Sonntag, 27. September 2020

Die Nachwuchsverweigerer

 

Wenn ich die Freunde meiner Jugend betrachte, sind die meisten kinderlos geblieben. Wie ich.


Schule

Jan, Frank, Norbert, Jens, Thomas, Peter, Christian I – kinderlos.

Ingo – ein Kind.


Ingelheim und Umgebung

Arno, Christian II, Hanno, Thomas, Elmar, Dirk I, Dirk II – kinderlos.

Georg – drei Kinder, Ralph – ein Kind.


Schweppenhausen

Martin, Christoph, Volker – kinderlos.

Jörg – ein Kind.


Ergebnis

Zwanzig Männer (inklusive mir) haben insgesamt sechs Kinder in die Welt gesetzt. Sechzehn von ihnen sind kinderlos geblieben.

Das Leben


Das Leben ist ’ne Wundertüte


Nur kurz steht es in voller Blüte


Am Abend hast du noch gelacht


Frühmorgens wird der Sarg gebracht



Dienstag, 22. September 2020

Neues aus dem Lager der Anti-Verschwörungsverschwörer

 

„Publicviewer sagte am Montag, 21. September 2020 um 12:54: (…) Wichtig wäre mal zu bereden was wir nun machen!“

„horst sagte am Montag, 21. September 2020 um 13:46: @Publicviewer. Na, was wohl? Man müsste sich organisieren und Aufklärungsarbeit machen. Die nächsten Schritte sind ziemlich einfach. Einen guten inhaltlich belastbaren Flyer erstellen und den (notfalls in Nachtschichten) an die Haushalte verteilen. Nur, dazu müsste man erstmal Leute herbeibekommen. Für mich gilt in dem Zshg: Alleine werde ich das nicht mehr machen.“

Zwei Wutrentner schreiten mutig zur Tat. Ein Flyer, der an alle Haushalte verteilt wird. Das sind übrigens 41,5 Millionen in Deutschland. Oder ist eine weltweite Aufklärungskampagne mit kleinen Zetteln geplant? Man könnte noch einen Aushang am schwarzen Brett machen. Bloß nix mit „neuen Medien“.

Wir erleben hier den Anfang von etwas ganz Großem. Das System bricht endlich zusammen. Aufgepasst, Leute, jetzt kommt die Revolution! Notfalls in Nachtschichten.

P.S.: Später schreibt Horst noch „Ich will den Adolf wieder haben!!“ Und Publicviewer ergänzt zum Thema Corona-Diktatur: „Sooo schlimm war im Verhältnis der Adolf gar nicht“. Das muss dieses berühmte Hufeisen sein. Links oder rechts – Hauptsache, Italien.

Ewige Quelle der Freude: Epikur.

Montag, 21. September 2020

Worte gegen Waffen

 

Wie viele Rechtsradikale gibt es in Deutschland? Wie tief ist die rechte Gesinnung in dieser Gesellschaft verankert? Welche Gefahr geht von Demokratiefeinden, Rassisten und Nationalchauvinisten aus? Diese Fragen stellen wir uns seit vielen Jahren immer wieder. Dazu gibt es genügend empirisches Material. Aber wie viel rechtes Potential haben Polizei und Bundeswehr? Darüber wissen wir nichts. Darüber wird auch nicht geforscht.

Wir dürfen annehmen, dass es überdurchschnittlich viele Rechte zu den Waffen und zu den autoritär geprägten Organisationen zieht, in denen Befehl und Gehorsam unhinterfragte Werte darstellen. Ich kann mir keinen Polizeibeamten vorstellen, der zugleich in der Antifa aktiv ist. Linke und Linksradikale finden sich vielleicht im Bildungssektor oder den Medien, aber sicher nicht im KSK.

Die Politik ist in einem Dilemma. Schließlich sind es Polizei und Bundeswehr, die als Prätorianergarde im Zweifelsfall zwischen ihnen und der Bevölkerung stehen. Verärgert man nicht die Sicherheitskräfte, wenn man ihre Gesinnung untersucht und die Ergebnisse vielleicht auch noch öffentlich macht? Hieße es nicht, dem zu Soldat und Polizist geronnenen Gewaltmonopol des eigenen Staates zu misstrauen? Obwohl doch alle Angehörigen des Apparats einen Schwur auf die Verfassung geleistet haben?

