Mittwoch, 20. Dezember 2017

Ansichten eines Blinden


Blogstuff 180
„Ich arbeite nicht. Ich esse, ich trinke und wenn ich müde bin, lege ich mich schlafen. Arbeiten die Tiere im Wald? Denken Sie mal darüber nach. Ich kann jederzeit aufstehen und gehen, wohin ich will. Können Sie das auch?“ (aus: Andy Bonettis vielbeachteter Rede an die Weltbevölkerung)
Je älter ich werde, desto stärker verwischt sich für mich die Grenze zwischen Mensch und Tier. Neunzig Prozent der Menschheit ist doch so blöd wie das Vieh in den Ställen – sei es als Kunde, als Wähler oder als Reisender.
Niemand bezahlt mich fürs Bloggen, niemand gibt mir den Befehl, niemand setzt mir einen Termin oder ein Thema. Ohne diese völlige Freiheit wäre Bloggen ja total sinnlos. Kommerzielle Blogs sind daher keine Blogs im eigentlichen Sinne. Man hat ja früher auch nicht am Schreibtisch gesessen und ein kommerzielles Tagebuch geschrieben.
Frauen lästern gerne über Menschen, die sie kennen. Männer lästern gerne über Menschen, die sie nicht kennen.
Wenn ich einmal auf dem Sterbebett liege, werden nicht die Stationen meines Lebens an mir vorüberziehen, sondern die Leute, die mir in diesem Leben auf den Sack gegangen sind. Es wird wie der Einmarsch der Nationen bei den Olympischen Spielen sein, sämtliche Vollidioten aus allen Jahrzehnten, wohlgeordnet in alphabetischer Reihenfolge.
Bonetti – das ist die literarische Strukturierung der gesellschaftlichen Wirklichkeit.
Mit der stoischen Ruhe einer aztekischen Gottheit sah sich die Kleine, die aufrecht in ihrem Kinderwagen saß, nach allen Seiten um. In diesem Alter können Kinder grausame Götter sein, wenn sie zehn Mal ihren Teddy aus dem Wagen schleudern, wir ihn zehn Mal aufheben und ihnen wiedergeben, um einen Heulkrampf zu verhindern, gleichzeitig aber wissen, dass dieses blöde Plüschteil auch zum elften Mal rausfliegen wird.
Daran erkennt man den deutschen Untertan: Er klatscht eifrig bei den Ausführungen eines Claus von Wagner oder Volker Pispers und dann wählt er doch wieder SPD.
„Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst“, wirbt die Bundeswehr, schwer demokratisch bewegt. Wenn ich aber gegen euch bin und die Ausfahrt einer Panzerkolonne friedlich blockiere, kommt halt doch die Polizei und haut mir mit dem Knüppel auf den Kopf, gelle? Oder habe ich die Demokratie irgendwie falsch verstanden? Schickt mir die Antwort ruhig mit einer Drohne.
„Ich bin als starker Mann im ganzen Ort bekannt. Von weit her ruft man mich, um Gurkengläser zu öffnen. Aber vor diesem Glas Erdbeermarmelade versagten meine titanischen Kräfte – ich war fassungslos. Dann aber fasste ich neuen Mut. „Weib“, rief ich, „hol den Werkzeugkasten!“ Und leise zu meiner Tochter: „Und du holst den Verbandskasten.“ So oder so, bald würde roter Saft durch die Küche spritzen …“ (Heinz Pralinski: Do it yourself – die Wahrheit).
Hätten Sie’s gewusst? „Der Leberwurstbaum (…) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Trompetenbaumgewächse (Bignoniaceae). Die Art ist die einzige in der monotypischen Gattung Kigelia. Der Baum stammt ursprünglich aus Westafrika, er ist heute aber in ganz Afrika verbreitet.“ (wikipedia)
Jetzt weiß ich endlich, was mir an Berlin rein äußerlich gefällt. „Innerlich“ ist klar: jede Menge Action und den Leuten ist alles egal. Aber vom optischen Standpunkt ist Berlin ja keine Schönheit. Und die übliche Bemerkung, der Gendarmenmarkt sei doch schön – geschenkt. Bei einem hässlichen fetten Weib rettet die Frisur schließlich auch nichts mehr. Was mich anzieht: Berlin ist gebraucht, Berlin wirkt benutzt. Nicht wie ein neues Spielzeug, das noch nie aus der Originalverpackung genommen wurde, sondern abgegriffen und voller Gebrauchsspuren. Die Stadt wirkt deswegen seit Ewigkeiten so unfertig, weil ja jeder weiß, dass nach ein paar Jahren die schönen neuen Gebäude wieder abgeranzt, kaputt und beschmiert sein werden. Berlin, das ist der „Used Look“, den wir von Jeans kennen und schätzen. Es ist nicht so geleckt wie Baden-Baden oder München.
The Specials – Long Shot Kick De Bucket. https://www.youtube.com/watch?v=R6lbVLny2Jg

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