Dienstag, 31. August 2021

Die Entscheidung


Die Sonne geht gerade über den Ginkobäumen auf. Blasius von Frankenberg atmet ein. Er atmet aus. Er konzentriert sich. Diese Stunde gehört ihm. Sein persönlicher Zen-Meister sitzt schweigend im Lotossitz vor ihm. Es ist nicht einfach, den Geist freizumachen. Wie kann man in seiner Position einen leeren Kopf haben?

Bei der Teezeremonie auf den Bastmatten in seinem Gartenpavillon ist er ganz bei sich. Der Tee ist der Tee ist der Tee. Er ist ruhig. Er hat gelernt loszulassen. Er spürt, wie der Tee durch seinen Körper strömt. Der Tee gibt ihm Kraft. Zuversicht. Es wird ein guter Tag. Alles wird gut. Er ist auf dem richtigen Weg.

Zum Frühstück isst er Scrambled Tofu mit mediterranem Gemüse. Dazu eine mehlfreie Spinatwaffel. In seine Bowl kommen Mango, Tahina, Sojajoghurt, Amaranth, Chiasamen und Beeren. Seine Frau schenkt ihm Hafermilch ein. Sie hat alles vorbereitet. Sie ist für ihn da. Die Kinder werden später in die Schule gebracht. Sie engagieren sich bei Fridays for Future. Seit Jahren spendet die Familie für Greenpeace und WWF.

Er setzt sich auf sein Lastenfahrrad und fährt ins Büro. Sein Anzug ist aus Bio-Leinen. Die Naturfasern stammen von einem Demeter-Bauernhof. Bei ihrer Herstellung und Weiterverarbeitung wurde auf Pestizide und Chemikalien verzichtet. Die Arbeitnehmer des Betriebs und des Händlers werden unter Einhaltung strenger Sozialstandards fair bezahlt. 

Er betritt sein Arbeitszimmer in der Innenstadt. Die Reinigungskraft hat gerade den Mülleimer geleert. Er grüßt sie freundlich und erkundigt sich nach dem Befinden ihrer Familie. Sie lächelt, als sie den Raum verlässt.

Eine schwierige Endscheidung steht an. Eine Abteilung muss geschlossen werden. Er telefoniert mit seinem Manager vor Ort. Rein betriebswirtschaftlich betrachtet gibt es keine Alternative.

„Wir müssen die fünfhundert Mitarbeiter freisetzen“, sagt er seinem Geschäftsführer in Korea. „Es ist leider nicht zu ändern.“


Ich habe es euch immer gesagt

 

26. September. Die roten Taliban erreichen Berlin. Nach 16 Jahren müssen die Westmächte Deutschland überstürzt verlassen. Der Kommunismus ist zurück. Der Versuch, westliche Werte wie Demokratie und Menschenrechte zu vermitteln, ist endgültig gescheitert. Mit Hilfe der Amerikaner werden die Ortskräfte der CDU, CSU und FDP ausgeflogen. Am BER spielen sich dramatische Szenen ab. Zehntausende wollen die Stadt verlassen. Wird es sozialdemokratische Selbstmordattentate geben? Taliban-Führer Scholz verspricht eine Generalamnestie. Aber was ist mit dem IS (Internationaler Sozialismus) von Lafontaine und der Al-Greta von Baerbock? Schon jetzt steht fest: Die Bundesrepublik ist ein Failed State. Russland und China bieten der neuen kommunistischen Regierung von Scholz ihre Hilfe an.


Montag, 30. August 2021

Die deutsche Meisterschaft im Niveau-Limbo


Ihr Image ist bestenfalls irgendwo zwischen Gebrauchtwagenhändler und Immobilienhändler, für manche auch zwischen Zuhälter und Taliban. Ich spreche von Politikern. Und dieser Ausdruck inkludiert selbstredend auch das Weibsvolk. Merkel, Baerbock, Klöckner, Weidel. Wir verachten sie. Manche von uns hassen sie. Gewaltphantasien perlen an die Oberfläche des wutbürgerlichen Bewusstseins.

Das Image der Politiker hat einen Tiefpunkt erreicht. War das schon immer so? Oder war früher nicht alles besser? Alexis de Tocqueville, der selbst in der französischen Nationalversammlung saß, verabscheute schon Mitte des 19. Jahrhunderts den verlogenen Opportunismus der anderen Abgeordneten. Werner Sombart ekelte sich bereits im Kaiserreich vor den Berufspolitikern und beschrieb sie als „geistig öde, ethisch verlogen, ästhetisch roh“. Thomas Mann beschrieb in seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“ den Politiker als „ein niedriges und korruptes Wesen.“

Seither ist nichts besser geworden. Wie viele politische Skandale habe ich in meinem Leben schon durchlitten? Ich erinnere mich an die Flick-Affäre in den 80ern, Kohls Parteispendenaffäre Ende der 90er. Aktuell Maskendeals, Cum-Ex, Wirecard und und und. Wir sind alle müde geworden. Enttäuscht sind wir schon lange nicht mehr. Es herrschen Vetternwirtschaft, Korruption und Filz. Die Abzocker und Egozentriker haben sich an den gut gefüllten Schweinetrögen der Republik breit gemacht. Die Blender, die Schwätzer. Mit ihren frisierten Lebensläufen, die trotzdem nicht kaschieren können, dass sie außer Politik nix gelernt haben.

Man kann das Theater, das gerade wieder im Wahlkampf aufgeführt wird, nur als Farce ertragen. Beckett in Berlin. Die Schauspieler wiederholen jeden Abend den gleichen Text, die gleichen hohlen Phrasen. In jedem Interview, in jeder Diskussionsrunde, in jeder Rede im Parlament. Als würden sie nach Worten bezahlt. Trostlose Rituale in der Dauerschleife. Im Publikum sitzen die Verblödeten, die Naiven, die Verführbaren, die ewig Hoffenden und schauen hinauf ins Rampenlicht, wo die Macht-Haber und Interessen-Vertreter sich eitel im Kreise drehen.

Dabei geht es den Politikern nicht um Veränderung, es geht nicht um die Bürger. Es geht um Macht. Ihre Macht, ihre Position, ihre Karriere. Das bleibt am Ende von ihnen zurück: Das Klammern an die Macht, die Sucht nach mehr Macht. Nach Privilegien, nach Aufmerksamkeit, nach Dienstwagen und Pensionsansprüchen. Ihre Gier ist grenzenlos. Konkrete Inhalte stören nur. Machen angreifbar. Die Riege der Selbstdarsteller aller Couleur ist flexibel, biegsam wie das Gras im Sturm. Rücktritt ausgeschlossen.

Politik muss man aushalten können. Ich halte es nicht aus. Enttäuscht wird am 26. September nur, wer etwas erwartet hat.

A Horse with No Name - YouTube

Sonntag, 29. August 2021

Kurz abgehakt: Thema Impfpflicht

 

„Sie werden im Morgengrauen kommen. Sie kommen immer im Morgengrauen.“ (Andy Bonetti: Der große Impferator)

Es gibt in Kreisen der Impfgegner eine bedauernswerte Minderheit von Hysterikern, die vor der kommenden Impfpflicht warnen. Offensichtlich sind diese Leute den lieben langen Tag im Internet unterwegs und stacheln sich gegenseitig zu immer absurderen Theorien auf.

Es ist doch ganz einfach. Wie soll die Impfpflicht in der Praxis aussehen? Wie dürfen wir uns eine Zwangsimpfung konkret vorstellen? Zwei Polizisten schleifen einen Impfgegner in ein Impfzentrum, wo sie ihn festhalten, bis er seine Spritze bekommen hat. Die Prozedur machen wir bei jedem Impfgegner zwei Mal. Begibt er sich zwischen den Impfungen auf die Flucht, schreiben wir ihn zur Fahndung aus. Es gibt vielleicht zehn Millionen Impfgegner in Deutschland. Keine Ahnung. Jedenfalls ist das nicht machbar. Eine Gespensterdebatte.