Also gibt es keine offiziellen Forschungsprojekte. Es gibt nur eine öffentliche Debatte, die hilflos wirkt, denn den Machtlosen bleibt immer nur das Wort, während die Mächtigen Fakten schaffen. Mit Racial Profiling, mit unterschiedlichen Einsatzstrategien bei linken und rechten Demos, mit internem Druck auf Menschen, die gegen den rechten, autoritären Korpsgeist der Truppe verstoßen. An diesem Punkt kann die Politik durch Austausch von Führungspersonal wenig bewirken, denn die Organisation prägt bekanntlich den Einzelnen und nicht umgekehrt.

Wir werden auch weiterhin mit Nazis, Rassisten, Sexisten und Gewalttätern in Polizei und Bundeswehr leben müssen. Die Gesellschaft hat keinerlei Einfluss auf diese Organisationen. Uns bleibt die Hoffnung, dass die militanten Gruppen, die aus dem Sicherheitsapparat heraus einen Staatsstreich vorbereiten, weiterhin so dilettantisch vorgehen. Die Riege der 17 Innenminister, Seehofer und seine 16 Amigos aus den Ländern, alles alte weiße Männer mit lupenreinem arischen Stammbaum, werden uns jedenfalls weiter mit dem Narrativ vom Einzelfall abspeisen.

Montag, 14. September 2020

Das vorläufige Ende des Provisoriums


Blogstuff 492

„Als Zenon, der Begründer der Stoa, so heißt es, einen seiner Begleiter zaghaft über eine Pfütze schreiten sah, sprach er: ‚Er hat recht, gegen den Kot misstrauisch zu sein, in dem er sich nicht spiegeln kann.‘ Inzwischen ist aus der Selbstbespiegelung in der Scheiße ein Markt geworden.“ (Roger Willemsen: Der Knacks)

Olaf Scholz im Untersuchungsausschuss: „Als bodenständiger Sozialdemokrat fuhr ich mit dem Bus zu diesem Termin mit Herrn Warburg. Von der Bushaltestelle bis zur Villa lief ich einen Kilometer durch den strömenden Regen, aber ich wollte dem Steuerzahler die Taxikosten ersparen. In der Villa des Bankchefs kam ich völlig durchnässt an. Der Butler brachte mir eine heiße Tasse Tee. Da müssen wohl K.o.-Tropfen drin gewesen sein, denn danach kann ich mich an nichts erinnern. Vielleicht habe ich was unterschrieben. Keine Ahnung. Jedenfalls war die Cum-Ex-Kohle danach weg.“

Gemischte Gefühle. Klingt wie gemischt Vorspeisen.

Einem Bundestagsabgeordneten der Linken ist die Lebenswelt seiner türkischen Putzfrau fremder als dem Fabrikbesitzer im 19. Jahrhundert die Lebenswelt seines Kammerdieners.

Einfach mal volle Kanne mit dem kleinen Zeh gegen die Tür semmeln, um sich selbst zu spüren.

Warum gibt es noch keine Schraubenzieherin? Wann kann ich endlich eine Flaschenöffnerin kaufen?

Bonetti, ein Renaissance-Geist in einem Barock-Körper.

Im Nachhinein betrachte ich es als Glücksfall, dass mein Humankapital nicht verwertbar gewesen ist. Ich werde im Wortsinn nicht gebraucht und finde genügend Zeit zum Schreiben.

In der Oberpfalz gibt es ein Vier-Sterne-Hotel namens „Wutzschleife“ inklusive Gourmetrestaurant (5-Gänge-Menü für 148€) und Ayurveda-Gedöns. Offensichtlich ist man sich hier über Jahrhunderte treu geblieben. Einige Kilometer weiter in Oberviechtach ist man den umgekehrten Weg gegangen. Dort gibt es einen Burger-Schuppen namens Hollyfood.

