Dienstag, 27. Dezember 2016

Wie gehen wir 2017 mit den Rechten um?

„The worst government is often the most moral. One composed of cynics is often very tolerant and humane. But when fanatics are on top there is no limit to oppression.” (H.L. Mencken)
Eigentlich ist die Analyse des Rechtspopulismus recht simpel. Zunächst lassen sich bei der AfD und anderen rechten Parteien in Europa die Anhänger in Stammwähler und Protestwähler unterscheiden. Im Frühjahr 2015 lag die AfD noch bei drei Prozent in den Meinungsumfragen, ein Jahr später bei zwölf Prozent. Die potenzielle Wählerschaft hatte sich also in kurzer Zeit vervierfacht. Das liegt vor allem an der hohen Zahl von Protestwählern.
Damit aus Protestwählern keine Stammwähler werden, sollte man die Wählerschaft der Rechten differenziert betrachten, um angemessene Strategien zu entwickeln. Ich sehe drei Typen von Wählern:
1. Die Modernisierungs- und Globalisierungsverlierer: Sie haben ihren Arbeitsplatz verloren oder haben einen neuen Arbeitsplatz, an dem sie weniger verdienen, sie sind materiell abgehängt, leiden unter Arbeitslosigkeit und Altersarmut usw.
2. Die Xenophoben: Sie lehnen alles Neue und Fremde ab, sie sind gegen Einwanderung, sie wollen keine Flüchtlinge oder Arbeitsmigranten in ihrer Stadt, ihrer Straße oder ihrem Haus. Xenophobie ist kein Rassismus, die Xenophoben fühlen sich nicht genetisch überlegen. Ihre Ablehnung basiert auf Angst. Angst vor dem Neuen, vor dem Fremden, Angst vor dem Verlust ihrer kulturellen Identität.
3. Nazis, Rassisten und Rechtsradikale aller Art: Menschen, die ideologisch verblendet sind und von einem nationalistischen, völkischen Staat träumen, in dem eine Hierarchie nach ethnischen und kulturellen Gesichtspunkten verwirklicht wird.

Bei den „Verlierern“ steht also der ökonomische Aspekt im Vordergrund, bei den „Ängstlichen“ der psychologische Aspekt und bei den Rechtsradikalen der ideologische Aspekt.
Wenn es drei Gruppen gibt, braucht man also auch drei Strategien, um die Protestwähler für eine offene Gesellschaft zurückzugewinnen, in der andere Kulturen und Einwanderer nicht ausgegrenzt werden.
Die einfachste Gruppe sind die „Verlierer“. Gebt den Leuten Jobs, gebt ihnen menschenwürdige und anständig bezahlte Arbeit, erhöht den Armen die Rente und das Arbeitslosengeld – schon sind sie als Protestwähler verloren. Neubau statt Abriss des Sozialstaats. Klingt einfach, ist aber natürlich mit der aktuellen Regierung in Deutschland nicht zu machen. Aber ökonomische Ursachen müssen mit ökonomischen Mitteln aus der Welt geschafft werden.
Schwieriger wird es mit den „Ängstlichen“. Es hilft nicht, ihnen Geld zu geben. Man muss ihnen die Angst nehmen. Es hilft auch nicht, sie pauschal als Nazis zu beschimpfen. Das macht aus Protestwählern endgültig Stammwähler. Bei dieser Gruppe muss Überzeugungsarbeit geleistet werden und sie müssen aus eigener Erfahrung lernen, dass die Neuen keinen Anlass für Verlustangst geben. Wichtig wäre es, die Migranten gleichmäßig über Städte und Dörfer, über alle Viertel und Straßen zu verteilen, damit Integration in der Alltagspraxis gelernt werden kann. Das wäre auch für die Migranten sinnvoller, denn im Ghetto eines Asylantenheims kann Integration nicht stattfinden.
Fast unmöglich ist es beim harten Kern der Rechtsradikalen. Sie sind nur schwer zu erreichen. Aber die Rechtsradikalen, wenn man sich die Wahlergebnisse der Republikaner, der NPD, der DVU usw. in der Vergangenheit anschaut, sind auch nur drei bis fünf Prozent der Bevölkerung, in Einzelfällen und in einzelnen Regionen lagen sie auch schon mal darüber.
Aber von den Neonazis geht keine wirkliche Gefahr für die Demokratie aus – von den Rechtspopulisten der AfD usw. schon. Daher lohnt sich die differenzierte Betrachtung der Wählerschaft und eine differenzierte Strategie, um die Rechten 2017 wieder zurückzudrängen.
Curtis Mayfield - Move On Up. https://www.youtube.com/watch?v=6Z66wVo7uNw

13 Kommentare:

  1. Das Wort zum Montag kann auch vom Dienstag sein.

    ( Karin Utaszewski ) ... undoder auch ein Wort zu 2017. *tja*

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  2. Gut erklärt, kurz und verständlich! Ich drucke den Text aus und verteile ihn mit Quellenangabe einigen Leuten- hoffe Du findest das o.k.
    Jetzt gab es bei HD schon rassistische Handlungen und Reden von einem S-Bahn- Fahrer, zum Glück kann die Frau sich wehren(RNZ 27.12.)! Vieles erinnert uns an die Anfänge der Nazis, die Grenzverletzungen werden beiläufiger.
    Und ich habe noch die Zeit um 1968-78 im Kopf, da wurden Prostierende wegen Kleinigkeiten richtig verfolgt, es war manchmal völlig überzogen.
    Wenn der Staat kein Rechtsstaat, sonden ein Rechtstaat sein will, wäre dringend überall mehr Sensibilität und Durchgreifen erforderlich.

