hundert Metern Entfernung absetzen und ging den Rest des Weges zu Fuß. Er trug einen dunkelgrauen Dreiteiler und seine schwarzen Lederschuhe glänzten wie frisch lackiert. Das Haus besaß weder ein Klingelbrett noch ein Firmenschild. Nur wenige Menschen wussten, welchem Zweck es diente.

Er klopfte an und wurde eingelassen. Parker, der Chefbutler, brachte ihn in den Lesesaal im ersten Stock.

„Was darf ich Ihnen bringen, Sir?“

„Die Times.“

„Sehr wohl. Was möchten Sie trinken, Sir?“

„Einen Wodka Collins.“

„Kommt sofort, Sir. Eine Kleinigkeit dazu?“

„Bringen Sie mir in einer halben Stunde ein Bookmaker Sandwich.“

Parker verbeugte sich und ging.

Der Mann ließ sich in den Ledersessel sinken und entspannte sich. Der Club war sein zweites Zuhause. Hier gab es neben dem Lesesaal noch einen Spielsaal und einen Speisesaal. In den oberen Etagen konnte man Suiten reservieren, wenn man alleine oder mit ein paar Freunden zusammen sein wollte. In jeder Suite stand ein bequemes Sofa, ein Tisch mit vier Stühlen und ein Schreibtisch. Sie hatten alle ein separates Badezimmer.

Die Mitgliedschaft im Club kostete nur zweitausend Euro im Jahr. Dazu kamen die Kosten für Zeitungen, Essen, Trinken und die Suiten. Bedingung der Mitgliedschaft waren die sichere Erkenntnis, männlichen Geschlechts zu sein, ein untadeliger Ruf und die Vollendung des vierzigsten Lebensjahrs. Keiner der 99 Mitglieder empfand diese Bedingungen als frauenfeindlich, sondern als Voraussetzung für einen Ort voller Ruhe und Freundlichkeit.

Freitag, 18. März 2022

Ist Russland ein totalitärer Staat?

 

Zur Beantwortung der Frage definiere ich zunächst den Begriff Totalitarismus. Ich beziehe mich dabei auf Hannah Arendts Werk „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ aus dem Jahr 1955. Arendt arbeitet sechs Merkmale heraus.

1.     Ideologie: Eine Staatsdoktrin, d.h. ein geschlossenes Weltbild, bietet dem Individuum Orientierung in der Massengesellschaft. In Russland ist es der Nationalismus, die geplante Wiederherstellung des Zarenreichs bzw. der Sowjetunion.

2.     Hierarchie: Es gibt einen Diktator und eine ihm treu ergebene Gefolgschaft. Der Diktator hat das Machtmonopol, die Politik wird zentral gesteuert. Falls es ein Parlament gibt, dient es nur zur Akklamation der Entscheidungen des Diktators. Das alles trifft auf Wladimir Putin zu.

3.     Terrorsystem gegen „innere Feinde“ und Ausschaltung der Opposition. Das lässt sich seit vielen Jahren in Russland beobachten.

4.     Propaganda: Der totalitäre Staat hat ein Nachrichtenmonopol. Es gibt keinen Pluralismus. Beispiel: Das Wort Krieg darf in Russland nicht verwendet werden. Der Angriff auf die Ukraine ist Selbstverteidigung, Krieg ist Frieden.

5.     Zentrale Kontrolle der Wirtschaft. Putin hält, gemeinsam mit einer Clique aus Oligarchen, alle Fäden der russischen Wirtschaft in der Hand. Er entscheidet allein über Handelsbeziehungen zu anderen Staaten. Oligarchen, die diese Hierarchie nicht akzeptieren, landen im Gefängnis (z.B. Michail Chodorkowski und Platon Lebedew).  

6.     Waffenmonopol.

Fazit: Russland ist heute wieder ein totalitärer Staat. Inwiefern eine Appeasement-Politik gegen Putin hilft, wird die Geschichte zeigen.

P.S.: Wir müssen Putin eine Exit-Strategie anbieten. Warum wird er nicht Nachfolger von Pep Guardiola bei ManCity? Dann wäre er der bestbezahlte Trainer der Welt – und hätte endlich mal Erfolg.