Ein frustrierter Taxifahrer möchte Selbstmord begehen und beschließt, gegen einen Autobahnpfeiler zu rasen. Aber einen Fahrgast möchte er noch einsteigen lassen. Wer begleitet ihn auf seiner letzten Reise?

In Restaurants, die sprachlich auf der Höhe der Zeit sind, heißt es übrigens nicht mehr Jägerschnitzel, sondern „Schnitzel Försterin Art“. Das ist lobenswert.

Voller Mitgefühl betrachten wir die sterbende Welt im Fernsehen und im Internet. Wir sind die Engel der Vernichtung.

Jeff Beck & Beth Hart - Purple Rain. https://www.youtube.com/watch?v=VZJNbVRmI80

 

 

Sonntag, 13. September 2020

Fragen an Kleinbloggersdorf

 

Wer in Kleinbloggersdorf ist nicht erklärter Gegner des aktuellen Wirtschaftssystems und des Parteienstaats, der unseren Staat gekapert hat?

Wer von uns bekämpft nicht mit seinen Worten und an guten Tagen sogar mit seinen Taten die herrschenden Verhältnisse, die unsere Lebensgrundlage unwiederbringlich zerstören?

Warum lassen wir uns bei einer nebensächlichen Frage um das Pro und Contra einer Schutzmaske und anderer Beschränkungen des Alltags (no more Oktoberfest & Weihnachtsmarkt) in zwei verfeindete Gruppen spalten?

Wie blöd sind wir eigentlich?


Samstag, 12. September 2020

Zum schwarzen Bären

 

Das Gasthaus “Zum schwarzen Bären“ ist wie das Raumschiff Enterprise. Immer dieselbe Besatzung. Der einzige Mensch unter fünfzig ist die Babsi, die hier bedient. Eine Speisekarte braucht niemand in diesem Lokal. Es wird ausschließlich Bier getrunken, Weizenbier und Pils. Selten kommt ein Obstler oder ein Kräuterschnaps zum Einsatz.

Auf der Eckbank sitzt der Alois, das Fenster mit den vergilbten Gardinen und den verstaubten Plastikblumen im Rücken, damit er die BILD-Zeitung besser lesen kann. Am Tisch neben dem Tresen sitzen drei Männer beim Skat. Sie legen die Karten mit Fausthieben ab. Wenn man die Augen schließt, könnte man glauben, man sei in einer Werkstatt. Karl-Heinz, Georg und Josef. Kalle, Schorschi und Beppi. Nach jeder Runde trinken sie in langen Zügen. Eine knappe Besprechung der beendeten Partie folgt, während die Karten neu gemischt werden.

Ich setze mich an dem Tisch unter dem Poster von Schloss Neuschwanstein. Dann muss ich es nicht sehen. Babsi schaut von ihrer Frauenzeitschrift auf und blickt mich an. Ich nicke. Sie zapft ein großes Pils. Erst, als sie es an den Tisch bringt, sagen wir nacheinander „Hallo“. Babsi ist noch jung, hat aber die ausladenden Hüften einer mehrfachen Mutter. Sie trägt ein dunkelrotes Shakira-Shirt und ein Nasenpiercing, eine Strähne ihres schwarzgefärbten Haars ist blau gefärbt. Sie geht zurück hinter die Theke, liest weiter und kaut Kaugummi.

Im Radio dudeln die Toten Hosen, die perfekte Mischung zwischen Schlager und Popmusik. Danach Werbung. Die Stimmung der Sprecher ist aufgekratzt. Sie sind offenbar total begeistert, weil es einen neuen Duft gibt, ein neues Auto, einen neuen Schokoriegel. Ein Signalton kündigt den ernsten Teil des Programms an: Die Verkehrsmeldungen. A 5. A 7. Ich stelle es mir auf einem Schachbrett vor. Ein Läufer wird von Bauern blockiert. Es ist überall das gleiche. Es könnte schneller voran gehen. Das Bierglas ist auch schon wieder leer. Ich warte geduldig, bis Babsi aufblickt.

