Freitag, 9. Januar 2015

Mauerpark – Wie die Großen mit den Kleinen spielen

Kinder, wie die Zeit vergeht! Aber auf der Bühne spielen sie immer noch das gleiche Stück. Nach all den Jahren sind aber – wie bei endlosen Musical-Projekten – neue Schauspieler in die alten Rollen geschlüpft. So wird der habsburgische Reichsvogt Hermann Gessler inzwischen von einem CDU-Nachwuchsschauspieler namens Carsten Spallek dargestellt. Als ich noch die Ehre hatte, als Kiezschreiber des Brunnenviertels der Aufführung beizuwohnen, mimte ein gewisser Ephraim Gothe von der SPD den Vertreter der Obrigkeit gegenüber dem rebellischen Fußvolk der Bundeshauptstadt, Kanton Mitte.
Ich erinnere mich noch, als ob es gestern gewesen wäre. Es ist nun bald fünf Jahre her, dass „die Bezirke Mitte und Pankow, die Grün Berlin GmbH und das Quartiersmanagement Brunnenviertel-Brunnenstraße am 7. Juli zu einer Bürgerwerkstatt ins Olof-Palme-Jugendzentrum eingeladen“ hatten (Zitat aus meinem Artikel auf der Homepage des Quartiersmanagements Brunnenviertel-Brunnenstraße). Und weiter weiß der brave Chronist zu berichten: „Ziel der Veranstaltung war es, ein Arbeitsgremium aus Betroffenen und Beteiligten zu bilden: Bürgerinnen und Bürger der angrenzenden Stadtteile, Vereine und Initiativen, Verwaltung, Schulen und viele mehr.“
Am 15. September 2010 war dann die erste Sitzung jener inzwischen legendär gewordenen Volksverarschung, deren Details ich mir in diesem Text ersparen möchte. Ich habe keine einzige Sitzung der anfangs noch 32 Teilnehmer verpasst. Es wurde diskutiert, es wurden Ideen entwickelt. Die eingeladenen Menschen haben sich intensiv mit dem Mauerpark befasst, haben Zeit und Energie investiert – und sind doch nur von Volks- und Firmenvertretern verhöhnt und ausgelacht worden. Ich erinnere mich noch sehr gut an eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse in der Ernst-Reuter-Oberschule, da standen Gothe und Konsorten im hinteren Teil des Saals und feixten wie die Schulbuben über die naiven Wünsche der Anwohner aus den angrenzenden Stadtvierteln.
Am Ende, im Frühling 2011, waren es gerade noch ein Dutzend Leute, die unter der Führung von obrigkeitstreuen SPD-Mitgliedern die Farce einer Bürgerbeteiligung simulierten. Aber auch sie sind inzwischen von der Plutokratie Berlins und ihren Erfüllungsgehilfen in der Verwaltung von der Bühne gefegt worden. C’est fini la comédie. Zwischen den Bau-Herren und den Rats-Herren wurde ein Vertrag geschlossen. Basta! Und gnädigerweise dürfen die Freunde des Theaters, die Liebhaber der Groteske, ein wenig Mäuschen spielen und der Präsentation der hochherrschaftlichen Pläne am 20. Januar um 18 Uhr in der Ernst-Reuter-Oberschule, Stralsunder Straße 57, beiwohnen. Für uns alle war es ein Lehrstück in Sachen „Demokratie“. Wer verkleidet sich als Wilhelm Tell?
P.S.: Hier ein Link zum unvergesslichen Höhepunkt der Theatersaison 2010/2011.
http://kiezschreiber.blogspot.de/2011/02/alles-wunderbar-in-hohle-65.html

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