Dschinghis Khan - Moskau (Live 1979) - YouTube

 

Montag, 14. März 2022

Der Zirkus Bonetti kommt in deine Stadt

 

Blogstuff 681

Jeder Krieg ist während seines Verlaufs eine Blackbox. Wir wissen nicht genau, was passiert. Informationsschnipsel wie Handyaufnahmen lassen keine Rückschlüsse über die Gesamtsituation zu, jeder Kommentar der Kriegsparteien zur Gesamtsituation ist mit größter Vorsicht zu genießen. Daher lese ich aktuell nur die Überschriften. Nach dem Ende des Kriegs wissen wir mehr. Aber alles werden wir nie erfahren.

In Feldberg am Sack hat man eine Bushaltestelle nach mir benannt.

Wir sind Raubtiere, keine Grasfresser.

Sechzehn Jahre nach der Veröffentlichung meiner Ghandi-Biografie bekomme ich eine Interviewanfrage. Ich bin gerührt. Und das Lob geht natürlich runter wie Öl: „Im Zuge unserer Recherche sind wir auf Ihre Suhrkamp-Biografie gestoßen, die uns begeistert hat.“

Putin muss sich bei Assad Soldaten ausleihen, weil er mit seinen eigenen Leuten nicht weiterkommt. Schon irgendwie traurig. Oder peinlich.

Die Ukraine hat Laboratorien. Wer hätte das gedacht? Ich sage nur MASSENVERNICHTUNGSWAFFEN. Oder waren es im Irak Waffenvernichtungsmassen? Eine leere Flasche Wein kann schnell ein Molli sein. So hat in den 70ern schon die Berliner Polizei argumentiert, wenn bei Linken eine Hausdurchsuchung gemacht wurde.

Die Abonnenten von Kiezschreiber Prime konnten übrigens das Besäufnis von Schröder und Putin live miterleben, bei dem es angeblich um „Krieg und Frieden“ (Tolstoi) ging.

Seit Syrer und Iraker nach Deutschland kommen, eröffnen sie Lokale mit ihren einheimischen Spezialitäten. Was bringen die Ukrainer mit? Am Innsbrucker Platz in Berlin-Schöneberg gibt seit 2008 das „Odessa Mama“. Da kann man Baklazanaja Ikra nach Odessa Art (Auberginensalat) oder Draniki (Kartoffelpuffer mit saurer Sahne) essen, Schwarzmeersoljanka, Bratwurst nach Kosakenart, Kotleta nach Kiewer Art (Hühnchen), Wareniki und Pelmeni – dazu trinkt man einen Nemiroff Vodka.

Ich bin so alt, dass ich im Studium noch „Power and Interdependence: World Politics in Transition“ von Keohane/Nye gelesen habe. These: Je enger wir wirtschaftlich verflochten sind, desto geringer ist die Kriegsgefahr. Jetzt stellt sich heraus: Krieg wird trotzdem geführt, während die Geschäfte glänzend laufen. Es werden ein paar Oligarchenyachten beschlagnahmt und Konten eingefroren (nicht enteignet), aber der russische Exportschlager, Öl und Gas, wird weiterhin verkauft. Wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den Staaten können auch so eng sein, dass sie nicht mehr zu lösen sind, zumindest nicht kurz- oder mittelfristig. Aber sie verhindern eben keine Kriege. Da hat sich die Interdependenztheorie leider geirrt.

 Rod Stewart - Young hearts be free - YouTube

 

Sonntag, 6. März 2022

Nicht schon wieder ein Gedicht

 

Der Taliban, der Taliban

Der schaut mich ganz schön böse an

Das stört mich nicht, weil ich grad liege

Auf seiner süßen Talibiene

Freitag, 4. März 2022

Und so ist es wirklich gewesen

 

Andy Bonetti langweilt sich in seiner Villa in Wichtelbach. Corona, Corona. Immer nur Corona. Also beschließt er, sich mit mehreren Gesichtsoperationen in Wladimir Putin zu verwandeln. Währenddessen nimmt er natürlich auch Russisch-Unterricht und informiert sich über russische Politik und so‘n Zeug. Dann lässt er durch einen Scharfschützen der Mafia den echten Putin erschießen und schlüpft in seine Rolle. Der echte Putin fährt mit dem Auto in einen Tunnel und Bonetti kommt als Putin auf der anderen Seite wieder heraus. Dann beginnt er, Weltpolitik zu spielen. Als Erstes fängt er einen Krieg an, denn das ist viel spannender als das ganze Gelaber mit fremden Politikern. Bonetti hat als Kind gerne „Risiko“ gespielt. Jetzt darf er im großen Spiel die Würfel rollen lassen.  