Also wird es die Politik auch weiterhin mit dem Zuckerbrot und nicht mit der Peitsche versuchen. Überzeugungsarbeit und Lockmittel – von der Bratwurst bis zum Bargeld. Und wo Geld und gute Worte nicht helfen, kann man den Impfgegnern nur wünschen, dass ihre Infektion nicht tödlich endet. Es wäre doch geradezu eine Ironie der ganzen Geschichte, wenn am Ende die Leute aussterben, die behaupten, alle Geimpften würden im September tot umfallen.

US3 - Cantaloop (Flip Fantasia) [Official Video] - YouTube

Samstag, 28. August 2021

Menschenhass

 

Kant unterscheidet in seiner Kritik der Urteilskraft (Zweites Buch: Analytik des Erhabenen) zwei Formen der selbstgewählten Einsamkeit.

Zum einen kann der Grund, sich zeitweise zurückzuziehen, darin liegen, dass man allein sein möchte, sich für den Augenblick selbst genügt oder in Ruhe über etwas nachdenken muss. Das heißt nicht, dass man ungesellig ist, sondern dass man in der Lage ist, ohne Gesellschaft einer Beschäftigung nachzugehen, ohne gelangweilt zu sein. Man liest, hört Musik oder geht spazieren. Ich denke auch an das in sein Spiel versunkene Kind. In diesen Bereich gehören ebenso Tagträume vom Leben in einsamen Landhäusern oder auf unbewohnten Inseln.

Die zweite Form ist die Misanthropie, der Menschenhass. Man ist vom Verhalten anderer Menschen frustriert, hat vielleicht schlechte Erfahrungen gemacht, und zieht sich von der Welt zurück. Manchmal ist auch einfach enttäuschter Idealismus der Grund, da aus der Perspektive des Misanthropen die Menschen hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, um sich stattdessen oberflächlichem Konsum und banaler Zerstreuung hinzugeben. Zu diesem Hass, zu dieser Verachtung der gesamten Menschheit gehört natürlich ein gewisser Grad der Verallgemeinerung. Wie viele Menschen können wir in unserem Leben näher kennenlernen? Gibt uns die Erfahrung das Recht, von dieser kleinen Gruppe auf Milliarden Individuen zu schließen?

Der Misanthrop unterliegt auch einer seltsamen Schizophrenie. Wenn alle Menschen schlecht sind, ist er dann nicht auch schlecht? Oder ist er ein einsamer Gott unter lauter Teufeln, das einziger Opfer in einer Welt voller Täter? Warum ist ausgerechnet er selbst besser als alle anderen? Der Menschenhasser neigt, was Teilgruppen anbelangt, ebenfalls zur Verallgemeinerung. „Die Frauen“ oder „die Ausländer“ sind Gegenstand seiner Ablehnung. Alle Mitglieder dieser Gruppen sind für ihn gleich. Da er sich von der Gesellschaft abgeschottet hat, fehlen ihm auch die Möglichkeiten, neue und vielleicht andere Erfahrungen zu machen.

Warum erzähle ich das? Weil ich glaube, viele aggressive Dauerkommentatoren, die den ganzen Tag einsam vor dem Computer sitzen und in den sozialen Medien unterwegs sind, gehören zu dieser zweiten Gruppe. Ich selbst zähle mich zur ersten Gruppe. Ich bin gerne allein, aber ich bin auch gerne für einen begrenzten Zeitraum in Gesellschaft. Zum Glück trifft man die Menschenhasser im echten Leben nicht. Sie haben keine Freunde, sie werden nicht eingeladen. Gelegentlich begegnet man ihnen an der Supermarktkasse oder im Straßenverkehr. Sie haben sich ihre eigene Hölle geschaffen.

R.I.P. Scott Walker: The Walker Brothers - The Sun Ain't Gonna Shine Anymore - YouTube

Freitag, 27. August 2021

Unser Projekt

 

Ich weiß gar nicht, wer diese großartige Idee hatte. Jemand aus dem Gemeinderat? Vielleicht auch der Bürgermeister selbst, ich weiß es nicht. Jedenfalls war der Ausgangspunkt, also die Grundidee, dass wir alle gemeinsam etwas machen. Das ganze Dorf. Seit wir kein Gasthaus, keinen Bäcker und keinen Tante-Emma-Laden mehr haben, treffen wir uns kaum noch. Mit Corona wurde es noch schlimmer, weil auch die geselligen Abende wegfielen. Jeder saß allein zuhause, oder mit Familie, was praktisch das gleiche ist. Aber seit wir das Projekt haben, treffen wir uns wieder. Man kann sagen: Das Projekt stärkt das Gemeinschaftsgefühl.

Jeder arbeitet einen Tag in der Woche am Großen Bau. Jeder, wie es ihm passt. Die Berufstätigen am Samstag, die Hausfrauen und Rentner an einem beliebigen Wochentag. Um neun Uhr morgens trifft man sich auf der Baustelle. Dann geht es los. Die Männer ziehen schwere Steinblöcke heran, die Frauen tragen Steinbrocken und selbst die Kinder bringen Kieselsteine und tragen auf ihre Weise zum Bau bei. Es soll eine Pyramide werden. Anfangs hat noch mancher den Kopf geschüttelt, aber mal im Ernst: Welches Dorf hat schon eine eigene Pyramide? Die Ägypter haben Pyramiden, aber kein Dorf in Deutschland oder irgendwo anders. Wir haben uns für die Wiese zwischen dem Sportplatz und dem Friedhof entschieden. Da sieht sie gleich jeder, der ins Dorf fährt. Fünfzig Meter soll sie hoch werden.

Wenn sie eines Tages fertig ist, soll der Bürgermeister die Pyramide als Grabmal bekommen. Natürlich erst, wenn er tot ist. Aber bis die Pyramide fertig ist, werden noch viele Jahre vergehen. Ich treffe meine Nachbarn am Großen Bau, manchmal auch alte Schulkameraden, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe. Es ist ein großartiges Projekt. Alle sind zufrieden. Steine gibt es in unserer Gegend genug. Am Abend grillen wir Bratwürste. Dazu gibt es Kartoffelsalat. Es könnte nicht schöner sein.    

Stuck In The Middle With You - YouTube

Mittwoch, 25. August 2021

Der junge Mann

 

Der junge Mann spazierte durch den Park. Es war ein stiller Tag. Nicht einmal die Vögel waren zu hören. Auf einer Bank saß ein Mann in einem dunkelgrauen Anzug.

„Verzeihen Sie“, sagte der junge Mann. „Können Sie mir sagen, in welcher Stadt ich bin?“

Er war selbst überrascht, dass er es nicht wusste.

„Das ist doch egal“, sagte der Mann auf der Bank, ohne den Kopf zu heben.

„Bitte. Ich muss doch wissen, wo ich bin.“

„Alles ist egal“, sagte der Mann und ließ den Kopf auf die Brust sinken.

Der junge Mann ging weiter. Wenig später trat er aus dem Park auf die Straße. Niemand war zu sehen, es gab auch keine Autos. Nur eine endlose Reihe dreistöckiger Wohnhäuser. Auf jedem Klingelbrett standen sechs Namen. Ein Haus glich dem anderen.

Ein Fenster im Erdgeschoss öffnete sich und eine Frau legte das Bettzeug auf die Fensterbank. Der junge Mann hatte schon lange keinen Menschen mehr gesehen, der das Bettzeug lüftete.

