Samstag, 23. Februar 2013
Glückwunsch
Der Satz „Hannover wird oft unterschätzt“ ist gerade vom Bundesverband der Journalisten zum langweiligsten Artikelbeginn des Jahres gekürt worden.
Sein und Schein
Unsere Sprache enthüllt, welchem Medium die Zukunft gehört. Wir sitzen vor dem Fernseher, wir sehen fern. Aber wir gehen ins Internet und wir sind im Netz. Das Fernsehen nehmen wir nur wahr, aber das Internet ist eine Existenzform. Wer von uns ist schon im Fernsehen bis auf die unerlösten Seelen auf dem Fliegenden Holländer der Talkshowindustrie und ein paar schwer vermittelbare Moderatoren?
Die Katze
Viele sagen, die Katze lebe mit den Menschen, weil sie so schön, klug und geheimnisvoll sei. Das ist natürlich Blödsinn. Katzen gibt es wesentlich länger als Menschen und sie sind bei der Sesshaftwerdung des Menschen nur deswegen angeheuert worden, weil sie die besten Mäusejäger des Universums sind. Jeder, der einmal mit einem Elefanten oder einem Zebra auf Mäusejagd war, kann das bestätigen. Und das kam so: Die bescheuerten Erstmenschen (Beta-Version) sind die ganze Zeit durch die Gegend gelatscht und haben was zu essen gesucht. Das hat meistens den ganzen Tag gedauert und am Ende gab es nur Rote Beete zum Abendbrot. Und Geschichten von den Männern, die fast ein Kaninchen gefangen hätten. Jäger und Sammler nannte man die Leute und nach einer einzigen Umschulung kanntest du das ganze Business des Holozäns. Als sie sesshaft wurden und einfach alles, was man so braucht, um die eigene Bude herum angepflanzt haben, um weitere Sucharbeit zu vermeiden, wurden die Katzen rekrutiert. Ein Problem hatte man gelöst: Was gibt es zum Essen? Ein neues Problem kam dazu: Wie verteidigen wir Neo-Bauern die Vorräte, die wir aus unserer „Arbeit“ gewonnen haben, gegen die Vögel und Mäuse? Du hast einmal im Jahr eine große Ernte, aber du kannst nicht das Brot für ein ganzes Jahr backen. Oder den Kuchen und alles andere. Die Katzen haben uns geholfen. Sie bewachen unsere Nahrung, bewahren sie vor pestilenzförderndem Nagetierbesuch und sind selbst der Korruption völlig unverdächtig. Katzen mögen kein Getreide und im Übrigen auch kein Gemüse. Und unserem Geschwätz hören sie noch weniger zu als träumende Hunde.
Samstag, 9. Februar 2013
Gemeinschaftsgärten
Gemeinschaftsgärten sind ein typisches Phänomen des deutschen Bildungsbürgertums, das sich bevorzugt in Großstädten beobachten lässt. Idealistisch veranlagte oder ideologisch verblendete Akademiker, die vergessen haben, dass Landwirtschaft harte Arbeit und kein Freizeitvergnügen für blasierte Nerds ist, machen sich einmal pro Woche mit kindlichem Vergnügen die manikürten Fingerchen schmutzig, die den Rest der Woche eine seelenlose Computertastatur bearbeiten. Wie tief muss ein Mensch eigentlich gesunken sein, damit er beim Griff in den Dreck unter seinen Füßen Glück, Ursprünglichkeit oder was auch immer empfinden kann? Wie deformiert ist die menschliche Natur, wenn man sich mit dem Triumphgeheul von Vorschulkindern gegenseitig die geernteten Möhren zeigt? Möhren, die sich natürlich auch nur die obere Mittelschicht leisten kann, die sich bevorzugt in diesen Gartenprojekten finden lässt. Wenn man den Einsatz von spezieller Gartenerde, Naturdünger und anderen teuren Plunder für den urbanen Amateur berechnet, kann sich ein Normalverdiener mit Familie dieses Gemüse gar nicht leisten. Ich habe als Kind noch die Frühstückseier im Hühnerstall suchen müssen. Die Kartoffeln und das Gemüse habe ich mit meiner Großmutter jeden Tag aus dem Garten gegraben, der von keinem Quadratmillimeter bürgerlicher Rasenkultur verunstaltet war. Es ist kein Spaß, wenn man aus finanziellen Gründen zur Gartenarbeit gezwungen ist. Später haben wir Schafe dazu bekommen. Es ist auch kein Spaß, wenn ein neugeborenes Lamm in deinen Armen stirbt, weil die Mutter es nicht annimmt. Ich bin heute froh, dass ich in der Stadt lebe und diese Drecksarbeit nicht mehr machen muss. Und für die Zahnarztgattin mit ihren Kohlköpfen empfinde ich Mitleid.