Pixies – Where Am I Now? https://www.youtube.com/watch?v=N3oCS85HvpY

 

 

 

Donnerstag, 10. September 2020

Die Untiefe der Tiefe

 

Blogstuff 489

„Wo Familie und Privatvermögen die unumstrittene Grundlage der Gesellschaft sind, bleibt die Frau vollkommen rechtlos.“ (Simone de Beauvoir)

Warum sind Drogen illegal? Damit sich die Kiffer und Koksnasen als Rebellen fühlen können. Sie besorgen sich den Stoff im Untergrund, in der Scene, das ist aufregend, das ist der kostenlose Extra-Kick. Ihr langweiliges und bedeutungsloses Leben wird durch die Drogen für ein paar Stunden zum Ereignis und sie vergessen, dass sie ein perfekt funktionierendes und permanent manipuliertes Wirtschaftssubjekt sind. Das Drogengeld fließt wieder in den legalen Kapitalkreislauf in Form von Konsum und Geldanlage der Drogenhändler und -produzenten zurück. Wieso sollte man diesen Kreislauf, in dem es nur Gewinner gibt, zerstören? Die Bekämpfung des Drogenhandels und der Drogensucht sind nur eine Show, es ist Symbolpolitik, Futter für die Medien und den besorgten Bürger™, sonst nichts.

A bestellt sich ein Kalbsschnitzel. B: „Denk doch mal an die niedlichen Kälbchen mit ihren süßen, großen Augen.“ A: „Deswegen esse ich ja die Augen nicht mit.“

Was wir gerade unter dem Label #BlackLivesMatter in den USA erleben, hatten wir in Europa schon bei den Unruhen in Paris 2005 und den Unruhen in London 2011. In Paris starben zwei Jugendliche auf der Flucht vor der Polizei durch Stromschlag, in London wurde ein schwarzer Drogenhändler erschossen. Alle Proteste blieben langfristig ohne politische Wirkung.

Corona fördert den säkulären Trend zum Neo-Biedermeier. Schon im Lockdown musste man die Baumärkte offenlassen, damit die Männer zuhause nicht verrückt wurden. Cocooning nannte man das am Beginn der Reise in die Hygge-Behaglichkeit und die Isolation. Corona ist die Krankheit, die in diese Zeit passt. Vati Staat freut sich über die weitere Entfremdung innerhalb der Bevölkerung. Es macht das Regieren einfacher.

In der Welt mag man sich um Fahnen scharen, uns genügt ein Wimpel. Ruhm und Ehre für Spartakist Wichtelbach, unseren Fußballverein.

Ist es kulturelle Aneignung, wenn eine Frau mit offenem Hosenstall rumläuft?

Ich bin Jäger. Ich schieße gerne auf Lebewesen, die kleiner sind als ich.

Meine Mutter ist fast neunzig und putzt immer noch jede Woche mein Bad. Manchmal kann ich gar nicht hinsehen.

Wenn die Leute beim Sterben noch nicht mal „Aua“ sagen, ist es ein guter Action-Film.

Was ist noch schlimmer als Frauen, die Angst vor Spinnen haben? Frauen, die Spinnen „retten“ wollen. Fünf Minuten später wird das traumatisierte Krabbeltier dann im Garten von einem Vogel gefressen

Seit ich auf den Corona-Kontaktlisten in den Restaurants als Justin Bieber aufschlage, steht mein Telefon nicht mehr still.

Duran Duran – The Reflex. https://www.youtube.com/watch?v=J5ebkj9x5Ko

Mittwoch, 9. September 2020

Zwischen Nicht-Mehr und Noch-Nicht

 

Er ist Langstreckenläufer. Er nimmt, zusammen mit tausenden anderen Läufern, an einem Wettlauf teil.

Sie rennen. Vorbei an Häusern, an Feldern, an fernen Bergketten.

Er wird langsamer. Er verliert den Anschluss.

Schließlich kann er die anderen Läufer nicht mehr sehen. Sie sind verschwunden.

Er bleibt stehen. Wozu noch laufen?

Er denkt nach. Warum auf dem Weg bleiben?

Er geht in den Wald und findet eine Lichtung. Wieso noch stehen?

