Montag, 7. März 2016

Theodor Bergmann

„There’s class warfare, all right, but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning.” (Warren Buffet in der New York Times, 26. November 2006)
Er wird heute einhundert Jahre alt. Und er hat sich etwas bewahrt, das vielen Linken längst verloren gegangen ist: Zuversicht und eine klare Perspektive. Und ich spreche jetzt nicht von den Parteien, die sich nach der Gesäßgeographie der Parlamente „links“ nennen und in Wirklichkeit Schild und Schwert des Schweinesystems geworden sind.
Noch heute besucht er Schulen und spricht mit den Jugendlichen: „Es muss eine Gesellschaft sein, in der es keinen Krieg gibt, keinen Faschismus, kein Auschwitz. Eine solche Welt, an die ich noch immer glaube, wird der Kapitalismus nicht schaffen. Und dann sage ich ihnen, dass Utopien wichtig sind.“
Sie entgegnen ihm, es gehe uns in Deutschland doch gut. „Manche fragen mich: Lohnt es sich, sich zu organisieren? Ich sage ja, weil das Kapital auch organisiert ist und sich regelmäßig zum Kaffee bei Frau Merkel trifft. Und ich sage weiter, es reicht nicht, einen Tag gegen Rassismus zu demonstrieren, ihr müsst das ganze Jahr zusammenhalten, lasst euch nicht auseinanderdividieren.“
Bergmann kommt am 7. März 1916 als siebter Sohn eines Rabbiners in Berlin zur Welt. Bereits 1927 tritt er dem Jungspartakusbund und dem Sozialistischen Schülerbund bei. Unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung 1933 emigriert er. Seine Stationen sind Palästina, die Tschechoslowakische Republik und Schweden. 1946 kehrt er nach Deutschland zurück und wird Agrarwissenschaftler. 1973 bekommt er eine Professur in Hohenheim (Stuttgart).
Er ist ein kritischer Kommunist geblieben, für den Stalin oder Mao schlicht Fehlentwicklungen sind. Geht er in dieser Woche zur Wahl in Baden-Württemberg?
„Selbstverständlich, auch wenn ich bezweifle, dass wir noch eine parlamentarische Demokratie haben. Wir können dort zumindest noch unsere Stimme erheben. Aber auf der anderen Seiten haben wir 2000 Lobbyisten rund um das Parlament, die mit einer Eintrittskarte für den täglichen Besuch ausgestattet sind. Ich erinnere an Kurt Tucholsky, der gesagt hat: Die Sozialdemokraten glauben, sie sind an der Macht, aber sie sind nur in der Regierung. Das trifft heute noch mehr zu als früher.“
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Herr Bergmann!
http://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/257/kapitalismus-nicht-das-letzte-wort-3478.html
P.S.: Können wir als Wähler von den Parteien überhaupt noch die Umsetzung des Volkswillens erwarten? In meinem Dorf haben nur noch wenige Gemeinderatsmitglieder ein Parteibuch. Die SPD-Mitglieder haben nach der Agenda 2010 geschlossen ihre Parteibücher zurückgegeben – inklusive dem Bürgermeister. Freie Gruppen bestimmen längst die Geschicke im Ort. Die Politik ist pragmatisch, es werden Straßen geteert und Syrer unterstützt.
Murray Head - Say It Ain't So, Joe. https://www.youtube.com/watch?v=-enIN21BWWI

2 Kommentare:

  1. Um seinen Optimismus beneide ich den Herrn Bergmann - allerdings bin ich nicht ganz sicher, ob diese Art des "positiven Denkens" nicht eher dem eigenen Seelenfrieden und weniger der Sache dient ... ;-)

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    1. Wenn es mit hundert Jahren dem Seelenfrieden dient, ist doch viel gewonnen :o)

      Jedenfalls besser, als im Alter seinen Frieden mit den Verhältnissen gemacht zu haben wie die meisten Menschen.

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