Freitag, 17. Oktober 2014

Am Strand mit Bonetti

Ihr Gesicht war schneeweiß, kugelrund und voller Speckwülste. Es schwebte wie ein Mond über ihm und als sie zu lächeln begann, rieselten Puderkrümel aus den Falten um ihren Mund.
„Darf ich Sie kurz stören?“ fragte sie mit der tiefen rauen Stimme einer in Würde gealterten Theaterdiva.
Andy Bonetti saß gerade mit seinen Freunden Johnny Malta und Heinz Pralinski auf der Terrasse der „Mirabelle“, dem einzigen Sterne-Restaurant Bad Nauheims, von der man einen phantastischen Blick auf den Strand hatte. Träge rollten die Wellen auf den Sand oder schlugen schmatzend an die Yachten, die im Hafen lagen. Über allem das Kreischen der Möwen, die auf ein wenig Atzung durch gnädige Restaurantgäste hofften. Der Klimawandel war wirklich ein Segen, Bad Nauheim lag inzwischen am Meer, was die Aufenthaltsqualität und die Besucherzahlen in diesem hessischen Kurort natürlich rasch erhöht hatte.
Der Dichterfürst war gerade im Begriff, eine Crevette aufzubrechen, um ihr köstliches Fleisch zu entnehmen, und antwortete: „Um was handelt es sich denn, Gnädigste?“
Eigentlich wollte er nicht gestört werden, da er mit seinen Freunden gerade die wundersame Rettung in der vorigen Nacht feierte. Da sich Bonetti weder bei seinem Chauffeur noch bei seinem Kammerdiener gemeldet hatte, wurden Malta und Pralinski informiert, die sich umgehend mit einem Motorboot auf die Suche nach der „Shangdang“ machten. Das chinesische Restaurantschiff tuckerte gemächlich vor der Küste Nordhessens. An Bord konnte man ihnen aber keine Auskunft über Andy Bonetti geben. Der ältere Chinese, der einen schwarzen Anzug und eine Augenklappe trug, war im Gespräch recht kurz angebunden gewesen. Sie waren in Richtung Strand weitergefahren und hatten Bonetti, um den schon die Haie kreisten, in den Wellen entdeckt. Rasch zogen sie ihn an Bord und hüllten ihn in eine warme Decke. Bereits auf dem Weg zum Hafen diktierte der größte Sohn Bad Nauheims sein neues Abenteuer auf Band.
„Es geht um die Formel, Mister Bonetti. Mütterchen Russland ist bereit, Ihnen jede gewünschte Summe zu zahlen. Außerdem heizen wir ihr Haus bis an ihr Lebensende kostenlos mit Gas.“
Bonetti tupfte sich behutsam die Lippen mit seiner Serviette, bevor er antwortete: „Sagen Sie Herrn Putin, ich werde über sein Angebot nachdenken.“
Blancmange – Waves. http://www.youtube.com/watch?v=IbMi1Wg3uQU
P.S.: Das Video wurde an den Klippen des Harz gedreht.

2 Kommentare:

  1. Die Bonetti-Saga geht weiter :-))
    Meinst du das Meer kommt bis Karlsruhe? Muß ich mir sorgen machen??

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    1. Vorher kommt es ja noch zu mir nach Schweppenhausen. Du wirst also in meinem Blog davon erfahren. Hast du ein Gästezimmer? ;o)

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