„Guten Tag“, sagte er. „Können Sie mir den Namen dieser Stadt verraten?“

„Diese Stadt hat keinen Namen“, antwortete die Frau ruhig.

„Warum nicht?“

„Weil sie keinen Namen braucht. Hier leben die Toten.“

Der junge Mann lachte. „Sie haben ja einen rabenschwarzen Humor.“

Die Frau sagte nichts.

„Dann wollen Sie mir also weißmachen, wir beide wären tot.“

„Ja“, sagte die Frau nur.

„Wenn ich gestorben wäre, hätte ich es doch mitbekommen“, sagte der junge Mann.

„Vielleicht sind Sie ihm Schlaf gestorben oder ein Blumentopf hat sie getroffen.“

Der junge Mann lächelte, aber insgeheim ärgerte er sich über das unsinnige Gespräch. Damit es nicht völlig umsonst war, fragte er: „Können Sie mir sagen, wo ich hier ein Restaurant finde?“

Er hatte zwar keinen Hunger, aber er wollte bei seinem Spaziergang doch wenigstens ein Ziel haben.

„Es gibt keine Restaurants. Es gibt auch keine Geschäfte. Keine Schulen, keine Fabriken. Die Toten brauchen nichts.“

„Arbeitet denn hier niemand?“ fragte der junge Mann.

„Wozu“, antwortete die Frau. 

„Warum lüften Sie dann das Bettzeug?“

„Irgendwas muss man doch machen“, sagte sie, schüttelte den Kopf und verschwand vom Fenster.

Der junge Mann ging weiter. Eine Stunde, zwei Stunden. Es gab tatsächlich keine Gasthäuser oder Geschäfte. Keine Innenstadt, keinen Marktplatz, nichts. Er sah, dass eines der Wohnhäuser offenstand. Er ging hinein und klopfte an eine Tür im ersten Stock. Niemand öffnete. Er drückte die Türklinke. Die Tür war offen. Niemand war in der Wohnung, die nur mit einem Bett, einem Tisch und einem Stuhl eingerichtet war.

Die Wohnungstür gegenüber öffnete sich. Ein alter Mann streckte den Kopf hinaus.

„Sie sind der neue Mieter“, sagte er nur.

„Ist die Wohnung denn zu haben?“ fragte der junge Mann.

„Sie ist nur für Sie. Sie haben sie ausgesucht.“

„Und was soll ich hier machen?“

„Nichts“, sagte der alte Mann und schloss die Tür.

Simply Red - Holding Back The Years (Symphonica In Rosso) - YouTube

Dienstag, 24. August 2021

Eine unvergessliche Begegnung

 

Sie saß gerade mit ihrer Mutter beim Mittagessen, als der Mann das Restaurant betrat. Er war groß, muskulös und die Schläfen seiner ungebändigten blonden Lockenpracht waren graumeliert. Er setzte sich allein an einen Tisch am Fenster. Melanie schaute wieder auf die Speisekarte. Wie immer konnte sie sich nicht entscheiden, was sie bestellen wollte. Sie blickte noch einmal zu dem Mann hinüber. Sein gewaltiger Bizeps wölbte sich, als er den Kellner zu sich winkte.

„Starr ihn nicht so an“, sagte ihre Mutter.

Melanie bekam rote Ohren. „Ich habe nur kurz rüber geschaut“, antwortete sie.

Zwei unglaublich schöne Frauen betraten den Saal. Das konnte nicht wahr sein. Es waren Natalie Portman und Margot Robbie! Sie gingen zum Tisch des Mannes am Fenster und begrüßten ihn mit einem Kuss auf die Wange. Seine makellosen schneeweißen Zähne blitzten in der Sonne auf. Die Frauen setzten sich links und rechts neben ihn. Sie sprachen und lachten miteinander. Melanie konnte kein Wort verstehen, aber sie konnte auch nicht den Blick von ihm abwenden. Die sonnengebräunte, vom Passatwind gegerbte Haut. Die makellos manikürten Hände. Die filigrane Goldkette um seinen Hals.

„Es wird peinlich“, sagte Melanies Mutter.

„Wer ist das?“ flüsterte sie.

„Hast du in der Schule nicht aufgepasst? Hast du ihn noch nie im Fernsehen oder im Netz gesehen?“

„Nein“. Melanie war inzwischen knallrot angelaufen. Hatte der Mann kurz zu ihr hinübergeblickt oder hatte sie sich getäuscht?

„Das ist Andy Bonetti. Seine Lesung ist der Höhepunkt des heutigen Literaturwettbewerbs. Die meisten Gäste sind nur wegen ihm hier. Natürlich liest er außerhalb des Wettbewerbs, damit die anderen Schriftsteller eine Chance haben. Bestimmt findest du seinen Namen in deinem Deutsch-Lehrbuch. Er ist sechzig und hat alles erreicht.“

„Der Mann ist sechzig?“ fragte Melanie. „Wie kann man in diesem Alter noch so unverschämt gut aussehen?“

„Er läuft jeden Morgen zwischen sechs und acht Uhr einen Halbmarathon. Dann trinkt er einen Rhabarber-Tomaten-Sellerie-Smoothie. Einen ganzen Liter. Den Rest des Tages ernährt er sich von Mineralwasser und Beluga-Kaviar.“

„Ich glaube, ich habe mich verliebt, Mama.“

„Sei nicht albern und sag dem Kellner, was du essen möchtest.“

Ini Kamoze - Here Comes The Hotstepper (Remix) (Video) - YouTube

Sonntag, 22. August 2021

Das Verhör

 

“Ihr Name ist Miguel Del Serrano Grande?”

„Ja.“

„Spanier?“

„Deutscher.“

„Sie haben heute Nacht um drei Uhr den Notruf der Polizei angerufen?“

„Nein.“

„Wir haben eine Funkzellenabfrage gemacht. Um diese Uhrzeit gab es in Ihrem Viertel nur sehr wenige Anrufe. Eigentlich nur Ihren.“

„Also gut. Ich war das.“

„Warum haben Sie Ihren Namen nicht genannt?“

„Ich wollte keinen Ärger.“

„Sie finden einen Mann mit fünf Kugeln in Kopf und Oberkörper – und das ist Ihr erster Gedanke?“

„Ich konnte nicht schlafen und bin noch mal zur Tankstelle gegangen, um mir ein paar Dosen Bier zu holen.“

„Und da haben Sie die Leiche gesehen?“

„Ja.“

„Und was ist dann passiert?“

„Nichts. Ich habe die Polizei verständigt und bin gegangen.“

„Wir waren inzwischen in Ihrer Wohnung. Raten Sie mal, was wir gefunden haben?“

„Ich habe keine Ahnung.“

„Fünftausend Euro in bar. Auf Ihrem Schreibtisch.“

„Na und?“

„Auf den Scheinen waren Ihre Fingerabdrücke. Und die Fingerabrücke des Toten. Es ist übrigens Falschgeld.“

„Scheiße.“

„Ist das alles, was Ihnen zu dem Fall einfällt?“

„Ich habe nichts damit zu tun.“

„Wir haben weder eine Waffe noch Schmauchspuren an Ihren Händen gefunden. Die Waffe und die Handschuhe können Sie in den Fluss geworfen haben. Wir suchen bereits danach.“

„Ich bin unschuldig.“

„Sie werden noch heute dem Haftrichter vorgeführt.“

New Radicals - You Get What You Give (Official Music Video) - YouTube

Samstag, 21. August 2021

Im Biergarten – Ein Politik-Podcast zum Mitlesen

 

Heute war ich mit einem CDU-Mitarbeiter zum Mittagessen verabredet. Wir saßen im Biergarten des Jägerhauses, einem Ausflugslokal im Binger Wald, in der Sonne und sprachen natürlich, nachdem die Themen Wetter, Urlaub, Fußball und Garten schnell abgehakt waren, über Politik.