Er legt sich auf die Wiese und schließt die Augen.

Er hat nur noch ein Ziel: Vergessen.

Er möchte sich nicht mehr daran erinnern, ein Langstreckenläufer zu sein.

Freitag, 4. September 2020

Wenn Diskussionen sinnlos werden


Auf Facebook diskutiere ich mit einer alten Schulkameradin, die bis zur zehnten in meiner Klasse war. Unvergessen, wie sie breitbeinig vor mir im Klassenzimmer steht, sich im Schritt kratzt und durch den Saal blökt: „Meine Möse juckt“. Dann Ehrenrunde, Abitur trotzdem nicht geschafft. Hilft seither im Kleinstbetrieb ihres Vaters aus (die beiden werden von einer Angestellten unterstützt), steht auf Esoterik, ist längst geschieden. Im Internet hat sie einen IQ von 141, wie sie selbstbewusst in einem Opener zum Thema Corona schreibt. Ich frage lieber nicht, in welcher Frauenzeitschrift der IQ-Test gewesen ist.

Sie schreibt, dass „Menschen nun mal manchmal krank werden oder auch sterben an allen möglichen Ursachen". Wenn ich sowas lese, weiß ich gar nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Wegen Alkoholismus oder Nikotinsucht gäbe es doch auch keinen Lockdown, warum wegen Corona? Ich antworte, dass kein Lockdown notwendig wäre, weil Alkoholismus nicht ansteckend ist. Sie hat auch den Zusammenhang zwischen Hygienemaßnahmen und Fallzahlen bis heute nicht begriffen. Warum gibt es Maßnahmen, obwohl die Fallzahlen so gering sind? Dann kommen wir zu ihrem Hero: Warum Bodo Schiffmann keine Fernsehinterviews bekäme? Seine Meinung würde unterdrückt. Antwort: Weil er ein HNO-Arzt ist und kein Virologe oder Epidemiologe. Sie gibt zu bedenken, ich sei auch kein Virologe und hat natürlich vollkommen recht. Deswegen bekomme ich zum Thema Corona ebenfalls keine Einladung von Maischberger oder Plasberg.

Sie setzt hinter jeden Satz ein Ausrufezeichen, aber immerhin nur eins. Insgesamt sind es 141. Ich gebe auf.

P.S.: Nebenberuflich bietet sie Yoga-Kurse und Thai-Massagen an. Ihr spiritueller Name ist Sarasvati, sie hat ihn von ihrem Guru erhalten.

Die Sterne - Swinging Safari. https://www.youtube.com/watch?v=TGJkScgiEIU

 

Donnerstag, 3. September 2020

Nawalny und der Murmeltiertag


Ich möchte mit einem Geständnis beginnen: Zur Causa Nawalny habe ich keinen einzigen Artikel gelesen. Aber die vielen überflüssigen Überschriften unserer fleißigen Massenmedien nimmt man so unvermeidlich wahr wie die Blähungen von Herrn Dinkelberger aus dem Marketing, der neben mir im Aufzug steht.

Offenbar ist in Russland ein Russe vergiftet worden. Dergleichen mag geschehen. In Amerika pflegt man sich gegenseitig zu erschießen. Andere Völker, andere Sitten. Die deutschen Redaktionsstuben hat es indes in Bluthochdruckgebiete verwandelt, sie spucken Gift und Galle. Schwere Sanktionen gegen die russische Regierung werden gefordert, die der Tat aus der Ferne bereits überführt wurde. Sherlock Holmes hat noch den Tatort inspiziert und Zeugen befragt, unsere Zeitungsfritzen sind da schon einen Schritt weiter. Natürlich soll auch eine Pipeline, die Milliarden gekostet hat und unsere Energieversorgung sichern soll, nicht in Betrieb gehen dürfen.

Lief die Nummer nicht schon einmal vor zwei Jahren? Da wurden zwei Russen in England vergiftet und selbstverständlich muss man deswegen eine komplette Fußballweltmeisterschaft absagen. In China fällt ein Sack Reis um, in Russland eine leere Wodkaflasche. Wo ist Behle?