Samstag, 9. April 2016

Ausgerechnet Schmitten!

„Literatur muss nicht wahr sein, sie muss sich nur wahr anfühlen.“ (Andy Bonetti)
St. Pauli. Die Bar „Zum lachenden Buddha“ liegt an Pier 17 hinter verrosteten Containern und leeren Fässern. Hier gibt es Tsingtao-Bier, Mekhong-Whisky und die gefürchtete „Spezialität des Hauses“: eine Portion Reis und ein halbes Dutzend Chicken-Nuggets werden in einer Schüssel mit einer thailändischen Currysuppe aus der Dose übergossen und in der Mikrowelle warm gemacht. Alles in allem kein übler Laden.
In meinem Job treibt man sich jede Nacht in solchen Spelunken herum. Trinkt morgens einen miesen Kaffee und einen Jägermeister an einem schäbigen Kiosk. Und wenn du dir den müden Spaß erlaubst und den Kioskfritzen nach dem Barista fragst, antwortet er dir staubtrocken und humorlos, dass er diese Zigarettenmarke nicht verkauft.
In meinem Job ernährst du dich nur von Schnaps, Bier und Fischbrötchen. Meine Frau hätte mich längst verlassen, wenn ich jemals eine gehabt hätte. Die Kollegen muss ich an Autobahnraststätten und in heruntergekommenen Kinosälen treffen, in denen Filme laufen, die keiner sehen will. In mein Büro komme ich nur durch einen unterirdischen Geheimgang von der Herrentoilette des benachbarten Einkaufszentrums. Mein Name ist Gregory Schmendrick. Ich bin Undercover Agent.
Das „Buddha“ und der schmierige fette Chinese hinterm Tresen gehören seit drei Monaten zur Ausstattung meines Alltags. Ich sitze mit Jens-Klaus Van Dumm und Philip „Hurricane“ Pfützenhobl in einer düsteren Ecke der Bar. Es geht um eine Lieferung Chrystal Meth für den Bundestag. Die Fraktion darf ich Ihnen nicht verraten. Wäre auch unwichtig. Die „Buddha Crew“, wie ich sie in meinen Berichten nenne, beliefert alle Parteien.
Die beiden Jungs sind völlig identisch: sie haben eine flache Stirn und sind durch eine Überdosis Steroide bis zur Lächerlichkeit aufgepumpt, sie tragen eine Art Kriegsgefangenenkurzhaarfrisur und schwarze Lederjacken. Sie sind natürlich nur die Laufburschen. Ich will an den Mann rankommen, der hinter ihnen das große Rad in diesem Geschäft dreht: James Doogan. The Doog. Doogman. Doogikowski. Ein ultrabrutaler Kerl. Selbst seine Mutter hat Angst vor ihm. Er kann dir nur mit seinem Blick unvorstellbare Schmerzen zufügen.
Es ist mein härtester Einsatz.
Und dann kommt Schmitten.
Steht plötzlich in der Tür und grinst.
Schmitten.
So, wie er immer war. Stone-washed-Jeans. Stone-washed-Jeansjacke. Wahrscheinlich ist auch seine Unterwäsche stone-washed.
Er darf mich hier nicht sehen. Ich bin mit diesem Idioten in die Schule gegangen. Also lehne ich mich weit ins Dunkel zurück und senke den Kopf.
Schmitten geht zum Tresen und bestellt ein Bier.
Endlose Minuten des Schweigens. Ich höre nur das Sirren des Deckenventilators und in der Ferne das Signalhorn eines Frachters.
Der Wirt stellt Schmitten das Glas vor die Nase.
Schmitten trinkt.
Er steht auf.
Oh,nein!
Er kommt zu uns an den Tisch.
„Mensch, Greg“, sagt er freudestrahlend. „Lange nicht gesehen.“
Ich sage nichts. Mir fällt auch nichts ein.
„Du hast ja heute gar nicht deine Polizeiuniform an.“
Nur eine Nanosekunde später blicke ich in die hässlichen Mündungen von zwei Revolvern. Und selbst der fette Chinese hält plötzlich eine abgesägte Schrottflinte in den Händen.
Und er hat, verdammt nochmal, nicht gelacht.
Fortsetzung folgt nicht
AC/DC - You Shook Me All Night Long. https://www.youtube.com/watch?v=Lo2qQmj0_h4

2 Kommentare:

  1. an dem abend war ich auch im buddha. ich saß in der Ecke und hab schlimm vor mich hingestunken.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der Typ mit dem Holzauge und dem Glasbein? Der später meine Schwester geheiratet hat?

      Löschen