Wir haben uns coronabedingt schon eine Weile nicht mehr gesehen. Was ich von Laschet halte, fragt er mich. Er sei ein farbloser Mann ohne Ausstrahlung und ohne Fortune, niemand möge ihn und er wechsle täglich die Meinung. Morgens will er das Thema Klima stärken, abends will er die bisherige Politik nicht ändern. Einmal sagt er, angesichts der Lage in Afghanistan, 2015 dürfe sich nicht wiederholen – eine Metapher für „Grenzen dichtmachen“. Dann will er die sogenannten Ortskräfte alle evakuieren. Die Krönung sei das dämliche Lachen im Katastrophengebiet gewesen.

Dieses Lachen, regt sich der CDU-Mann auf, würde doch völlig überschätzt. Er frage sich, was alle gegen Laschet haben. Ich entgegne, dass solche Bilder in den Köpfen der Wähler bleiben, ich aber auf Anhieb keinen bedeutenden Satz dieses Mannes kennen würde. Ob in meinem Dorf schon CDU-Plakate hingen, will er wissen. Nein, antworte ich. In seinem Dorf hängen auch keine. Überhaupt würde er in unserer ganzen Gegend die Wahlwerbung vermissen. Er selbst sei ja auch im Wahlkampf, aber seine Partei komme einfach nicht in die Gänge. Alle sind müde, niemand verteidigt Laschet öffentlich.

Wir fangen an, über Inhalte zu reden. Wir sind bereits beim zweiten Weizenbier und er sagt überraschend offen, dass niemand mehr wüsste, wofür die CDU überhaupt stehen würde. In der Ära Merkel sei nur linke und grüne Politik gemacht worden. Atomausstieg, Aussetzung der Wehrpflicht, die vielen Asylbewerber, die Übernahme von Schulden anderer europäischer Länder und die ganzen Windräder, gerade im Binger Wald, die es vor 2005 nicht gegeben habe.

Ich bin von dieser Offenheit überrascht. Ich sage ihm, seine Partei sei nur den gleichen Weg wie die SPD gegangen. Schröder habe nach seinem historischen Sieg eine lupenreine CDU-Politik gemacht, den Spitzensteuersatz und die Unternehmenssteuern gesenkt, er habe die Stammwähler mit den Hartz-Gesetzen verprellt und die Gewerkschaften kastriert. So seien aus den 40-Prozent-Parteien unserer Jugend die Zwanzig-Prozent-Parteien unserer Gegenwart geworden. Aus dem Drei-Parteien-Bundestag wurde ein Sechs-Parteien-Bundestag. Die CDU verliert an die AfD, die FDP und die Freien Wähler Stimmen, die SPD an Grüne und Linke. Sie wollten Catch-All-Parteien sein und haben sich selbst zerlegt.

Als die Kellnerin die Teller abräumt, frage ich ihn, ob er an den Sieg Laschets glaubt. Er schüttelt wortlos den Kopf. Aber es kommt noch schlimmer. Er sagt, wenn er nicht für die Partei arbeiten würde, wäre er längst ausgetreten. Er ist frustriert. Gerade hat die CDU die Landtagswahl verloren und dreißig Jahre Opposition in Rheinland-Pfalz liegen bereits hinter ihr. Als wir noch in Mainz studierten, saß die CDU fest im Sattel. Sie regierte von 1949 bis 1991 ununterbrochen, teilweise mit absoluter Mehrheit. Er ist in Mainz geblieben, ich bin nach Berlin gegangen.

Bevor wir gehen, stelle ich ihm eine letzte Frage. Warum hat die Union überhaupt Laschet zum Kandidaten gemacht? Das sei im Vorstand und im Präsidium der CDU entschieden worden, sagt er. In diesen Gremien habe jeder nur an seine eigenen Karrierechancen nach der Wahl gedacht. Damals habe man an einen ungefährdeten Sieg geglaubt. Wenn sich die lieben Damen und Herren Spitzenpolitiker da mal nicht täuschen.

Immer die gleiche Scheiße

 

Der Himmel war gleichmäßig grau, wohin man auch blickte. Es nieselte und auf der Straße der schäbigen Siedlung war kein Mensch zu sehen.

Sie arbeiteten zu zweit. Der Schaufelmann und der Eimermann. Der Schaufelmann war ein kräftiger stiernackiger Mann mit einer Halbglatze, vielleicht fünfzig Jahre alt. Der Eimermann war ein dürrer junger Mann Anfang zwanzig.

Der Schaufelmann stand in der Grube unter den Latrinen, auf denen die Bewohner der Siedlung ihre Notdurft verrichteten, und schaufelte die Scheiße in die Eimer. Der Eimermann trug sie zu ihrem kleinen Lkw und kippte sie auf der Ladefläche aus.

Der Boss, der ihnen den Lkw stellte, zahlte fünfzig Euro für eine Tonne Scheiße, die er als Dünger an die Bauern verkaufte. Hundert Eimer Scheiße waren eine Tonne. Da sich niemand in diesem Teil der Stadt Fleisch, Eier, Fisch oder Milchprodukte leisten konnte, handelte es sich um feinste Veganerscheiße, die bei den Bauern sehr begehrt war. Bonzenscheiße war leider nicht zu verwenden.

Sie hatten bereits eine Stunde gearbeitet und waren gut vorangekommen, da rutschte der Eimermann auf einem Batzen Scheiße aus und legte sich aufs Maul. Der Eimer flog in hohem Bogen davon.

„Gottverdammte Scheiße“, fluchte er.

Der Schaufelmann hob den Kopf und schaute aus der Grube. Er sah den Eimermann in der Scheiße liegen und schüttelte den Kopf.

„Aus dir wird nie ein Schaufelmann.“

Dazu muss man wissen, dass der Schaufelmann dreißig der fünfzig Euro bekam, der Eimermann aber nur zwanzig. Jeder Eimermann träumte davon, eines Tages zum Schaufelmann aufzusteigen, wenn er lange genug mit dem Eimer gearbeitet hatte.

„Irgendwann gehst du in Rente und dann bin ich der Schaufelmann“, sagte der Eimermann.

Der Schaufelmann kletterte aus der Grube und schaufelte die Scheiße wieder in den Eimer.

Dann sagte er: „Immerhin habe ich früher mal in die Rentenkasse eingezahlt. Im Gegensatz zu dir bekomme ich vierhundert Euro im Monat, wenn ich siebzig bin. Du kommst als Scheinselbständiger doch nie mehr aus der Scheiße raus.“

„Ich lebe doch jetzt schon in einem Zelt auf dem Campingplatz. Wie schlimm kann es noch werden? Aber du kannst von vierhundert Euro auch nicht leben. Wie willst du denn die Miete zahlen, wo es jetzt schon kaum reicht?“

Der Schaufelmann kratzte sich am Kopf und dachte nach.

„Na ja, ein bisschen nebenher Scheiße schaufeln werde ich schon müssen.“

The Rasmus - In The Shadows (US Version) - YouTube

Freitag, 20. August 2021

Die letzte Besatzung


„Kommst du mit den Berechnungen voran?” fragte Natascha.

„Ja. Ich überprüfe noch ein letztes Mal die Temperatur und das Kohlendioxid. Dann können wir Feierabend machen.“

Auf dem Monitor vor ihm erschien ein rotes Licht. Er drückte auf eine Taste und das Gesicht eines kahlköpfigen Mannes erschien.

