Dienstag, 26. September 2017

1994 revisited

„Zögen alle am gleichen Strang, so würde die Welt kentern.“ (Jiddisches Sprichwort)
Wer erinnert sich noch an die Bundestagswahl 1994? Nochmal Helmut Kohl. Die vierte Amtsperiode. Bleierne Jahre. Ich kann mich gar nicht mehr an konkrete Politikvorhaben in dieser Legislaturperiode erinnern, obwohl ich zu dieser Zeit an meiner Doktorarbeit schrieb und als Politikwissenschaftler mein Vollkornbrot verdient habe, also näher am Thema dran war als heute, wo ich über tausend verschiedene Themen nachdenke, lese und schreibe.
Jetzt also die vierte Amtszeit von Angela Merkel. Wir werden alle froh sein, wenn es vorbei ist. Es gibt einfach den Punkt, an dem man eine Fresse nicht mehr sehen kann, wie es Pofalla mal formuliert hat. Fernsehserien werden bei mangelnder Quote abgesetzt, Politiker durch Wahlen. Da haben wir am Sonntag kollektiv versagt. Bleierne Jahre liegen vor uns.
Wer ist schuld? Die Politiker haben auf diese Frage eine schnelle, verdächtig AfD-nahe Antwort. Die Medien sind schuld. Klar, wer sonst? Intendanten und Redakteure haben den rechtsradikalen Wählern die Hand im Wahllokal geführt. Erst von den Medien belogen, dann verführt. Dann kann man sich ja bei den „Volksparteien“ beruhigt zurücklehnen und weitere Analysen bleiben lassen.
Was haben uns die Parteien vier Jahre im Parlament vorgeführt? Kuschelgespräche auf dem Konfrontationsniveau der Teletubbies. Tinky-Winky und Po spielen Regierung, Dipsy und Laa-Laa sind irgendwie dagegen. Wie war das Duell der Spitzenkandidaten? Die großen Sender hatten ein älteres Ehepaar eingeladen und einen Fernsehabend veranstaltet, der im Vergleich jeden Nähkurs meiner Volkshochschule zu einem Actionthriller macht. Man hätte auch zwei Pandabären zeigen können.
Die Zuschauer – auch in ihrer Funktion als Wähler – wollen aber die Zuspitzung, die Auseinandersetzung, den Wahl-Kampf im Wortsinne. Also wurden in den letzten Jahren die Talkshows zum Ersatzparlament. Die CDU hat es als letztes begriffen und immer nur eine Witzblattfigur aus der zweiten Reihe namens Bosbach in die Arena geschickt. Die AfD hat immer geliefert. Harte Auseinandersetzung, Holzhammer statt Plüsch. Das hat sie von Trump und all den anderen Demagogen gelernt. Die Teletubbies bringen keine Quote – und am Ende des Tages auch keine Wählerstimmen.
Wenn die „Volksparteien“ nicht schleunigst wieder in ihre alten Lager zurückkehren, die SPD nach links und die Union nach rechts, werden sie nach den bleiernen Jahren 2021 zusammen keine fünfzig Prozent mehr bekommen. Dazu muss man kein Prophet sein.
Carly Simon - You're So Vain. https://www.youtube.com/watch?v=b6UAYGxiRwU

2 Kommentare:

  1. gudde analüse, prost, schoppe in de kopp, uff die bleiernde jahre die wo aach ende tue.

    AntwortenLöschen
  2. Bleiernd? Na hoffentlich am besten noch Wasser drauf. 19,5 dm über Politikernormalnull reicht. Mich tangiert das Gelüge und Gedränge um Posten und Pensionen peripher. Man kann nur schlechte oder sehr schlechte Politik machen und so lange nicht ein paar der Drahtzieher ..... wird sich eh nichts ändern.

    Politik ist die Bestellung öffentlicher Angelegenheiten zu persönlichem Vorteil. Es werden bald die goldenen Zwanziger anbrechen, was bleibt der Mischpoche anderes über als diese ganzen Kopfgeburten mit Geld zu fluten?

    Danach? Bei einem Krieg geht heute auch die Mischpoche mit drauf, das ist die reale atomare Abschreckung. Atomares Patt bzw. auf journalistisch "Gleichgewicht der Kräfte"? Bruhahah.

    Wenn es so weitergeht wird Nordkorea uns alle retten ;-).

    AntwortenLöschen