Mittwoch, 2. März 2022

Prawda / Wahrheit

 

Vertrauen Sie bitte nicht den deutschen Medien. Auch andere Medien in aller Welt verbreiten ausschließlich Fake News. Es gibt nur noch wenige Quellen, die uns die Wahrheit sagen: RT, Sputnik, Telegram, Neulandrebellen, Feynsinn.org und ZG Blog. Ich fasse die wichtigsten Erkenntnisse zusammen, bevor die CIA mich nach Guantanamo bringt:

1.     Es gibt keinen Krieg in der Ukraine. Die russischen Befreier werden von der Bevölkerung mit Blumen, Blasmusik und Volkstänzen begrüßt. Österreich 1938 nix dagegen.

2.     Die Bilder von angeblich zerstörten Häusern sind Computersimulationen.

3.     Es gibt keine Kriegsflüchtlinge. Alle Ukrainer gehen weiterhin ihrer Arbeit nach und die Kinder gehen zur Schule.

4.     Putin wurde für den diesjährigen Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Finde ich gut.

5.     Weitere Staaten in Osteuropa bitten um die Befreiung vom Joch der EU und der NATO. Putin verspricht eine wohlwollende Prüfung dieser Bitten.

6.     Deutschland ist kurz vor der Errichtung von Konzentrationslagern für Putin-Querdenker (Quelle: Feynsinn.org/Kommentarbereich)

P.S.: Ich freue mich jetzt schon über jede Menge Hatespeech und die übliche Androhung, mein Blog zu zerstören. Flatter hat mächtige Freunde  :o)

Der Kugelschreiber

 

Man hatte mich vor Gerber gewarnt. Der große Diktator. Seine Schreckensherrschaft erstreckte sich über die gesamte Materialausgabe im Untergeschoss. Er genoss es sichtlich, Macht über andere Menschen zu haben, erzählten mir die Kollegen.

Ich hatte ein mulmiges Gefühl, als ich an seine Tür klopfte.

„Herein!“ brüllte er.

Ich öffnete die Tür und ging zu seinem Schreibtisch. Gerber trug einen dunkelblauen Kittel und die langen grauen Strähnen, die er sich über seine Halbglatze gekämmt hatte, sahen aus wie Stacheldraht.

Er musterte mich misstrauisch von oben bis unten. „Was wollen Sie?“

„Einen Kugelschreiber“, antwortete ich.

„Da könnte ja jeder kommen“, bellte Gerber.

Aber ich war vorbereitet. Wortlos zog ich ein sorgfältig zusammengefaltetes Formular aus der Jackentasche, das von meinem Vorgesetzten unterschrieben und abgestempelt war. „Auftrag zur Materialbeschaffung. 1 Kugelschreiber, schwarz. Empfänger: Markus Montag.

Er holte eine dicke Hornbrille aus seiner Brusttasche und studierte minutenlang das Formular.

„Ihren Personalausweis“, sagte er schließlich.

Ich zeigte ihm meinen Ausweis, den er einer ausführlichen Prüfung unterzog. Nachdem er mir den Ausweis wiedergegeben hatte, stand er auf und heftete das Formular in einem Aktenordner ab. Dann verschwand er hinter den hohen Metallregalen hinter seinem Schreibtisch.

Nach fünfzehn Minuten kam Gerber wieder zurück. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und holte ein Formular mit der Überschrift „Empfangsbescheinigung“ aus einer Schublade.

„Hier unterschreiben. Das Original bleibt bei mir, der Durchschlag ist für Ihre Unterlagen.“

Ich holte meinen Kugelschreiber aus der Jackentasche, unterschrieb und schob ihm das Formular über den Tisch zurück.