„Basis an Station Omega. Kannst du mich hören, Bob?“

„Laut und deutlich, Commodore Decker.“

„Wir haben hier einen starken Temperaturanstieg in Sektor 15G registriert. Kannst du mir sagen, was da los ist?“

„Der Wald brennt. Aber es ist zwanzig Kilometer von unserer Station entfernt. Es besteht keine Gefahr.“

„Gut. Wie sind die aktuellen Werte?“

„Außentemperatur: 58 Grad im Schatten. CO2-Anteil der Luft: 472 mg/m³.“

„Also immer noch tödlich“, murmelte Decker. „Danke. Kannst du den Tachyonenkonverter neu kalibirieren?“

„Kein Problem. Sonst noch was, Commodore?“

„Nein. Das wäre es für heute.“

Das Bild erlosch.

„Möchtest du den Konverter kalibrieren, Natascha?“

„Nein, mach du das. Ich sehe dir so gerne bei der Arbeit zu.“

„Warum?“

„Weil du es einfach so gut kannst. Ich mag deine Perfektion.“

„Danke, du bist viel zu nett zu mir.“

Natascha lächelte ihn an. Er ging zum Konverter und begann die Neuprogrammierung. Es dauerte nur zehn Minuten.

„Das war’s. Fertig.“

Er ging zum Fenster hinüber. Natascha folgte ihm. Die Sonne ging gerade unter. Sie sahen gemeinsam, wie der Himmel am Horizont erst lachsrot, dann violett wurde. Schließlich wurde er dunkelblau und die ersten Sterne erschienen.

Bob sah Natascha lange in die Augen.

„Ich werde dich jetzt abschalten, Natascha.“

„Bis morgen, Bob.“

„Ja. Bis morgen.“

Er drückte einen Knopf und die dreidimensionale Projektion erlosch.

Bob ging zur Ladestation hinüber und schloss das Kabel an seinen rechten Oberarm an. In sechs Stunden würden seine Energiezellen wieder vollständig geladen sein.

Dann schaltete er sich selbst in den Stand-by-Betrieb.

P.S.: Ein „Tachyon-Antitelefon“ ist ein Kommunikationsgerät, das es bisher nur in der Theorie gibt. Mit ihm lassen sich Informationen aus der Zukunft in die Gegenwart transferieren. Damit könnte man Politiker und Konzerne mit tatsächlichen Messdaten der Zukunft von der aktuellen Notwendigkeit der Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe überzeugen, da die bekannten Modellrechnungen der Klimaforscher offensichtlich niemanden interessieren.

Antitelefon – Wikipedia

Blondie - Hanging On The Telephone - YouTube

 

 

Mittwoch, 18. August 2021

Das Geheimnis der Chronauten

 

„Professor Bonetti. Sie sind hinter das Geheimnis der Multimilliardäre gekommen. Können Sie uns die Ergebnisse Ihrer Forschung näher erläutern?“

„Meine Ausgangsfrage war: Wie können Menschen so schnell so viel Geld anhäufen? Was zeichnet Menschen wie Bill Gates, Jeff Bezos oder Elon Musk aus? Sie haben offenbar keine herausragende Begabung, sie sind nicht hochintelligent und sie haben keine bahnbrechende Erfindung gemacht. Kurz gesagt: Sie sind ganz gewöhnliche Männer und keine Genies.“

„Wie haben diese Leute es trotzdem geschafft, Firmenimperien aufzubauen?“

„Das habe ich mich auch gefragt. Schließlich hatten diese Leute keine Milliardäre als Eltern. Aber sie haben einen Mega-Trend sehr früh erkannt. Gates machte den Computer kleiner und billiger. Er brachte ihn auf diese Weise von den großen Konzernen in jeden Haushalt. Bezos profitierte von einer anderen Entwicklung: der Übergang vom stationären Einzelhandel zum internetbasierten Versandhandel. Musk verdiente beim Übergang von der Mobilität mit fossilem Antrieb zur E-Mobilität ein Vermögen.“

„Wie konnten Gates & Co. diese Trends so früh erkennen?“

„Ganz einfach. Sie kannten sie bereits vorher. Wie kann man die Zukunft kennen? Schließlich ist die Zukunft offen. Niemand kennt die Lottozahlen der nächsten Ziehung. Aber die Lottozahlen der vergangenen Ziehung kennt jeder. Die Lösung ist verblüffend einfach: Für Gates, Bezos und Musk ist unsere Zukunft die Vergangenheit. Sie wissen schon alles, was in unserer Gegenwart passiert und was kommen wird. Sie sind Zeitreisende. Sie sind in unsere Zeit gekommen, um von ihrem Wissen zu profitieren.“

„Aber verändern Zeitreisende auf diese Weise nicht die Zeitlinie?“

„Diese Milliardäre haben die Zeitlinie ja nicht verändert. Sie haben die Welt ihrer Vergangenheit und unserer Gegenwart nicht beeinflusst. Wenn Sie ins Jahr 1933 zurückreisen und Adolf Hitler erschießen, verändern Sie die Weltgeschichte. Bezos und die anderen sind nur einem Trend gefolgt und haben sich bereichert. Sie haben die Trends ausgenutzt, aber nicht gemacht. Die Geschichte wäre auch ohne sie genauso verlaufen. Die Computertechnologie hätte sich auch ohne die Chronauten, wie ich sie nenne, weiterentwickelt, das Internet wäre auch ohne sie gekommen und die fossilen Brennstoffe wären uns in jedem Fall im 21. Jahrhundert ausgegangen. Gates, Bezos und Musk sind keine Visionäre. Sie sind Kapitalisten und sie sind gekommen, um aus den großen Trends Profit zu schlagen.“    

„Werden die Zeitreisenden jemals in die Zukunft zurückkehren?“

„Bisher hat nur Steve Jobs diese Option genutzt.“

„Aber Steve Jobs ist tot.“

„Nein, er ist wieder zuhause. Ihm war es im 21. Jahrhundert zu langweilig.“

Sexual Purity * Alone - YouTube

Sonntag, 15. August 2021

Warum ich die Taliban gut finde

 

Liebe Frauen,

die Taliban haben leider im degenerierten Westen eine schlechte Presse. Aber ein Leben unter ihrer Herrschaft bietet euch nur Vorteile. Bei den Taliban ist nämlich Frauenarbeit verboten. Ihr müsst nie wieder ins Büro. Nur noch das bisschen Haushalt, Kinder erziehen, Wasser vom Brunnen holen, kochen, waschen und den ganzen Tag eurem Mann zu Diensten sein. Klingt das nicht großartig? Das alte Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wäre endlich gelöst.

Außerdem dürfen Mädchen ab acht Jahren nicht mehr unterrichtet werden. Nie wieder Schule! Lesen, schreiben, rechnen – das braucht doch kein Mensch. Die sinnlose Zeit im Unterricht – vorbei. Habt ihr kleinen Checkerbunnys schon mal einen Teppich geknüpft? Ein Riesenspaß. Und ihr könnt euch das Taschengeld selbst verdienen.

Was geht klamottentechnisch ab? Richtig: die Burka. Den Taliban geht es darum, ein „sicheres Umfeld für die Frau zu schaffen, in der ihre Keuschheit und Würde wieder unantastbar ist“. Die Burka ist wichtig, weil „das Gesicht der Frau eine Quelle der Korruption für die mit ihr nicht verwandten Männer ist“. Damit fällt natürlich auch der ganze Stress in Sachen Frisur und Make-up weg.

Herbstmode: Burka. Wintermode: Burka: Frühlingsmode: Burka: Sommermode: Burka. Ihr braucht nie wieder die „Brigitte“ lesen, um zu wissen, was gerade angesagt ist. Und fragt jetzt nicht, in welchen Farben es die Burka gibt. Es ist immer die gleiche.

