Donnerstag, 25. Juni 2015

Unterwerfung

„Jetzt friste ich die Tage in meinem Winkel, indem ich mich selbst mit dem böswilligen und zugleich sinnlosen Trost aufstachele, dass ein kluger Mensch ernsthaft überhaupt nie etwas werden kann und nur ein Dummkopf etwas wird.“ (Fjodor Dostojewskij: Aufzeichnungen aus dem Kellerloch)
Technische und politische Kontrolle entwickeln sich parallel. Die wachsende Abhängigkeit von der Technik bedeutet eine wachsende Abhängigkeit von der politischen Führung und ihrem unüberschaubaren Regelwerk. Jedes Update am Computer, jeder Neukauf eines Smartphones ist ein Akt der Unterwerfung. Und wir werden noch nicht einmal dazu gezwungen, wir wollen es selbst. Wir sind gierig nach jeder neuen Technologie. Sie erleichtert uns das Leben, sie nimmt uns Aufgaben, die wir zuvor selbst erledigen mussten. Wir sind wie Kinder, denen die Erwachsenen alle schwierigen Aufgaben abnehmen.
Und tatsächlich benehmen sich die meisten Menschen wie Kinder. Sie ziehen sich an wie Kinder, ich sehe Fünfzigjährige mit Basecap und zerrissenen Jeans. Sie ernähren sich wie Kinder und stopfen Schokoriegel oder Hamburger in sich hinein - und mit geradezu kindischem Stolz verweigern sie die Benutzung eines Bestecks. Ich kenne Akademiker meines Alters, die Heidi Klum anhimmeln, als seien sie zwölf Jahre alt. Professoren, die Micky Maus-Heftchen auf dem Flohmarkt kaufen und kichernd vor dem Einschlafen lesen. Wie viele Erwachsene haben eine Play Station zu Hause und berichten vom zuletzt erreichten Level oder machen alberne Online-Spiele, deren Ergebnisse sie bei Facebook posten? Sie fotografieren wie Erstklässler tausendmal die eigene Visage oder das Mittagessen. Und die Kinder dieser Kindsköpfe werden wie komplette Vollidioten behandelt. Die dürfen noch nicht mal auf der Straße spielen und nur mit Helm ein laktosefreies Eis essen. Es ist modern geworden, infantil zu sein.
Und so ganz nebenbei wird man von einem patriarchalischen Staat beherrscht, der uns mit einem Babyphone (vulgo: Handy) überwacht, der uns gesund ernähren, permanent beschützen und überhaupt nur unser bestes will. Wir nennen unsere Regierungschefin nicht zufällig „Mutti“ und sprechen ganz bewusst vom „Vater Staat“. So laßt uns denn ein Bäuerchen machen.
„Aux armes, citoyens! Le signal est donné! Marchons, enfants de la liberté! Le jour de gloire est arrivé!“
Worte von Erwachsenen. Es ist vorbei.

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