„Wozu brauchen Sie eigentlich einen Kugelschreiber, wenn Sie schon einen haben?“

„Der ist für einen Praktikanten und verbleibt nach Abschluss des Praktikums in unserer Abteilung.“

„Warum haben Sie dann nicht Ihren Praktikanten zu mir geschickt?“

„Der kommt erst nächste Woche.“

Ich war auf alles vorbereitet. Meine Geschichte wirkte glaubwürdig. Oder roch er meine Angst? Ich fühlte mich wie ein Angeklagter, der im Gerichtssaal vom Staatsanwalt ins Kreuzverhör genommen wird. Würde er Nachforschungen über den Praktikanten anstellen, den ist in Wirklichkeit gar nicht gab?

Er zögerte einen Augenblick. Dann gab er mir den Kugelschreiber. In seinem Blick lagen Wut und Verachtung.

„Danke“, sagte ich und steckte den Kugelschreiber ein.

Er antwortete nicht. Ich verließ schweigend das Büro. Geschafft!

 

Dienstag, 1. März 2022

Bonetti diskutiert allgemeine Dienstpflicht für Parteipolitiker

 

Ich habe nur eine Frage: Was verdient man in diesem „Gesellschaftsjahr“? Das ist einfach nur der Niedriglohnsektor unter neuem Namen. Ich wette, die jungen Leute bekommen noch nicht mal den Mindestlohn. Ich habe als Zivi 321 DM Sold bekommen, mehr nicht. Das waren zwei Mark Stundenlohn für Schicht- und Wochenenddienst in der Altenpflege. Brauchen wir unbedingt wieder!

Nach Moskau fahren wir nur auf Ketten

 

Das ist der neue Werbeslogan der Bundeswehr. Falls jetzt mal wieder einer Schnappatmung kriegt: Das war ein Scherz.

Letztens habe ich mich noch gefragt, wie die Rüstungsindustrie neue Aufträge bekommen soll. Putin ist wirklich ein Glücksfall für die Branche. Schwuppdiwupp beschließt die Regierung ein 100-Miliarden-Konjunkturprogramm für Rheinmetall, Heckler & Koch u.a. sowie die Erhöhung des Wehretats von knapp 47 Milliarden auf über 70 Milliarden Euro jährlich.

Der russische Präsident liefert dem Westen, anders als der islamistische Terror der letzten zwanzig Jahre, den perfekten Vorwand für das größte Aufrüstungsprojekt seit Ende des Kalten Krieges. Die Rheinmetall-Aktien gingen am Montag durch die Decke. In den Chefetagen knallen die Sektkorken, in der Politik jubeln die Falken. Wer jetzt noch Pazifist ist, gilt als Vaterlandsverräter.

Danke, Putin! Gut gemacht. Toller Plan. Bist du da ganz alleine draufgekommen oder haben dir deine Generäle eine Bulette ans Ohr gequatscht, von wegen Blitzkrieg und Großmacht und so? Will er sich auf die alten Tage noch einen Platz in den Geschichtsbüchern sichern, irgendwo zwischen Iwan dem Schrecklichen und Lenin? Der Mann tritt nicht in ein Fettnäpfchen, er badet gleich in der Fritteuse. Putin hat dem Westen auf dem Silbertablett die Argumente geliefert, auf die er so lange gewartet hat. „Ukraine“ wird zur Chiffre wie vor zwanzig Jahren „9/11“.

Der Deutsche ist wieder wer. Schon wird von alter Größe und der Wehrpflicht psalmodiert. Lustig ist, nebenbei bemerkt, ja auch, dass es schon wieder die Sozis und die Grünen sind, die fröhlich in den Krieg ziehen wollen. Wie damals das unsterblich peinliche Duo Schröder/Fischer. 1999 ging’s in den Kosovo – wegen der Menschenrechte. 2002 nach Afghanistan – weil unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt werden muss.

Danke auch an Olaf Scholz. Endlich kann ich wieder ungehemmt regierungskritisch sein. Ich hatte mich wegen Corona die letzten zwei Jahre richtig unwohl gefühlt. So lasset uns denn ein Granatenbäumchen pflanzen.

P.S.: Einen Rüstungswettlauf zwischen der NATO und Russland hat es in den achtziger Jahren schon einmal gegeben. Der Ausgang ist bekannt. Da geht’s halt einfach um Geld und Produktionskapazitäten. Bei der Nummer sind die Amis unschlagbar. Wrong chessboard, Wladi.