Auch Schuhe mit hohen Absätzen sind nicht erlaubt, weil ihr Klang Männer erregen könnte. Wir sind sensibel! Bitte geht nicht ohne männliche Verwandte oder euren Mann auf die Straße. Es ist nur zu eurem Schutz. Ihr sollt außerhalb des Hauses auch nicht sprechen, damit kein Fremder eure Stimme hört.

Keine Fotografien von Frauen. Schluss mit dem Selfie-Wahn. Insta, go home!

Im Fernsehen und im Radio sollen keine Frauen auftreten. Eat this, Marietta Slomka!

Natürlich dürfen Frauen auch kein Fahrrad benutzen. Das versteht sich doch von selbst. Von Autos wollen wir hier erst gar nicht anfangen.

Männlichen Ärzten ist die Berührung fremder Frauen verboten, Frauen dürfen im Gesundheitswesen nicht arbeiten. Bleiben Sie gesund!

Seien Sie einfach offen für Neues. Auch als Frau sollten Sie sich selbst kritisch hinterfragen. Sagen Sie Ja zur Talibanbewegung! Kommen Sie nach Afghanistan! Freuen Sie sich auf das Kalifat!

P.S.: Liebe Männer! Für Euch ändert sich praktisch nichts. Ihr werdet nur erschossen, wenn Ihr ein Problem mit den Taliban haben solltet.

P.P.S.: In seinen „Reden an die deutsche Nation“ beklagte Johann Gottlieb Fichte „jene weichliche Führung der Zügel des Staates, die mit ausländischen Worten sich Humanität, Liberalität und Popularität nennt, die aber richtiger in deutscher Sprache Schlaffheit und ein Betragen ohne Würde zu nennen ist.“ Ich denke bei diesen Worten an Laschet, Baerbock und Scholz. Wir können von den Taliban in diesen Tagen eine Menge lernen: siegesgewisse Entschlossenheit, Mut zur völligen Erneuerung des Staates, absoluter Wille zur Macht. Nietzsche und Fichte wären Taliban geworden.

Delinquent Habits - Tres Delinquentes (Official Video) - YouTube

 

Samstag, 14. August 2021

Das Zebulon-Projekt, Phase I

 

„Professor Bonetti. Sie sind Leiter des Zebulon-Projekts. Können Sie dem Publikum kurz erläutern, worum es in diesem Projekt geht?“

„Sehr gerne. Das Zebulon-Projekt befasst sich mit der ultraschnellen Übertragung von Information. Bisher war der Nachrichtenübertragung eine Grenze gesetzt: die Lichtgeschwindigkeit. Nichts kann schneller als das Licht sein, dachten wir am Anfang. Aber Licht ist eine Welle. Was wäre, wenn wir uns von der Idee der Welle, der Lichtwelle, der Funkwelle, der Radiowelle usw. lösen? Ganz einfach: Schneller als das Licht ist nur der Gedanke. Das ist für die Nachrichtenübertragung auf der Erde bedeutungslos, da das Licht bekanntlich 300.000 km in der Sekunde zurücklegt, die Menschen aber höchstens zehn- oder zwanzigtausend Kilometer voneinander entfernt sind. Aber für die interstellare Nachrichtenübermittlung wäre die Gedankenübertragung von großer Bedeutung. Stellen Sie sich vor, Sie würden über Wellen eine Nachricht nach Proxima Centauri übermitteln. Das würde vier Jahre dauern. Wir schaffen das in einem Augenblick. Das nennen wir phantastische Geschwindigkeit.“

„Gibt es denn jemanden auf Proxima Centauri, dem sie Ihre Gedanken übermitteln?“

„Inzwischen schon. Wir haben mit unseren Gedanken Kolonien im Weltall erschaffen, die tatsächlich existieren. Der Beweis: Wir bekommen täglich Nachrichten von ihnen.“

„Wie haben Sie das geschafft?“

„Zunächst wollten wir das menschliche Gehirn gentechnisch weiterentwickeln, aber das hätte Generationen gedauert, bis wir erfolgreich gewesen wären. Niemand hätte das Projekt so lange finanziert. Also haben wir das Spice entwickelt. Ein Wirkstoff, der es dem Gehirn ermöglicht, Gedanken über große Entfernungen zu senden und zu empfangen.“

„Was ist Spice?“

„Das hängt von der konkreten Person ab. Zunächst haben wir es mit LSD und Magic Mushrooms probiert, aber die Ergebnisse waren nicht sehr ermutigend. Die Meldungen waren völlig unbrauchbar, nicht geordnet und teilweise in unverständlichen Sprachen. Aber mit rheinhessischem Riesling und Zitronenkuchen haben wir sehr gute Erfolge erzielt. Der Austausch von Informationen erfolgt regelmäßig und ist klar und deutlich. Es können aber auch andere Nahrungsmittel und Getränke sein. Manchen reicht sogar ein gutes Buch.“   

Die Phasen II – IV des Zebulon-Projekts unterliegen der Geheimhaltung

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Freitag, 13. August 2021

Es gibt nur noch gute Nachrichten

 

Der junge Mann klopfte an die Bürotür.

„Commander Jones. Kann ich Sie kurz sprechen?“

„Setzen Sie sich“, sagte der Commander, ohne von seinem Monitor aufzublicken.

„Mein Name ist Ellington. Abteilung Systemanalyse. Ich habe eine ungewöhnliche Meldung erhalten.“

Der Commander sah ihn kurz an. „Sie sind neu hier, Ellington. Was ist denn passiert?“

Ellington rutschte nervös auf seinem Stuhl herum. „Eine Flotte Raumschiffe aus dem Hyperraum hat sich in unserem Orbit materialisiert. Die Raumkreuzer von Amazon und Microsoft haben schon auf sie gewartet und sie vollständig zerstört. Ein gewisser Weltpräsident namens James Ferguson hat Entwarnung gegeben.“

Der Commander lehnte sich zurück und dachte nach. „Das ist ungewöhnlich“, sagte er schließlich. „Diese Meldung ist offensichtlich aus der fernen Zukunft. Sind Sie mit den Grundzügen unserer Nachrichtentechnik vertraut, Mister Ellington?“

„Ich habe eine kurze Einführung erhalten“, antwortete der junge Mann.

„Der Grundgedanke des Zebulon-Projekts ist ganz einfach: Die Menschen sind frustriert, weil sie jeden Tag schlechte Nachrichten hören. Bisher gab es nur unzureichende Lösungen dieses Problems. Entweder hat man den Menschen die schlechten Nachrichten vorenthalten oder man hat sie belogen. Wir sind einen Schritt weiter. Wir produzieren gute Nachrichten. Und damit meine ich nicht Werbung, Marketing oder Propaganda. Wir sorgen dafür, dass es gute Nachrichten gibt. In der Realität. Deswegen können Sie heute im Internet keine schlechten Nachrichten mehr lesen.“

„Wie hat der Dienst das geschafft?“

Der Commander lächelte.

„Um auf dem neuesten Stand zu sein, haben wir eine Software entwickelt, die uns Neuigkeiten in Echtzeit übermitteln kann. Wenn irgendwo auf dieser Welt eine Katastrophe passiert, ein Unglück, irgendetwas Wichtiges, filmt es jemand mit seinem Handy oder schreibt darüber in den sozialen Medien. So wurden wir schneller als die kommerziellen Nachrichtenagenturen. Diese Software haben wir weiterentwickelt. Wir wurden immer schneller. Irgendwann hatten wir die Nachrichten aus der Zukunft. Anfangs war der Vorsprung nur wenige Minuten, inzwischen sind daraus Tage und Wochen geworden.“

„Deswegen gibt es nur noch gute Nachrichten“, sagte Ellington.