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    1. Freut mich, wenn du den Text verbreitest. 2017 wird ein wichtiges Jahr, der Anschlag in Berlin hat der AfD gleich drei Prozentpunkte mehr in einer Umfrage letzte Woche gebracht.

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  3. ich sehe die leute, die in ihrem leben mal mehr, mal weniger rechts sind, in deutschland bei 30 %, und zwar stabil, seit vielen jahren. das sind nicht alles glühende nazis, aber sie wären froh, als deutsche unter sich zu bleiben. selbst im warmen umarmungs-sommer 2015 gab es diese 30 %, die am liebsten keinen flüchtling ins land gelassen hätten, aber da waren sie recht leise. dem gegenüber steht immer noch eine satte mehrheit von 70 %, die eher liberal ist. aber die nazis wurden auch nur von 30 % der bevölkerung gewählt. jede wette: sollte bei der bundestagswahl 2017 noch mal eine große koalition die regierung bilden, kriegen wir eine neue apo, diesmal von rechts, eine modernisierte nsdap. "was zuviel ist, ist zuviel", sprach der mörder und wischte sich das blut ab.

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    1. Wenn man die Konservativen zu den Rechten zählt, die Leute, die früher von Kohl und Strauß im "bürgerlichen Lager" gehalten wurden, dann liegst du mit 30 Prozent richtig. Ich meinte eher die Leute, die rechts von der CDU wählen.

      Leute, die SPD oder Grüne wählen, sind nach meinem Verständnis auch nicht "links". Früher gab es nur links und rechts, heute links, rechts und Mitte.

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  4. Ihr Lieben, ich freue mich schon im Mai in NRW die AFD zu wählen!

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    1. Warum nur? Dann will ich jedenfalls von Dir nicht als Liebe bezeichnet werden! Mich erinnern Protestwähler an Kinder, die keine Handschuhe anhaben und dann denken, die Mutter ist selbst schuld, wenn mir die Finger erfrieren!

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    2. Macht nur weiter so. Moralisch erhaben.Dann wähle ich eben NPD.

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    3. @ Roswitha

      Hier haben wir es mit Typ 3 zu tun. Spar dir die Mühe ...

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  5. Womit die Partei (von Mr. Shareholder-Value und anderen Edelsklaven des Kapitals gegründet) ihren Zweck erfüllt. Sie nimmt ihren Wählern die Butter vom Brot und verhindert jede Alternative. Deswegen steht diese Wort auch in ihrem Namen. Eine Alternative für Deutschland ist eben nicht Deutschland. Diese Doppeldeutigkeiten sind bei gesteuerten Massenbegriffen immer vorhanden, wahrscheinlich erkennen eingeweihte dann was gerade läuft. Wer deren Programm auch nur ansatzweise ließt kann hinterher auch nicht behaupten er hätte von nichts gewusst.

    Diese ganze Mischpoche ist wesentlich geschickter als der von den Medien noch nicht ganz verdummte "kritsche Konsument" (so ne Art politischer Passivraucher) sich denkt.

    Die Planer machen ja auch den lieben langen Tag nichts anderes als Leute zu verar....n. Die Piratenpartei z.B. wurde ja auch nicht hochgeschrieben weil Sie eine Konkurrenz zu den etabliert kapitalhörigen Pensionsersitzern war. Sie sollte den kritisch-alternativen Rand ansaugen und demotivieren. Das die dann von den Femofaschisten plattgemacht wurden war meiner Meinung nach schon nach den ersten sehr unkritischen (also zur Abwechselung mal sachlichen) Medienmeldungen erkennbar. Deren Schwachstelle war die Gutgläubigkeit ggü. den KuKluxKlanInnenwas auch genutzt wurde.

    Das alles ist bei der AfD nicht nötig. Sie ist per se staatstragend welcher Hansel (m/w) da den Vortuner miemt ist Nebensächlich. Wer so etwas wählt (be)stimmt seine eigenen Schlächter, was bei den anderen Parteien auch nicht anders ist. Ziemlich gut konstruiert, so lange das Deutsche Schaf schön wählen geht.

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    1. Sehr richtig. Die AfD ist die Nachfolgerin der FDP, wenn man sich das Programm anschaut. Der hässlichen Braut hat man ein völkisches Mäntelchen umgehängt, um die aufgebrachten Gegner der Flüchtlinge zu gewinnen.

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    2. Deswegen stellt sich mMn auch die Frage zum Umgang mit "den Rechten" nicht. Es ist die übliche Medienverarsche. Die Anhänger von "Blut und Boden" sind selbst bei den extrem Rechten nur in homöopathischen Dosen vorhanden. Da die dann gleichzeitig zu tumb sind um was auf die Reihe zu kriegen muss der Staatsschutz deren Parteien organisieren. Auch nur ein Auffangbecken. Das größte Problem der Behörden scheint die Geldmenge in in der Parteikasse zu sein. So wenig das Sie nicht gleich geklaut wird und ausreichend um den Laden am laufen zu halten.

      Bei der AfD ist die Rechtspropaganda bis zum geht nicht mehr aufgebauscht. In den Medien ist jeder Heimatverein eine Brutstätte von Holocaust II. Absurd, aber die Medienkonsumenten fallen darauf rein.

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    3. Dann hoffen wir mal, dass die braune Ummantelung den FDP-gelben Kern der Gründer, die ja auch in Person von Little Lucke schon gegangen sind, nicht überformt. So haben es ja die Linksradikalen und Feministinnen mit den Nerds von den Piraten gemacht.

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