Sonntag, 19. Januar 2014

Wissen ist Macht

Der amerikanische Geheimdienst NSA beschäftigt etwa 40.000 Mitarbeiter, er ist einer von siebzehn Geheimdiensten in den USA. Dabei geht es nur vordergründig um die Terrorismusbekämpfung, 9/11 und Al Qaida sind in diesem Zusammenhang eher als Marketinginstrumente und Verkaufsargumente der Dienste zu sehen. Die Informationen, die sich jeden Tag im gigantischen Datenschleppnetz der Geheimdienste verfangen, sind so schillernd und vielgestaltig wie die Bewohner der Ozeane. Natürlich sind auch Informationen über geplante Bombenanschläge darunter, aber auch viele Informationen über das Privatleben von Entscheidungsträgern, über Geschäfte und Geschäftsbeziehungen, über Forschungsvorhaben und Patente, über die Organisation von Unternehmen, den öffentlichen Dienst, Versorgungseinrichtungen und Kraftwerke, kurz: relevantes Informationsmaterial aus allen Bereichen der Gesellschaft und aus allen Ländern dieser Erde. Wissen ist Macht. Wissen ist Geld. Man kann eine konkrete Information dazu benutzen, um amerikanischen Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen; man kann das Wissen über die Funktionsweise der technischen Infrastruktur nutzen, um ein ganzes Land lahmzulegen oder zumindest damit drohen zu können; man kann das Wissen über das Privatleben einer Person nutzbar machen, um diese Person zu erpressen und politisch fügsam zu machen. Zur Illustration nur ein kleines Gedankenspiel: Warum hat Ronald Pofalla, der Kanzleramtsminister, Geheimdienstkoordinator und enge Vertraute der Bundeskanzlerin im vergangenen Jahr die Diskussion über die Arbeit der US-Geheimdienste in Deutschland so schnell beenden wollen? Warum hat er wenige Monate später seine politische Karriere so abrupt beendet? Ein Mann auf dem Zenit seiner Karriere, im besten Alter, im innersten Zentrum der politischen Macht zu Hause und mit glänzenden Zukunftsaussichten – aber plötzlich möchte er mehr Zeit für sein Privatleben, möchte lieber Spaziergänge machen oder vielleicht Golf spielen gehen. Das war schon eine große Überraschung mit einer sehr dünnen Begründung. Dann bekommt er einen hochdotierten Posten bei einem Staatsunternehmen angeboten. Jetzt ergibt der Rücktritt einen Sinn und seine zukünftige Diskretion ist materiell ausreichend gesichert. Was wissen die Amerikaner über Pofalla? Was weiß dieser Mann wiederum über andere? Wir wissen es nicht. Wir wissen gar nichts. Aber eines können wir getrost annehmen: Ein solches Machtinstrument wie die NSA kann auf vielfältige Weise genutzt werden, um weltweit Einfluss auszuüben, ohne das Leben amerikanischer Soldaten oder Geheimagenten zu gefährden. Daher werden es der amerikanische Präsident und seine Administration auch niemals aus der Hand geben. Vielleicht kann Obama es auch gar nicht mehr. Wer weiß, was die Geheimdienste über ihn wissen? Womöglich mehr, als er über die Geheimdienste weiß. Obama sollte mal mit Putin telefonieren. Der war früher beim KGB und weiß, wie das Spiel gespielt wird.

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