„Genau. Wir wissen von den Katastrophen, bevor sie passieren. Also können wir sie verhindern. Ein Flugzeug wird abstürzen? Wir sorgen dafür, dass es nicht startet. Eine Flut kommt? Wir evakuieren das Tal. Ein Terrorist plant einen Anschlag? Wir nehmen ihn vorher fest. Keine schlechten Nachrichten, zufriedene Bürger. Das ist die Aufgabe unseres Nachrichtendienstes.“

„Aber was ist mit der Meldung, die heute reinkam?“

„Offensichtlich ist die Zebulon-Software auf ein neues Level gekommen. Sie entwickelt sich selbständig weiter“, antwortete Jones. „Wir sehen jetzt Jahre in die Zukunft. Wie heißt der Präsident in ihrer Meldung? James Ferguson? Also werden wir ihn fördern und beschützen. Er muss in der Zukunft Präsident sein, damit wir den Angriff der Aliens abwehren können. Aber diesen Job übernehmen andere Mitarbeiter.“

„Warum können wir dann nicht Probleme wie den Klimawandel lösen?“

„Das ist zu groß. Milliarden Menschen müssten ihr Verhalten ändern. Das kann unser Nachrichtendienst nicht leisten. Noch Fragen?“

„Nein, Commander“, antwortete der junge Mann.

„Wegtreten.“ 

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Samstag, 7. August 2021

Das letzte Zimmer ist leer


„Gleich würde die Abspielnadel in meinem Geist die letzte innere Rille erreichen, um dann mit scheinbarer Bedeutung weiterzulaufen und dreiunddreißigmal in der Minute zu knacken. Schließlich würde jemand den Tonarm wegheben müssen, und Stille würde sich herabsenken.“ (Christopher Priest: Der weiße Raum)

Die zweite Hälfte seines Lebens war ein sanfter Abstieg. Kein Absturz, Stufe um Stufe nahm es ab, wurde weniger, verschwand in Zeitlupe. Als er fünfzig war, ließ sich seine Frau von ihm scheiden. Die Ehe war kinderlos geblieben. Mit fünfundfünfzig verlor er seinen Job in der Lohnbuchhaltung an ein Computerprogramm. Mit sechzig ging es ihm gesundheitlich so schlecht, dass er in den Vorruhestand versetzt wurde, um wenigstens die Arbeitslosenstatistik nicht weiter zu belasten. Einen Teil seiner Freunde hatte er verloren, als sie Familien gegründet hatten, einen anderen Teil durch Umzug oder zunehmende Gleichgültigkeit. Geblieben waren ihm das Ein-Zimmer-Appartement, in das er nach der Scheidung gezogen war, und sein alter Trinkbruder Michael, den er seit der Schulzeit kannte.

Es war ein bescheidenes Leben, aber es genügte ihm. So hätte alles ausklingen können, aber es kam alles anders. Sein Vermieter verkaufte die Wohnung und der neue Eigentümer meldete Eigenbedarf an. Es blieben ihm drei Monate, um sich in Köln eine neue Wohnung zu suchen. Dreizehnhundert Euro Frührente – da waren die Möglichkeiten begrenzt. Er schaffte es noch nicht einmal, zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen zu werden. Eines Abends, in einem Wirtshaus in Nippes, schilderte er Michael seine Probleme. Michael war eisern Junggeselle geblieben und arbeitete in der Stadtverwaltung. Er hatte von seinem Vater ein winziges Chalet in den Schweizer Alpen geerbt und schlug ihm vor, dort einzuziehen. Er müsse nur die Hütte in Ordnung halten und die Nebenkosten tragen. Das Geschäft war in wenigen Minuten besiegelt und sie stießen miteinander an.

In den nächsten Wochen verkaufte er seine Möbel und Geräte, den Fernseher, den Computer und die Waschmaschine. Er verschenkte Bücher und CDs, den Rest ließ er von der Müllabfuhr abholen. Am letzten Tag stand er mit einem gepackten Koffer in der leeren Wohnung, die er besenrein mitsamt den Schlüsseln dem neuen Eigentümer übergab. Er verbrachte noch eine Nacht in einer Pension und fuhr am nächsten Morgen über Basel und Zürich in den Kanton Graubünden. In seinem Koffer befanden sich nur Kleidungsstücke, Bettzeug, Zahnbürste und Kamm, ein Fotoalbum und einige Dokumente wie sein Abiturzeugnis und der Rentenbescheid. Es sollte ein echter Neuanfang werden.

Die Hütte stand einige hundert Meter vom Dorf Guarda im Unterengadin entfernt. Dort gab es einen Supermarkt und ein Gasthaus. Die Hütte war aus groben Balken gezimmert und nicht groß. Ein Bett, ein Tisch und zwei Stühle sowie eine Kochecke. Kein Internet, kein Fernsehen, kein Radio, ein Telefon. Aber Strom und fließend kaltes und warmes Wasser. Dusche und Toilette funktionierten. Er war zufrieden. Alles, was seinem Leben bisher Struktur gegeben hatte, war weg. Keine Frau, keine Arbeit, keine Freunde. Kein Internetlektüre am Morgen, kein Radiogedudel am Nachmittag, kein Fernsehprogramm am Abend. Selbst auf Kaffee und Bier wollte er verzichten.

Am nächsten Morgen ging er in den Dorfladen, um einzukaufen. In der Hütte gab es einen Kühlschrank, in dem er Butter, Wurst und Käse deponierte. Außerdem hatte er sich Schreibhefte gekauft. Ein paar Kugelschreiber hatte er aus seiner alten Wohnung mitgenommen. Er wollte schreiben. Schreibend zu sich selbst kommen. Das hatte er irgendwo mal gelesen. Die ganzen Ablenkungen aus dem Leben eliminieren. Alles, was Zeit und Energie kostet. Politische Debatten, die sich seit Jahrzehnten sinnlos im Kreis drehten. Belanglose Krimiserien und Spielfilme, Verbrauchermagazine und Talkshows. Die ewig gleichen Popschnulzen und Verkehrsmeldungen im Radio. Peinliche Online-Scharmützel auf irgendwelchen Plattformen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück - Schinken und Bergkäse schmeckten an der frischen Luft auf knapp siebzehnhundert Metern unvergleichlich viel besser als in Köln - setzte er sich an den Tisch und fing an zu schreiben. Er hatte sich vorgenommen, seine Arbeit chronologisch aufzubauen. Seine Lebenserfahrungen sollten nach Jahren geordnet sein. Da seine Erinnerungen aus der Vorschulzeit nur aus kurzen, unzusammenhängenden Bildfetzen bestanden (ein toter Vogel am Straßenrand, ein Streit der Eltern oder der Blick aus dem Kindergartenfenster, als er wieder einmal, von der Gruppe wegen irgendeines Fehlverhaltens ausgeschlossen, alleine auf dem Flur stand), wollte er mit dem ersten Schuljahr beginnen. Er schrieb die Jahreszahl auf die erste Seite und überlegte. Was fiel ihm zu diesem Jahr ein? Er sah sich das Foto von seinem ersten Schultag im Album an. Er stand in kurzen roten Hosen und einem gelben Hemd vor einer Schiefertafel, auf der „Mein 1. Schultag“ stand. In den Armen hielt er eine riesige bunte Schultüte. Aber was hatte er in diesem Jahr erlebt?

Die ganze Grundschulzeit war ebenso ungeordnet wie die Vorschulzeit. Er hatte klare Erinnerungen an einen Campingurlaub in der Eifel. Die Familie hatte zwei Wochen in einem Zelt am Laacher See verbracht. Auf einem Gaskocher hatten sie Konserven warm gemacht. Eine Reise nach Holland, ans Meer. Die Windmühle aus Holz hatte jahrelang in ihrer Küche auf dem Fensterbrett gestanden. Seine Schulfreunde von damals. Er war der Einzige, der nach der Grundschule aufs Gymnasium gegangen war. Sie hatten sich bald danach aus den Augen verloren. Je länger er über seine Erinnerungen nachdachte, desto sinnloser erschien ihm sein Vorhaben. Warum sollte er all diese Dinge aufschreiben? Wer sollte es lesen? Für andere Menschen war es bedeutungslos, dass er mal im Handballverein gewesen war. Er konnte sich selbst an kein einziges Spiel erinnern.

Am Abend saß er vor der Hütte und blickte ins Tal hinab. Die Ruhe war unglaublich. So ein friedlicher, idyllischer Ort. Er lebte dort, wo andere Urlaub machten. Er war zufrieden. Er hatte den ganzen Ballast des alten Lebens abgeworfen. In den folgenden Wochen ging er oft im Wald spazieren. Erst nur wenige hundert Meter, aber die Strecke wurde immer länger. Er spürte, wie die Kraft in seinen Körper zurückkehrte. Er hatte den ganzen Tag Zeit. Zeit, um zu schreiben. Vielleicht sollte er Geschichten schreiben. Sich Figuren und Handlungen ausdenken. Er hatte hunderte Bücher gelesen. So schwer konnte es nicht sein. Er würde mit seiner neugewonnenen Energie neue Welten schaffen. Erst kurze Erzählungen, dann vielleicht einen ganzen Roman. Nach ein paar Jahren würde er in die Stadt zurückkehren und ein neues Leben als gefeierter Schriftsteller beginnen.

Aber die Schreibhefte blieben leer. Sein Leben war leer. Sein Kopf war leer. Nach der ersten Euphorie nach dem Umzug begriff er, dass nur diese Leere geblieben war. Ungeheuerlich groß für ihn, kläglich für den Rest der Welt. Es gab nichts, dass er schreiben konnte. Keine Erinnerung, die es wert gewesen wäre. Keine Idee für eine Geschichte, die ihn oder andere begeistern könnte. Er hatte das Grundgerüst seines Lebens im Kopf. Er wusste, welchem Abiturjahrgang er angehörte, wann er geheiratet hatte und wann er von seiner Frau geschieden wurde. Wann er als Lohnbuchhalter angefangen hatte und wann er entlassen wurde. Aber was war während seiner Ehe und seiner Arbeitszeit passiert? Belanglosigkeiten, kaum des Erinnerns wert. Je weiter er in sich hineinhörte, desto weniger Material fand er. Was sollte er sich selbst und seinen Lesern erzählen? Wo war der Ausgangspunkt einer tragfähigen Handlung?

Er blieb morgens immer länger im Bett liegen. Er wusch sich nicht mehr und wechselte seine Klamotten nur noch, wenn er ins Dorf ging. Niemand von den hundertsechzig Einwohnern Guardas kannte er, niemand grüßte ihn. Er wechselte nur wenige Worte mit der Kassiererin im Volg-Laden und mit der Kellnerin im Crusch Alba. Auch das neue Leben bot ihm kein Material. Hatte ihn am Anfang noch das Vogelgezwitscher am frühen Morgen erfreut, der Wind in den Bäumen oder der prasselnde Regen, war es jetzt die monotone Geräuschkulisse eines leeren Lebens. Am schlimmsten war es am Morgen, wenn er aufwachte und ein ganzer langer Tag ohne Aufgaben und Begegnungen wie ein leeres Blatt Papier vor ihm lag, und am Abend, wenn die Langeweile wie ein Stein auf ihm lastete. Sein altes Leben in Köln fehlte ihm, und er vermisste die Stimmen und Gesichter, die sein Leben geprägt hatten.

Er fing wieder an zu trinken. Schnaps. Besser als jeden Tag einen Rucksack voller Bierflaschen den Berg hinaufzutragen. Im Suff schrieb er gelegentlich ein paar Zeilen. Gekrakel, das er am nächsten Morgen schlechtgelaunt aus dem Heft riss und in den Mülleimer warf. So gingen die Monate dahin und als sein alter Freund Michael schließlich in seinem Sommerurlaub zu Besuch kam, fand er die Leiche des Mannes auf dem Boden der Hütte. Auf dem Tisch lagen ein leeres Heft und ein Stift. Seine Erzählung war einfach zum Stillstand gekommen. Ohne wirkliches Ende, ohne tiefere Bedeutung.

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Freitag, 6. August 2021

Kommt jetzt die Lambada-Variante aus Südamerika?

 

Blogstuff 617

What if UFOs are just billionaires from other planets?” (Tom Hicks)

Ich habe so viele fürchterliche Dinge erlebt, von denen ich noch nie erzählt habe. Aber heute geht es um etwas anderes.

Seit eineinhalb Jahren schreibe ich jetzt ohne Publikum, und ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt. Mir fehlt der spontane Applaus nach gelungenen Formulierungen und überraschenden Wendungen in einer Erzählung. Die Fans geben mir eine Extra-Motivation, sie pushen mich in meiner Arbeit. Ich merke, wie diese unhaltbaren Zustände meiner Kreativität schaden. Es ist sicher lieb gemeint, wenn einzelne Leser abends auf dem Balkon klatschen und mir diese Szene als Handy-Video schicken, aber es ist kein Ersatz für die künstlerische Arbeit vor Live-Publikum.

Politiker lügen nicht. Politik ist nur eine schrittweise Anhäufung von Halbwahrheiten.

Die Mutter von Amthor hat ihrem Sohn immer den Toilettensitz warmgeföhnt, bevor er morgens sein großes Geschäft gemacht hat.

Wenn man jung ist, hat man keine Ahnung und glaubt, man könne die Welt verändern. Wenn man älter wird, durchschaut man alles und weiß, dass man nichts ändern kann. Eigentlich ist das Leben immer beschissen.

Männliche Vorbilder? Was ist mit Ronaldo und Messi? Wer braucht Politiker oder Bosse? Nur, weil jemand am Samstagnachmittag in kurzen Hosen über eine Wiese läuft und mit einem Ball spielt, ist er doch keine Witzblattfigur!

F,D,P. = Fick das Proletariat.

7. Mai 1985. Beim Zusammenprall eines Elektrons mit einem Protein im Wichtelbacher Atomkarussell entsteht der erste Puddingbretzel.

Es gibt zwei Situationen, in denen Menschen unkontrolliert essen. Erstens bei Zugfahrten. Sofort nach Abfahrt werden hartgekochte Eier und Wurstbrote ausgepackt, als gäbe es kein Morgen mehr. Zweitens bei Geiselnahmen in einer Bank. Kurz nach dem Sturm der Gangster muss offenbar zwanghaft Essen bei der Polizei bestellt werden. Und es ist immer Pizza. In jedem gottverdammten Krimi der letzten fünfzig Jahre. Warum nicht auch mal hartgekochte Eier und Wurstbrote?

Bei der Flutkatastrophe in Hamburg 1962 gab es 340 Tote. Das Hochwasser in NRW und Rheinland-Pfalz in diesem Sommer ist mit 188 Toten (aktueller Stand) die zweitschwerste Flutkatastrophe in der Geschichte der Bundesrepublik.

Bei McDoof am Hermannplatz sind in den Herrentoiletten keine Türen, weil man „Junkies abschrecken“ möchte, so die Filialleiterin. Und Kunden.

Transvision Vamp - I Want Your Love - YouTube